Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger
in der Kammer waren nur die beiden Folterknechte und sechs Bewaffnete, die uns hierher eskortiert hatten, nachdem man uns entwaffnet hatte.
Der Kampf im Innenhof war kurz und aussichtslos gewesen. Angelina hatte drei weitere Männer des Borgia niedergestreckt, ehe sie die schiere Masse der anrückenden Kämpfer überwältigte. Ich selbst tötete einen und schlug einem anderen die Hand ab. Dann war auch ich ein Gefangener.
Angelinas Körper war jetzt bis zum Zerreißen gespannt. Ihr weißer Mädchenleib schien noch schlanker zu sein als sonst, überdeutlich stachen ihre Rippen hervor. Sie hatte von den Kämpfen der vergangenen Stunden mehrere Schnittwunden zurückbehalten, zwei am linken Oberarm, eine über der Hüfte, zwei weitere an den Oberschenkeln. Ihr Blutfluss war längst versiegt, doch jetzt näherte sich ihr einer der Folterknechte mit einer kurzen, spitzen Klinge. Hilflos musste ich mitansehen, wie er einen blutigen Kreis um ihren Bauchnabel zog, nicht tief, vielleicht nur ein kranker Spaß, den er sich mit seiner Gefangenen erlaubte.
Angelina versuchte nicht zu schreien. Sie öffnete nicht einmal den Mund, presste nur fest die Lippen aufeinander, während ihre Augen immer wieder die meinen suchten, ihr Blick sich an meinem festzuklammern schien. Ihre Lehrmeister hatten ihr nicht jegliches Furchtgefühl austreiben können.
Ich betete, inständiger als jemals zuvor. Und das, obwohl ich dem Herrn längst abgeschworen hatte.
Der zweite Folterknecht legte eine lange Kneifzange mit hölzernen Griffen in die Glut eines Kohlebeckens. Mit einer spitzen, fingerdicken Stange stocherte er schwitzend in der heißen Kohle.
Der andere Mann setzte die Klinge zwischen Angelinas Brüsten an, führte einen Schnitt am Brustbein herab bis zu dem Kreis, den er um ihren Bauchnabel gezogen hatte. Allmählich begriff ich, was er tat. Er markierte sie, zeichnete jene Stellen vor, an der ein größeres Messer und die Knochensäge angesetzt werden sollte, später, wenn sie mit den delikateren Torturen fertig waren.
Ich brüllte ohne Unterlass, doch nicht mehr als ein dumpfes Dröhnen drang durch meinen Knebel. Der Stoff wurde immer feuchter und fester zwischen meinen Zähnen. Die Eisenringe an meinen Handgelenken schnitten tief in die Haut. Ich war rasend vor Zorn und Panik. Hitzewellen setzten meinen Körper in Flammen. Die Folterkammer begann, sich um mich zu drehen, ein dunkler Kreisel aus rußgeschwärztem Stein, glühenden Kohlen und scharfem, spitzem Stahl.
Schwielige Pranken griffen nach der Kneifzange.
Ihre Eisenkiefer schimmerten rötlich, öffneten sich, wollten zubeißen. Langsam näherten sie sich Angelinas Brüsten. Oben im Palazzo ertönte eine Glocke.
Als die Alarmglocke im Inneren des Borgiapalastes geläutet wurde, war der erste Teil des Kampfes bereits geschlagen, ein erster Sieg errungen.
Die Gardisten des Vatikans hatten mit einem Rammbock das Portal des Palazzo eingedrückt. Der rechte Flügel hing schief in den Angeln, der linke war gänzlich herausgebrochen. Drei Dutzend Männer stürmten darüber hinweg, wurden drinnen von den Soldaten des Borgia empfangen.
Zugleich hatte ein zweiter Trupp die Patrouillen an der Rückseite des Gebäudes niedergemacht und war durch das hintere Tor eingedrungen. Faustus kämpfte in vorderster Reihe. Im Wirbel der Schwerter, den Schleiern aus Blut und den Schreien der Gefallenen zählte es kaum, dass er kein Gardist war, sondern nur ein Gelehrter, der sich vortrefflich auf den Umgang mit der Klinge verstand. Auf dem Weg hierher hatte ihn manch misstrauischer Blick getroffen, viele unverhohlen feindselig, doch jetzt zählte nur, wie ein jeder für die Sache kämpfte. Und Faustus kämpfte voller Hingabe, focht ein Duell nach dem anderen und kam Gardisten zur Hilfe, die in Bedrängnis gerieten. Ihre Schwerter fuhren wie Sensen durch die Reihen der Verteidiger, und für jeden gefallenen vatikanischen Kämpfer ließen zwei Borgiakrieger ihr Leben.
Der Papst hatte eine Hundertschaft mobilisiert, immerhin ein Drittel der gesamten Garde, um die Attacke auf das Nest des Borgia zu führen. Zumindest ein Versprechen hatte er damit gehalten: Er beabsichtigte tatsächlich, seine Gegner mit Stumpf und Stiel auszurotten.
Schon während seiner Zeit an der Hohen Schule hatte Faustus gelernt, mit dem Schwert umzugehen, doch den wahren Feinschliff hatten seine Künste erst erhalten, als er in die Kampfstile des Orients eingeweiht wurde. Die Soldaten des Borgia, Söldner, die über
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