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Die neue Menschheit

Die neue Menschheit

Titel: Die neue Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chad Oliver
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waren erstaunlich schnell hellwach.
    Das etwas jüngere Mädchen schrie wie am Spieß und versuchte, sich unter Weißhaar im Nest zu vergraben.
    Der Junge, der alt genug war, sich einzubilden, daß er ein Mann war, wehrte sich.
    Das war ein Fehler.
    Spürblut kochte vor Wut. Er wußte nicht wirklich, was er tat, und er war über das Stadium hinaus, daß er sich Gedanken gemacht hätte. Er glaubte, er rette seine Kinder und gäbe ihnen eine große Chance.
    Und dieser Bengel schlug auf ihn ein und trat mit den Füßen nach ihm!
    Das war die Dankbarkeit!
    Spürblut war ein großer Mann, ein wichtiger Mann. Er durfte nicht zulassen, daß sein eigenes Kind ihn angriff, ihn ablehnte. Er würde ihm eine Lektion erteilen.
    »Ich bin dein Vater!« brüllte er. »Jetzt darfst du nicht mehr mit mir zu der leuchtenden Stadt!«
    In Spürbluts Augen glänzten Tränen, und es waren nicht ausnahmslos Tränen der Wut. Das wußte er natürlich nicht.
    Er ging auf seinen Sohn los.
    Es dauerte nicht lange. Der Junge hätte dem Mann nicht ernsthaft etwas anhaben können, selbst wenn Spürblut bei klarem Verstand gewesen wäre – und das war Spürblut keineswegs.
    Der Wahnsinnige achtete nicht auf die leichten Fußtritte, die hämmernden Fäustchen, die beißenden Zähne, die kratzenden Nägel. Er hob das um sich schlagende und strampelnde Kind über das Knie und brach ihm den Hals. Er sah die Schmerzen und das Entsetzen in des Jungen Augen. Das gefiel ihm nicht. Also griff er nach dem hilflos zuckenden Geschöpf und packte es am Kopf. Schnell drehte er ihn, bis er knackte. Er wollte ihm ja keine unnötigen Schmerzen verursachen.
    Der Junge – hörte auf. Er würde nirgendwo hingehen, nie mehr!
    Spürblut hatte ihm seine Lektion erteilt.
    Jetzt suchte er seine Tochter. Sie war alles, was ihm geblieben war. Er mußte aufpassen, daß er sie nicht tötete.
    Inzwischen war Weißhaar wach.
    Sie war eine starke Frau.
    »Nein«, sagte sie.
    Sie schrie nicht. Sie war bereit, ihr Kind ohne Hilfe anderer zu beschützen.
    Obwohl sie gesehen hatte, was sie gesehen hatte, glaubte sie nicht, daß Spürblut ihr etwas antun würde. Sie vermeinte ihn zu kennen. Er war von Natur aus kein gewalttätiger Mann. Sie waren lange schon Gefährten, und sie hatte ihn gesundgepflegt.
    Sie täuschte sich.
    Aus der gespenstischen Nacht kam er, dieser Mann, der das Nest mit ihr geteilt hatte. Seine Brust hob und senkte sich schwer, ein Gurgeln drang aus seiner Kehle. Er hatte die Arme ausgestreckt, die Hände zu Klauen verkrampft.
    Sie kannte ihn nicht.
    »Nein«, sagte sie. Diesmal klang ihre Stimme unsicher.
    Spürblut schlug sie nieder. Sie fiel über ihre zitternde Tochter. Weißhaar stand wieder auf.
    Sie stürzte sich auf ihn wie eine Furie. Sie kratzte ihn, stieß ihm das Knie in den Magen, riß an seinem Haar.
    So leicht wie mit dem Kind wurde Spürblut mit ihr nicht fertig. Er wurde zurückgedrängt. Blut vermischte sich mit dem Schweiß auf seinem Gesicht.
    Aber er war zu kräftig für sie. Er schlug sie zweimal mit der Faust. Er gelangte hinter sie. Sein Arm legte sich um ihren Hals. Er drückte zu. Weißhaar wehrte sich, aber sie konnte sich nicht aus seinem Griff befreien. Sie bekam keine Luft.
    Ein schrecklicher, frustrierter Ärger brannte in ihm. Er verstärkte den Druck seines Arms.
    Er hielt sie noch, als das Leben sie verlassen hatte. Dann ließ er sie einfach fallen und gönnte ihr keinen Blick mehr.
    Er hob seine Tochter aus dem Nest. Er spürte ihr Gewicht kaum. Er hatte erlegte Tiere geschleppt, die viel schwerer gewesen waren. Er hatte sie eine lange Strecke getragen.
    Spürblut rannte.
    Flußaufwärts, zu dem tosenden Wasserfall, den Pfad hoch, den er so gut kannte, dann den entlang, der ihn zurückbringen würde.
    Sie zurückbringen würde!
    Er jubelte. Sein Kopf war klar wie nie zuvor, glaubte er. Er fühlte sich stark.
    Nichts konnte ihn aufhalten.
    Er war Spürblut, und diesen Namen hatte er sich wohl verdient. Es gab niemand mit größerer Ausdauer. Keiner konnte länger einer Fährte folgen als er, und schon gar nicht schneller.
    Und dies war der Pfad, an dessen Ende die leuchtende Stadt wartete!
     
    Bis Varnum zu dem zerstörten Nest kam, war alles vorbei. Entsetzt stand er da und fluchte.
    Das hier war also das Ergebnis seiner Unentschlossenheit!
    Die gebrochene Leiche des Jungen. Weißhaar erwürgt.
    Varnum vergeudete keine Zeit mit Mitleid. Die Toten waren tot. Drei Gedanken rasten ihm durch den Kopf: Das war der erste Mord unter

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