Die neue Rasse
können.
Was Lilith allerdings hier vor sich sah, diese Folge absolut hemmungsloser >Völlerei<, glich einem Fanal. Als wollten die Vampire aller Welt sagen: Seht her, da sind wir! Es gibt uns!
Gut, von offizieller Seite würde niemand je zugeben, daß man hier auf Hinweise vampirischen Treibens gestoßen war. Und man würde rasch eine rationale Erklärung parat haben. Allenfalls die Medien würden sich auf das Thema Vampirismus stürzen und es ausschlachten. Aber niemand würde wirklich daran glauben. Irgendwann würde das Interesse daran erlöschen.
Und trotzdem - es bestand die Gefahr, daß irgend jemand Nachforschungen anstellte und die wahren Urheber ausfindig machte. Und wenn dieser Jemand wußte, wie man es richtig anstellte, konnte er allein zu einer gewaltigen Gefahr für die hiesigen Vampire werden.
Warum also gingen jene, die für das Töten hier verantwortlich waren, dieses Risiko ein?
Lilith wußte es nicht. Jede mögliche Antwort, die ihr einfiel, war so absurd, daß sie sie vergaß, noch bevor sie wirklich darüber nach-dachte.
Sie atmete tief durch und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Was sie brauchte, war eine Spur, der sie folgen konnte, und sie erinnerte sich wieder an jenen Schemen, den sie vorhin im Fernsehen bemerkt hatte. Der sie erst darauf aufmerksam gemacht hatte, wer hinter diesem Gemetzel zu stecken schien.
Lilith konzentrierte sich und versuchte, geistige Fühler auszustrecken. Doch es war, als wollte sie mit verkrüppelten und völlig tauben Fingern etwas greifen.
Sinnlos.
Langsam ließ sie ihren Blick durch den Zuschauerraum wandern, nahm jeden einzelnen der Anwesenden eine Sekunde lang genau ins Visier, doch sie entdeckte an keinem irgend etwas Verdächtiges. Keiner hier verriet sich als Vampir, was Lilith in Anbetracht der aufsehenerregenden Aktion durchaus für möglich gehalten hätte.
»Laß uns hinter der Bühne nachsehen«, sagte sie schließlich in Ermangelung einer besseren Idee zu Reuven und ging den Gang hinunter auf die Tür zu, die hinter die Kulissen des Little Men's Theatre führte.
»Wonach suchen wir eigentlich?« fragte Reuven, der Mühe hatte, mit ihr Schritt zu halten.
»Nach denen, die das hier angerichtet haben.« Liliths Kopfbewegung wies auf die Sitzreihen. Reuven folgte dem Deut und erschauderte.
»Ich bin nicht sicher, ob ich will, daß wir sie finden«, meinte er, und selbst seine Stimmbänder schienen zu frösteln.
»Du mußt mich nicht begleiten«, erwiderte Lilith. »Ich wäre dir nicht böse, wenn du .«
Reuven winkte ab. »Schon gut. Gehen wir.«
Wieder hielt niemand sie auf, als sie die wenigen Holzstufen und die schmale Tür darüber passierten und einen Bereich betraten, in dem alles nach Theater roch - nach Puder, Farbe, Schweiß, Staub .
Doch Liliths feine Nase fing noch etwas anderes auf. Etwas, das sich nicht einfügen wollte in dieses typische Konglomerat von Düften.
Blut .
Auch backstage waren sie natürlich nicht allein, denn auch hier hatten die Vampire getötet und ihren leergesaugten Opfern hernach das Genick gebrochen, damit sie nicht als Dienerkreaturen wiedererstanden. Und so führten Polizisten in Zivil und Uniform auch hinter der Bühne ihre Untersuchungen durch, die ihnen Ergebnisse liefern würden, die sie schon von Amts wegen nicht akzeptieren durften.
Doch hier sah Lilith noch etwas, das ihr draußen nicht aufgefallen war und es hier wohl in erster Linie deshalb tat, weil es auf dem kahlen Holzboden gar nicht zu übersehen war:
Blutflecken. Dunkle Lachen, längst eingetrocknet. Und sie erweckten überhaupt nicht den Eindruck, als hätte sich Blut aus den Halswunden der Opfer hier einfach gesammelt, sondern als wäre es vielmehr - - hingespien?
Der fast spürbare Druck von Fragen in Lilith nahm weiter zu, und das Verlangen nach Antworten wurde dem Gefühl von Blutdurst immer ähnlicher.
Zusammen mit Reuven drang sie weiter vor, und alsbald fanden sie sich in einem regelrechten Labyrinth enger und engster Flure wieder, von denen zahllose Türen abzweigten, die in Räume oder weitere Gänge führten. Hinter einer entdeckten sie eine abwärts führende Stiege, die wiederum in einen Gang mündete. Auch hier gab es etliche Türen. Dahinter lagerten alle möglichen und unmöglichen Requisiten, doch sie trafen auf keinen Menschen - weder tot noch lebendig.
Weit von der Treppe entfernt wurden die Räumlichkeiten immer schmutziger und feuchter, und Reuven bewegte sich schon längst nur noch tastend durch die
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