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Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)

Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)

Titel: Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Finius
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„Mir ist klar, dass du selbst auch in den Dienst gepresst worden bist, aber du wirst damit klarkommen und musst es auch. Zwanzig Jahre gehen vorbei. Kristian und mich hat man auch dazu gezwungen, nach dem Abitur die Offizierslaufbahn einzuschlagen. Auf Transport- und Lazarettschiffen ist die Quote der gepressten Leute viel höher als auf Kriegsschiffen. Dominik Auberg ist jedoch im Gegensatz zu uns der klassische Fall eines Offiziers, der damit nicht zurechtkommt. Er prozessiert seit Jahren gegen seine Einkassierung und verliert immer wieder aufs Neue, weil er nicht der Erste ist, der es probiert, und mit Sicherheit auch nicht der Erste sein wird, der so aus der Mühle wieder herauskommt. Das hat noch keiner geschafft, und es wird auch keiner je schaffen. Wer klug ist, lässt es gleich sein. Der Zufallsgenerator hat seinen Namen ausgespuckt, und er ist jetzt sogar ein patentierter Leutnant, aber dennoch glaubt er immer noch, er könnte vor Ablauf seiner Dienstzeit aus der Navy raus. Die anderen Offiziere hier machen sich über ihn lustig, und ihm ist nicht zu helfen. Halt dich bitte von ihm fern!“
    „Warum bist du ihm gegenüber so feindselig eingestellt? Was hat er dir denn getan?“
    „Nichts. Ich habe nur nichts für Leute übrig, die keinen Willen haben, sich ihrem Schicksal zu stellen. Ich wollte damals auch nicht, aber ich war bereit, es durchzuziehen. Das mit meinem linken Arm war eine andere Geschichte, aber Auberg hat hier auf der Berlin nun wirklich kein schweres Leben und könnte seine Zeit bequem absitzen. Stattdessen lehnt er sich immer wieder gegen das System auf und macht sich jedermann zum Feind. Das ist einfach nur Wahnsinn!“
    Da Niven wirklich sauer zu sein schien, wies Belian auf den Computer. „Darf ich?“
    „Klar. Zeig mir gefälligst, was Kristian dir an Mathe beigebracht hat!“
    Nach vielen Gleichungen vierten Grades, einigen weniger erfolgreich gelösten des fünften und im Anschluss an Nivens sehr verfehlte Versuche in Transitnavigationsmathematik, kam das Gespräch nochmals auf Terra.
    „Es wird dir dort gefallen, Etienne…“
    Die große Uhr an der Wand zeigte 00:37, als das Antriebsdröhnen verklang. Mittlerweile wusste Belian, dass der Transitpunkt umso weiter im System lag, je größer die Schiffsmasse war. Die Berlin hatte drei Tage lang Fracht von Nouvelle Espérance aufgenommen. Ein Uhr nachts war daher eine etwas verfehlte Schätzung der Eintrittszeit gewesen.
    Ein hohes Singen erfüllte jäh den Raum. Ein Kinderkreisel wurde vermeintlich auf dem Tisch gedreht. Schneller, schneller und nochmals schneller. So stellte Belian sich zumindest im ersten Augenblick die Ursache dieses nervtötenden Geräuschs vor. Wieder flackerte das Licht im Lazarett. Diesmal jedoch anhaltend. Die Luft lud sich elektrostatisch auf, bis man glaubte, es knistern zu hören.
    Dann kam die Entladung. Die endgültige Umschaltung des Antriebs und der Übergang in den Transit. Das Licht kehrte danach zurück, aber dennoch war etwas anders geworden.
    Noch immer klang das Triebwerksgeräusch unangenehm, jedoch war es jetzt trotzdem weitaus erträglicher als das vorherige ganz hochfrequente Singen.
    „Das alte Mädchen hat es wieder einmal geschafft. Achmed Wahiri ist ein guter Kommandant.“ Sein Freund sprach die Worte nur aus, um Belian zu erreichen.
    Der Achtzehnjährige horchte nämlich nach innen. Auf sein wild pochendes Herz.
    Nouvelle Espérance war Vergangenheit. Belian musste sie loslassen, aber er konnte nicht.
    Als die Tränen kamen, hielt der ehemalige Leutnant ihn fest und tröstete ihn.
    Um 03:58 an jenem 9. Juni löste der müde Julien Niven seine Hand ganz vorsichtig aus dem Griff des nach über drei Stunden endlich eingeschlafenen jungen Mannes. Lange stand er da, fuhr eine nasse Spur auf Belians Wange nochmals mit dem Finger nach und hauchte schließlich einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. Morgen früh würde er wieder da sein. Solange man ihn als Zivilisten ließ.

 
     
Epilog
    Die heutige Nacharbeit hatte es wirklich in sich. Woher Julien Niven die Gleichungen fünften Grades jeden Tag aufs Neue nahm, war ihm ein Rätsel. Schließlich war er bei der Lösung derselben auch nicht immer die ‚große Leuchte’.
    Etienne Belian lief in Gedanken verloren im Krankenzimmer herum. Er konnte und sollte sich bewegen. Noch viel dringlicher sollte er jedoch Englisch lernen, und das interessierte ihn überhaupt nicht.
    Er flüchtete sich in die Mathematik, obwohl er sehr genau wusste,

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