Die neue Lustschule
voraussetzt (und auch als Vertrauensbeweis erlebt werden kann), andererseits dadurch aber auch Vertrauen schafft.
2. Dies ermöglicht dem zuschauenden Partner eine besondere Form der Beziehungslust, nämlich die
Lust, dem masturbierenden Partner zuzuschauen
, mitzuerleben, was und wie es der Partner «anstellt», sich Lust zu verschaffen. Er kann sich davon animieren lassen, ohne sich selbst «aussetzen» zu müssen. Vor allem aber kann der Einblick in das lusterregende Verhalten des Partners wichtige Hinweise für das Verhalten im partnerschaftlichen Geschehen geben. Zuzuschauen, eventuell sogar bis zum selbstinduzierten Orgasmus des Partners – wenn man nicht vorher mit einschwingen will –, stellt für viele einen besonderen Reiz dar und kann die Beziehungslust wesentlich bereichern.
3. Diese Form lässt sich noch steigern durch die
Lust, sich am Partner Lust zu verschaffen.
Zugespitzt formuliert, heißt dies, dass der Partner als Objekt der Selbstbefriedigung benutzt wird. Dies erfordert einerseits eine enorme Bereitschaft, sich so verwenden zu lassen – im Guten gelingt das nur bei liebevoller Zuneigung und im gesicherten Vertrauen des anderen darauf, später den Subjektstatus wiedereinnehmen zu können und dann auch respektiert zu werden. Andererseits besteht so die Gelegenheit, sich genüsslich zu bedienen – ohneProtest, Ablehnung oder irgendeinen negativen Kommentar erwarten zu müssen. Der andere steht einfach zur Verfügung, man kann ihn für die eigene Körperlust benutzen und dabei eine besonders dankbare Beziehungslust erleben. Natürlich setzt auch diese Möglichkeit die Einstellung voraus, den Partner dadurch nicht herabzusetzen.
4. Die eben beschriebene Beziehungslust bedient sich kollusiv der
Lust, sich vom Partner benutzen zu lassen.
Der schon genannte Objektcharakter kann dabei als besondere narzisstische Bestätigung erlebt werden. Hier ist der Grat zwischen dem eher pathologischen Bedürfnis, sich dienend zur Verfügung zu stellen, und der gesunden Selbstbestätigung, ein geschätztes «Objekt der Lust» sein zu dürfen, sicherlich schmal. Es handelt sich um die Bereitschaft, dem wertgeschätzten Partner zu Diensten zu sein, als ein Ausdruck des liebenden Interesses am Wohlbefinden des Partners.
5. Dies leitet zu einer aktiveren Form der Beziehungslust über, der
Lust, dem Partner behilflich zu sein
, gut zu seiner Körperlust zu kommen. Dazu benötigt man Erfahrungswissen über dessen Vorlieben und Eigenarten. Dem Partner auf diese Weise direkt und unmittelbar Gutes zu tun stellt in einer liebevollen Beziehung eine großartige narzisstische Bestätigung dar und wird in aller Regel auch mit dankbarer Zuneigung beantwortet. Es steht dann nicht die eigene Lust im Mittelpunkt, sondern die besondere Freude, den Partner zum «Jubeln» zu bringen.
6. Dies korrespondiert natürlich mit der
Lust, es sich vom Partner machen zu lassen.
Auch hier im beiderseitigen Wissen, dass die Verantwortung für eine orgastische Welle beim Lustsubjekt liegt. Indessen ist es auch eine großartige Beziehungsleistung,sich so lange der Zuwendung und «Manipulation» des Partners zu überlassen, bis man sich getrost der eigenen Entspannung hingeben kann. Die eher passiv erfahrene Lust ist eine hervorragende Möglichkeit, nach anstrengender Tagesleistung zu wohlverdienter und lustvoller Entlastung zu kommen.
7. So ist am Ende die gemeinsam erlebte
Lust, für sich und füreinander bereit zu sein
, ein Gesamtvergnügen, das Körperlust und Beziehungslust in dynamischen Variationen kombiniert und sowohl zur sexuellen Befriedigung als auch zu einem guten partnerschaftlichen Zusammenleben führt.
Eine gute partnerschaftliche Sexualpraxis reagiert auf die situative Beziehungsdynamik. Sie zeichnet sich durch eine große Variabilität und Vielfalt des sexuellen Geschehens aus, je nach Zeit, Ort und Situation, abhängig von den wechselnden Wünschen der Partner, etwa hinsichtlich Aktivität oder Passivität. Auf diese Weise lässt sich im Grunde die befürchtete Abnutzung der Erregung und des Entspannungswunsches durch Gewohnheit und Langeweile verhindern und der Partnerschaft bleibt die gegenseitige Faszination und die Fürsorge für den anderen erhalten, die die wesentlichen Voraussetzungen für eine verbindliche Beziehung sind. Gelingen kann dies allerdings nur, wenn die Partner einen Weg finden, ihr Befinden und ihre Wünsche einander mitzuteilen und verständlich zu machen.
Sexualität im
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