Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
nur, dass Heathen ihn ziehen ließ.
„Und wenn ich dich um unserer Freundschaft willen bitte, es nicht zu tun?“
Prévôt schnappte nach Luft und glaubte, sich verhört zu haben. Auch Belian biss sich kurz auf die Lippe. Was Heathen da sagte, war angesichts von Yons Ansichten zur Person des Rekruten äußerst mutig, und es war ehrlich gemeint. Trotzdem verstand der Terraner, der sich als sein Freund bezeichnete, nichts. Überhaupt gar nichts.
„Tu uns das nicht an, Etienne. Nicht auch noch du! Es ist Wahnsinn. Dein Vater wartet förmlich darauf, dich umzubringen, und es wäre mit Sicherheit nicht im Sinne deiner Schwester, wenn du ihr ins Jenseits nachfolgst. Es ist sinnlos, und wenn du es wegen Andreas und Francis machst, so lass mich dir sagen, dass wir nicht alle so denken. Auch Francis tut die Sache von vor einem Monat längst wieder leid, und wir alle werden versuchen, dir zu helfen. Du musst es nur bis Terra in der Navy aushalten, und dann bringen wir deinen Fall vors Militärgericht. Auch Commodore Yon ist nicht unantastbar, und falls alles schiefgeht, kommst du halt zu mir auf mein Schiff…“
„William, bitte lass mich gehen. Ich danke dir, aber ich möchte der Terranischen Navy überhaupt nicht beitreten. Hier bin ich zu Hause. Lass mich meiner Schwester, meiner Heimat und auch deiner Terranischen Föderation diesen letzten Dienst erweisen. Ich bin nicht ganz so wehrlos, wie du glaubst. Ich habe mich wochenlang vorbereitet.“ Nur einen richtigen Degen hatte er in dem kleinen Krankenzimmer leider nicht gehabt. Genauso wenig wie einen Trainingspartner oder gar einen professionellen Fechtlehrer. All das hätte er gut gebrauchen können. So hatte er nur an seiner Beweglichkeit, seiner Ausdauer und an seiner Reaktionsfähigkeit arbeiten können. Jeden Tag mehrere Stunden lang, bis ihm der ganze Körper wehgetan hatte.
„Gott möge dir beistehen, Etienne. Ich versuche, es zu verstehen, aber du hast ja keine Ahnung, was du uns und insbesondere Julien damit antust!“
„Sag den anderen, dass ich es so wollte, und reservier Gottes Schutz für euch. Ihr braucht ihn sicherlich noch in diesem schlimmen Krieg.“ Belian drückte auch dem Captain die Hand und ging dann kurzerhand um ihn herum. Im Grunde waren sie ihm momentan alle egal. Ganz gleich, wie sie hießen. Vor Louise mussten sie alle zurückstehen. Nur sie war jetzt noch wichtig.
Ob William Heathen begriffen hatte, dass es in jedem Fall ein endgültiger Abschied war, blieb dahingestellt. Im Gegensatz zu Jean Prévôt sah Belian sich nämlich nicht nach dem Captain und dem rothaarigen Sechsten Leutnant der Berlin um. Er musste nach vorne schauen.
Auch der Duc d’Auvergne hatte nach der Entscheidung des Standesgenossen Montierre aufgehört, den Stellvertreterrat um Solidarität zu bitten. Stattdessen wartete er und hatte sich die Waffe mit dem Wappen seiner Familie bringen lassen. Es war Usus, zum Hoftag stets vorbereitet zu erscheinen, obwohl der Herzog sich niemals hätte träumen lassen, von seinem eigenen Nachkommen herausgefordert zu werden.
Natürlich war es eine Intrige, wenn man es denn so nennen mochte. Das Datum verriet es außerdem, denn ausgerechnet heute wurde der ehemalige Erstgeborene, der sein legitimes Duellrecht an sich mit seiner Stellung innerhalb der Familie damals zum Zeitpunkt des Reitunfalls eingebüßt hatte, achtzehn Jahre alt. Das musste dem Duc ebenso klar sein wie Chiracs eigenwillige Interpretation des Gesetzes. Die Ausländer mussten es nicht unbedingt erfahren, aber die Legitimation des Duells stand auf tönernen Füßen. Jeder Einheimische wusste das. Ein abgesetzter Erstgeborener durfte die Familie nicht derart vertreten und folgerichtig auch nicht mehr gegen sein eigenes Blut antreten.
Nur die kurzzeitige feindliche Okkupation und die Lüge des Ducs vor den Feinden aus dem Sternenreich hatten es ermöglicht. Damals war Etienne Belian erneut für den Erben der Auvergne ausgegeben und als solcher offiziell ausgeliefert worden. Somit konnte er heute gesetzlich wieder als der Erstgeborene verstanden werden. Das war streitbar, aber auch sein ehemaliger Vormund hatte es soeben akzeptiert. Um der Ehre und des eigenen Hasses willen. Außerdem war fraglich, ob die anderen Ducs und die Comtes, denen eine solche List bei ihren ältesten Söhnen nicht geglückt war, eine Anfechtung des Urteils eines Duc de Montierre geduldet hätten. Sie hatten ihre Erben schließlich an das Sternenreich überstellt, soweit Belian wusste,
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