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Die neue Menschheit

Die neue Menschheit

Titel: Die neue Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chad Oliver
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den Leuten. Ihre Zahl war geschrumpft. Und Spürblut mußte aufgehalten werden.
    Das hatte mit Rache nichts zu tun. Er war zu alt, einen Kranken zu hassen. Er sorgte sich nur um Weißhaars Tochter. Sie mußte gerettet werden. Einen Jungen zu verlieren, war schlimm, aber ein Mädchen zu verlieren, noch schlimmer. Wenn man Frauen hatte und nur ein paar Männer, würde es Babys geben. Die Leute würden überleben. Aber ohne Frauen …
    Natürlich mußte er an Spürblut ein abschreckendes Exempel statuieren. Mord in einer so kleinen Gruppe war undenkbar. Es durfte nie wieder zu einem kommen!
    Doch zuerst mußte er Spürblut erwischen, und vor allem, ehe er den alten Nestern zu nahe kam. Wenn die Monitoren noch eingeschaltet waren …
    Varnum schaute sich um und ignorierte das entsetzte Geplappere seiner Leute. Wo war Späher? Er war der Mann, den er bei sich haben wollte. Späher war stark, und er war jünger als Varnum. Und Späher hatte Weißhaar für sich gewollt.
    Wo war er bloß? Er war selten weit von Weißhaar entfernt, außer er jagte. Er schaute immer wieder nach ihr. Und sie trafen sich, wenn Spürblut schlief …
    Varnum schüttelte den Kopf. Es war unmöglich, daß Späher noch nicht Bescheid wußte. In einer so winzigen Gesellschaft konnte nichts geheimbleiben.
    Späher sollte hier sein, würde hier sein, außer …
    Zum Teufel!
    Varnum würde allein losziehen.
    Er war der Verantwortliche.
    »Du hast dir die Suppe eingebrockt«, murmelte er. »Jetzt löffle sie auch aus!«
    Einen glücklichen Umstand gab es. Er brauchte im Halbdunkel nicht nach Spürbluts Fährte suchen. Er wußte, welchen Pfad er genommen hatte. Zu gut kannte er diesen Pfad. Auch er war ihm mit einem kleinen Mädchen auf den Armen gefolgt, in entgegengesetzter Richtung …
    Er ließ sich nur gerade soviel Zeit, ein Stück Fleisch hinunterzuschlingen, sich ein wenig zum Essen einzupacken, und aus dem Fluß zu trinken. Er überprüfte seinen Speer, sagte auf Wiedersehen zu Dieh, und war aufbruchbereit.
    Er rannte los.
    Schon oben am Wasserfall kam er atemlos an und mußte rasten. Das Tosen des Wassers höhnte ihn. Es war kalt, und seine Glieder waren steif. Er war allein und kein junger Mann mehr. Nagender Zweifel quälte ihn.
    Würde er es schaffen? Durch Aufwendung aller Willenskraft? Hilfreiche Abkürzungen gab es keine. Spürblut hatte einen beachtlichen Vorsprung und die Kraft des Wahnsinns.
    Gewiß, er mußte sein Kind tragen, und er war krank. Unter diesen Umständen hätte Varnum ihn einholen können – früher einmal.
    Konnte er es jetzt noch?
    »Komm schon, Alter!« spornte er sich an.
    Mit angespanntem Gesicht, die knorrigen Finger um den Speerschaft verkrampft, eilte Varnum weiter.
    Er mußte sich von allen Gedanken befreien! Es gab Zeiten, da wogen sie zu schwer. Es gab Zeiten, wenn es besser war, nicht zu denken, sondern nur weiterzumachen …
    Aber er konnte nicht abschalten, und die Sorgen drückten wie Blei auf seine Beine. Nicht nur ein Krug, auch ein Mensch mochte einmal zu oft zum Brunnen gehen. Die Jahre forderten ihren Zoll, und der Weg schien länger …
    Und schließlich kam man einmal auf einen, dessen Ende man nie erreichte. Irgendwann einmal mußte man sich geschlagen geben.
    »Noch nicht!« knirschte Varnum.
    Ein bißchen Sprit war noch in seiner Maschine. Er mußte sich zwingen, aber er kam voran und gar nicht so langsam.
    Es half, Zwischenziele zu haben, die sich leicht erreichen ließen: ein bestimmter Felsblock, ein Baum, eine erinnerte Biegung des Baches. Jedes Zwischenziel brachte einen dem eigentlichen näher …
    Und wenn es Nacht war, dachte man an den Morgen, der kommen mußte.
     
    Zunächst war der Morgen grau, dann ein herrliches Gold und Rosa und Gelb. Er brachte noch keine wirkliche Wärme, aber er milderte doch die klamme Kälte.
    Einen langen Augenblick fühlte Varnum sich stark und optimistisch.
    Dann betrogen seine Augen ihn.
    Das Problem war nicht, daß er nicht sehen konnte. Das Problem war, daß er es konnte!
    Varnum hatte keine Mühe, Spuren zu lesen. Das war ihm zur zweiten Natur geworden.
    Ihm gefiel nicht, was er sah.
    Heftig atmend blieb er stehen.
    »Narr!« fluchte er.
    Er hatte sich selbst getäuscht. Das war das Schreckliche am Alter. Man konnte die Muskeln antreiben. Konnte das letzte bißchen Adrenalin nutzen.
    Aber man fing an, Fehler zu machen. Fehler, die früher undenkbar gewesen wären.
    Fehler konnten sich als tödlich erweisen.
    Fehler konnten ihr aller Ende sein!
    Wenn man

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