Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
die hiesige Staatsbürgerschaft nur bescheinigt, weil es d‘Auvergnes Konkurrenten so zu pass kam. Es war der Plan. Ob Chirac de Montierre ihn gefasst hatte oder Gervais de Tourennes, war dabei nicht wichtig. Die beiden Ducs wollten den amtierenden Herrscher der Insel Auvergne aus unterschiedlicher Motivation loswerden, und Etienne Belian suchte Rache für Louise. Was die jeweilige andere Seite dieses Paktes denken mochte, spielte im Grunde keine Rolle. Den Ducs bedeutete Belians Leben nichts, während ihn die kleinlichen Thronstreitigkeiten völlig kalt ließen. Lediglich das Resultat sollte das Gleiche sein. Der Duc d’Auvergne musste sterben.
Als er dies nochmals rekapitulierte, schauderte Belian einen Moment lang.
‚Hat William nicht womöglich Recht? Was mache ich hier eigentlich? Ich will meinen eigenen Vormund töten! Das tut man doch nicht!’
Sein Wunsch nach Vergeltung gewann jedoch rasch wieder die Oberhand über seine christliche Erziehung. Man sollte Vater und Mutter ehren, aber stand nicht auch irgendwo in der Bibel, dass sie ihre Kinder genauso ehren sollten? Wenn nicht, dann musste es da verdammt noch mal reingeschrieben werden!
Er vermeinte einen Augenblick lang, Louise darüber lachen zu hören. ‚Du lehnst dich gegen die ganze Welt auf, Etienne…’
Und wenn schon! Dann war es eben so! Mochte Belian auch nicht mehr normal sein, diese Situation war es wirklich auch nicht. Der Krieg, der Föderationsbeitritt und der leere Thron des Monarchen. Kam es da überhaupt noch auf den blutigen Familienstreit an? Im Grunde nicht. Gott war alles sowieso gleichgültig. Der so genannte Herrscher des Himmels existierte nicht, sonst hätte er Louise und einem unschuldig gestorbenen Captain Abraham in der Not geholfen.
Nach einem kurzen Ausstrecken der Hand spürte Belian, wie Jean Prévôt de Lille das Geforderte hineinlegte. Es war schwer und vertraut. Der Degen war gut austariert, das fühlte der frisch gebackene Besitzer sofort, noch bevor er die Waffe ganz aus der Scheide gezogen hatte.
Natürlich prangte kein Familienwappen darauf, aber das war ihm nur recht. Wer wohl mehrere Tausend Francs dafür bezahlt hatte? Chirac, Gervais oder womöglich der Comte de Lille. Garantiert einer der drei. Jean Prévôts Familie war Etienne Belian schließlich freundschaftlich verbunden, auch wenn der Comte persönlich nichts von der Abmachung der beiden höhergestellten Ducs haben mochte. Höchstens eine Steigerung des Ansehens, aber die war für wirtschaftliche und politische Beziehungen natürlich niemals verkehrt.
„Halt!“, gebot der Duc de Montierre, den zumindest Belian für den Augenblick fast vergessen hatte. „Die Waffe darf erst erhoben werden, wenn das Duell offiziell begonnen hat!“
Der damit ganz klar gemeinte Herausforderer errötete, als ihm einfiel, was noch getan werden musste. Er straffte sich, gestattete sich eine neuerliche kurze Erinnerung an seine Schwester und versuchte, seiner Stimme möglichst viel Festigkeit zu verleihen.
„Theodore Charles Belian d’Auvergne, ich fordere Euch als Euer erstgeborener Sohn im Namen meiner von Euch ermordeten Schwester Louise zum Duell! Möge der Name unserer Familie von Eurer Schande reingewaschen werden!“
Durch die erste Reihe der sich hinter den Absperrungen drängenden Bürger lief ein Murren, das sich rasch ausbreitete, als die Worte nach hinten weitergetragen wurden. Mancher Zuschauer mochte auch Kopfhörer im Ohr haben, die mit einem Taschencomputer verbunden waren. Die Medien hatten ihre Kameras schließlich ganz in der Nähe.
Der beleidigte Herzog wurde für einen Moment bleich und richtete seine Augen zum Himmel, als wolle er fragen, womit er nur so einen Sohn verdient hatte. Dann kam die Antwort.
„Etienne Belian, Sie mögen meinen Namen tragen, aber den Titel eines Ducs haben Sie nicht verdient. Genauso wenig verdienen Sie, jetzt hier zu stehen. Ich schwöre vor Gott dem Allmächtigen, dass mein Gewissen rein ist, und bezichtige Sie der Feigheit, des Bruches von Gottes Geboten, der Auflehnung gegen die elterliche Autorität und der Besudelung der Ehre meiner Familie. Nicht mein Name möge getilgt sein bis zum Jüngsten Gericht, sondern Ihrer! Ihretwegen ist mein neunjähriger Erstgeborener Paul dem Feind in die Hände gefallen und umgekommen! Ich bedaure den Tag, an dem meine Gattin Ihnen das Leben geschenkt hat!“ Es war der Duc, der hasserfüllt blank zog und auf diese Weise gleichfalls die Anweisung des Ratsvorsitzenden
Weitere Kostenlose Bücher