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Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)

Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)

Titel: Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Finius
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nur, dass er nicht genug Tafeln für alle Offiziere hatte mitnehmen können.
    Natürlich schwieg Niven, als er wie alle Eingesperrten das Drehen des Schlüssels im Vorhängeschloss und das Abnehmen der Türkette vernahm. Jeden Abend um halb neun wurden die Terraner für die Nacht wie gemeine Verbrecher behandelt. Es war entwürdigend und noch dazu ohne jeden Zweck. Sie alle trugen die ohne das richtige Werkzeug nicht entfernbaren Sender am Fußgelenk, und nicht einer hatte in den letzten sieben Wochen jemals auch nur die geringsten Anstalten gemacht, das Grundstück zu verlassen. Die Männer waren täglich dankbar, hier auf Gut Auvergne sein zu dürfen. Wohin sollten sie denn auch überhaupt fliehen? Ihr hiesiges Leben war erträglich, und sie hatten ihr Wort verpfändet. Ganz im Gegensatz zu allen Erwartungen galt ihnen das Versprechen wirklich etwas.
    Der manchmal reichlich blasierte Garther hatte letzte Woche einmal gesagt, dass terranische Offiziere eigentlich keine solche Parole geben durften. Sie hatten es trotzdem getan und ihre eigenen Regeln ignoriert, weil sie den Duc und seine Familie angeblich nicht in Lebensgefahr hatten bringen wollen. Das Blut unschuldiger Zivilisten und gar von Kindern wollten sie durch eine Flucht nicht vergießen. Aus Belians Sicht war jedoch noch etwas anderes maßgeblich gewesen. Es hatte förmlich zum Greifen in der Luft gelegen.
    Alle Terraner hatten unzweifelhaft auch daran denken müssen, dass sie sonst nie aus der Haft freigekommen wären. Lichtlose Zellen und lange, oftmals wiederkehrende Verhöre wären bis an ihr Lebensende das zu erwartende Los der ausländischen Gefangenen gewesen. Ihr Wert als Informationsquelle hatte sich schon lange erschöpft.
    Daher war verständlich gewesen, dass sie nach jedem Strohhalm gegriffen hatten, anstatt ihr Leben im Gefängnis zu beschließen. Zugegeben hatte das jedoch keiner von ihnen, wohl vor allem, weil sie sich deshalb schwach vorkamen. Ein schwerwiegender Regelbruch aus reiner menschlicher Unzulänglichkeit. Interessieren würde es auf Terra jedoch niemanden, denn keiner würde je davon erfahren.
    „Guten Abend, Etienne. Wir hatten nicht mehr gerechnet mit du heute“, begrüßte Jeffrey Abraham ihn als Erstes.
    „Guten Abend, Commander.“ Im Fall des ältesten Terraners verwendete Belian die Rangbezeichnung mittlerweile wechselseitig mit ‚Monsieur’. Etwas in der Art des Mannes legte dies nahe und täuschte dabei sogar über das holprige Französisch hinweg, das Abraham genau wie die anderen jetzt endlich lernen konnte.
    Auch die jüngeren Terraner, die trotz des von einigen Taschenlampen produzierten Halbdunkels alle noch an dem Holztisch saßen, grüßten ihn. Sie duzten ihn ausnahmslos, was jedoch nicht böse gemeint, sondern einzig und allein Belians Alter geschuldet war. Das hatte Jasko ihm einmal entschuldigend erklärt. Sie kamen aus einer Kultur, in der es unüblich war, jemanden unter achtzehn Jahren zu siezen.
    Trotz aller Vorsätze geschah dieser verbale Fehltritt immer wieder, weshalb Jasko schließlich kurz nach dem Ende von Belians Zimmerarrest in Abrahams Auftrag höchst vorsichtig angefragt hatte, ob man es nicht unter Umständen auch bei ihm vielleicht mit dem Du halten könnte. Erst hatte Belian ablehnen wollen, aber gerade die jüngeren Männer der Gruppe waren stets stark verunsichert und entschuldigten sich tausendmal für einen solchen kleinen Fehler. Sie begingen diese Respektlosigkeit nicht absichtlich. Nur dann setzte prompt ein Automatismus ein, der einer tiefen Furcht entsprang und sich nicht mehr abschalten ließ. Strafe war für Garther und Niven gleich Folter, und das Missfallen eines Einheimischen hatte höchstwahrscheinlich eine Bestrafung zur Folge.
    Wenn Belian sich daher zwischen ihm erwiesener Höflichkeit plus Angst auf der einen und einem kleinen Etikettenbruch nebst der Vermittlung von Sicherheit auf der anderen Seite entscheiden musste, dann wählte er das Zweite. Wer war er, dass er streng auf gesellschaftliche Formen pochte? Wenn er sie punktgenau befolgte, durfte er die Terraner überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen! Außerdem war er gänzlich der Falsche, um hier den Moralapostel zu spielen. Ausgerechnet er! Das wäre der Witz des Jahrtausends gewesen.
    Die Terraner waren hier, und sie hatten eine Art des möglichen Umgangs mit ihrem zuständigen Aufseher gefunden. Als solchen sahen sie den in Ungnade gefallenen Erstgeborenen des Ducs zweifellos an.
    Jasko erhob sich jetzt aus

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