Die neue Lustschule
kannst. Ich will dich gerne bisschen zärtlich anfassen und kann dich auch etwas bedienen.
Oder: Ich mach dir mal ein Angebot, vielleicht stimmt dich das um.
Beide sind bemüht, ihre Verschiedenheit zu akzeptieren, möglichst zu verstehen, wie die unterschiedlichen Bedürfnisse begründet sind und – so gut es eben geht – Abstimmung zu erreichen. Trotz aller Bemühungen können jedoch Unterschiede in den sexuellen Bedürfnissen bestehen bleiben. Eine gute Partnerschaft lebt davon, Kompromisse zu finden, die betreffs der Häufigkeit darin liegen werden, dass sich der eine etwas zügeln muss und der andere etwas nachgeben wird oder auch Ersatzbefriedigungen, z.B. durch Masturbation oder auch durch Sex mit einem Dritten, akzeptiert werden. Wenn aus irgendeinem zwingenden Grund genitale Sexualität gar nicht mehr oder über längere Zeit nicht möglich ist, bedeutet das für die Partnerschaft eine Herausforderung. Wer einem Partner zuliebe auf dringende sexuelle Bedürfnisse verzichtet, wird die Folgen der Enthaltsamkeit zu verarbeiten haben, und wer sich auf eine verabredete oder heimliche Alternative einlässt, wird es mit den offenen Konflikten oder den schwelenden energetischen Folgen für die Paarbeziehung zu tun bekommen. Es gibt keine stets gültigen Ideallösungen, nur das redliche Bemühen, durch Verhandeln die Lustinteressen abzustimmen. Sexualität ist eine extrem wichtige Grundlage für eine Partnerschaft, aber nicht die einzige. Sexualität ist allerdings eine zentrale Funktion menschlichen Lebens, die mit und ohne Partnerschaft, innerhalb einer Beziehung oder außerhalb, gestaltet werden muss.
Aktiv und passiv
Sexualität bewegt sich immer zwischen Machen und Es-gemacht-Bekommen. Es gibt eine Fülle sexueller Handlungen, die man aktiv durchführen oder passiv geschehen lassen kann: berühren, streicheln, massieren, kneten, beißen und kneifen, küssen, die Genitalien berühren und stimulieren, lecken und blasen, eindringen und reinstecken, die Genitalien aneinanderreiben, ineinander bewegen, das Becken rhythmisch kippen, die Stellung wechseln, stöhnen, tönen, anfeuern, mit zärtlichen bis brutalen, liebevollen bis ordinären Worten verbal stimulieren und, und, und … Wer auf einen Pol fixiert ist, hat ein Problem und braucht einen Partner, der kollusiv den anderen Pol besetzt. Daraus kann natürlich auch ein gutes Lustteam entstehen, es kann jedenfalls halbwegs funktionieren, es geht jedoch die lebendige Dynamik, das abwechslungsreiche Spiel zwischen den Polen, verloren und über kurz oder lang drohen einseitige Unzufriedenheit, Gewohnheit und Langeweile.
Sexuelle Aktivität ist ein Ausdruck gesunder Aggressivität. Es ist die angstfreie Fähigkeit, eigenen Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen, Wünsche zu äußern, Vorschläge zu machen und zu handeln, sich im gewünschten Rhythmus zu bewegen, den Ablauf mitzubestimmen, wenn erforderlich, sich aber auch abzugrenzen oder Nein zu sagen.
Sexuelle Passivität hingegen ist ein Ausdruck des Hingabebedürfnisses. Es ist die angstfreie Fähigkeit, sich zu überlassen, zu vertrauen, loszulassen, geschehen zu lassen, mitzumachen, zu folgen und zuzustimmen. Gesundheit bewegt sich in wechselnden Bedürfnissen zwischen diesen beiden Polen. Die Vielfalt sexueller Spielarten entfaltet sich zwischen «Umlegen» und «Genommen werden». Wer fängt an? Wer liegt oben oder unten? Wer bestimmt den Rhythmus der Friktionen? Initiative, Aktion, Stellung, Rhythmus,Tempo und Dauer sind Aspekte eines abwechslungsreichen Spiels, das sich in immer neuen Variationen von Machen und Zulassen entfaltet. Das Bedürfnis stärkerer Aktivität oder Passivität, das auch im Verlauf eines einzelnen Sexualaktes wechseln kann, folgt vielen Einflüssen. Es gibt Tage, da will man es wissen und sorgt aktiv für die eigene Befriedigung, und es gibt andere Tage, da lässt man sich gerne von der Erregung des Partners anstecken und mitnehmen. Auf dessen Lustwelle mitzusurfen kann nicht nur dem eigenen Vergnügen Flügel verleihen, sondern auch das Gefühl dankbarer Zuneigung festigen.
Wer sich auf den immer gleichen Ablauf in fixierten oder zugewiesenen Rollen festlegt, schränkt die situative Variabilität ein und beraubt sich wesentlichen Lustpotenzials. Unwissenheit, Unerfahrenheit und Scheu lassen sich allmählich überwinden, die Rollenfixierung bedarf zu ihrer Flexibilisierung in aller Regel therapeutischen Beistands. Denn wer immer den aktiven und dominanten Part übernehmen muss, der
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