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Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Follath
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umgeben: Edir Macedo.
    Nach einer persönlichen Tragödie wendet er sich von der römisch-katholischen Kirche ab und gründet 1977 im Hinterzimmer eines Begräbnisinstiuts von Rio die Igreja Universal do Reino de Deus. Die Universalkirche des Königreich Gottes predigt eine neue Strategie. Die meisten Pfingstkirchen haben sich bis dahin von der aktuellen Politik ferngehalten und die Medien weitgehend gemieden, Macedo aber sucht die Präsenz in Radio und Fernsehen und mischt aktiv in der Parteienlandschaft mit. »Neupfingstlertum« nennen das der Religionswissenschaftler Franz Höllinger und Lukas Lingenthal von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rio, die besten Kenner der brasilianischen Glaubenslandschaft. »Macedo verbindet Gesang, Tanz und Teufelsaustreibungen mit einer unternehmerischen Marketingstrategie, die auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist und sich jeder in den modernen Medien zur Verfügung stehenden Vermarktungsmöglichkeit bedient … Seit dem Aufkommen des Neopentecostalismus verdrängt diese sehr auf weltlichen Wohlstand fixierte Theologie die Auffassung der klassischen Pfingstbewegung, dass allein Enthaltsamkeit von weltlichen Dingen der Weg zur Erlösung sei.«
    Heute residiert dieser Edir Macedo in New York und jettet nach Bedarf mit dem Privatflugzeug in die Heimat. Er hat 34 Bücher geschrieben, die sich über zehnmillionenmal verkauft haben. Er herrscht über ein Imperium von acht Millionen Gläubigen und deren Einnahmen, die sich inzwischen nach Schätzungen insgesamt auf gut drei Milliarden Dollar belaufen. Der selbsternannte Bischof besitzt ein Luftfahrtunternehmen und Reisebüros, kontrolliert Tageszeitungen, Radiostationen; sein Fernsehsender Rede Record ist der zweitgrößte im Land. Macedo hatte auch immer wieder Ärger mit der Justiz. Seine Bewegung soll Spenden von Gläubigen mithilfe ausländischer Strohfirmen gewaschen und in kirchenfremde Unternehmen geleitet haben, insgesamt ging es um Hunderte Millionen US -Dollar. Veruntreuung und Gründung einer kriminellen Vereinigung lautete die Anklage. Macedo sprach von einer Verleumdungskampagne, und die Ermittlungen führten trotz starker Verdachtsmomente ins Leere. Immer wieder wurde er aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Einmal saß er bisher im Gefängnis, ganze elf Tage.
    Macedo schwört, das Geld der Gläubigen – wie gesetzlich vorgeschrieben – ausschließlich für christliche Zwecke zu nutzen. Nur noch gelegentlich zieht es den Mittsechziger in diesen Tagen selbst zur Predigt in eines seiner riesigen Gotteshäuser. Dann läuft er wieder zur alten Form auf, peitscht die Gläubigen auf und macht den Teufelsaustreiber, wenngleich nicht mehr ganz so spektakulär wie einst im Maracanã-Stadion, wo ihm mehr als hunderttausend Menschen zujubelten, wo ihm während des Gottesdienstes Hunderte Brillen und Gehhilfen auf den Rasen geworfen wurden – angebliche Zeichen für sofortige Wunderheilungen. In seiner Autobiografie gibt er sich dagegen philosophisch nachdenklich: »Wir haben uns nicht ausgesucht, in diese Welt zu kommen, aber wir können bestimmen, wo wir die Ewigkeit verbringen.« Und dazwischen, auf dem Weg von der Wiege bis zur Bahre, so lautet Macedos Credo: Spendet für euer Seelenheil! Besonders große Empörung rief der Vorwurf der persönlichen Bereicherung auf Kosten der Armen hervor, den ein aufgetauchtes Video zu untermauern scheint: Darin ist zu sehen, wie der geschäftstüchtige Bischof in einem seiner Tempel in New York große Bündel Geld zählt, sich auf einer Yacht vergnügt und dann vor einer Gruppe von Pastoren fordert, mit noch größerem Nachdruck als bisher den Zehn-Prozent-Lohnanteil von den Gläubigen einzutreiben.
    »Wer nicht weiß, wie man Fernsehen macht, wird ein leeres Gotteshaus haben« – diesen Glaubenssatz teilen inzwischen alle Neo-Pfingstkirchen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um die Übertragung aufpeitschender Predigten. Kirche und Kommerz sind eine perfekte Vermarktungsunion eingegangen, den »Mercado Gospel« nennen das die Brasilianer. Der Absatzmarkt religiöser Produkte bis hin zu Schönheitscremes »für die fromme Frau« wächst ständig. Auch da wirkt Macedos Pfingstkirche wieder stilbildend. Auf der Webseite der Universal etwa gibt es neben heiligen Sprüchen und den Lebensweisheiten des Bischofs auch einen Link zum Online-Shopping, das nicht nur christliche Merchandising-Artikel anbietet, sondern auch Schmuck, Babynahrung und Couchgarnituren. Ebenso kann für den Nachbau des

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