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Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Titel: Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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schließlich 276 Territorien wurden neu geordnet, und die Feudalherren mussten in der nunmehrigen Machtzentrale Edo, dem heutigen Tokio, Familienmitglieder als Geiseln stellen, damit sie nicht auf die Idee verfielen, eigensinnige Wege zur Machtergreifung einzuschlagen. Das streng konformistische und in fünf Stände streng unterteilte Japan entschied, für das in alle Richtungen ausgreifende Europa kein leichtes Opfer zu werden. So wie einst Kaiser Kammu die allzu machtbewusst gewordenen buddhistischen Mönche aus der neuen Hauptstadt hatte fernhalten wollen, verfuhr nun die Dynastie der Tokugawa mit dem Rest der Welt: Er musste draußen bleiben. Anlass genug gaben die vornehmlich jesuitischen Missionare mit ihrem Sendungseifer, die nun ermordet oder vertrieben wurden. Grund dürfte daneben aber auch die Konsolidierung der Macht gewesen sein, bei der man keine äußere Einflussnahme brauchen konnte. Seit 1611 wurden Christen verfolgt, dann das Christentum in Japan ganz verboten – mit der Folge eines blutigen Gemetzels, das nur ein Bruchteil der bereits in Zehntausenden zählenden Christen überlebte. Seit 1638 war es den Japanern außerdem unter Androhung der Todesstrafe verboten, das Land zu verlassen. Die Abschottung mag Japan auf lange Zeit isoliert und auch von als positiv angesehenen Einflüssen abgeschottet haben. Andererseits handelte es sich um eine ungemein lange Periode des Friedens, während anderswo in der Welt die Kolonialmächte um Einflusssphären, Rohstoffe und Absatzmärkte stritten.
    Auf den Außenhandel bekam die Niederländische Ostindien-Kompanie ein Monopol, schon weil die Niederländer zum Wohle des Handels alle religiösen Ambitionen ohne viel Federlesens aufgaben. Von den Seehandel treibenden und dabei ungeheuer missionsfreudigen Spaniern und Portugiesen war anderes inzwischen hinlänglich bekannt. Ihre Arbeit mussten die Niederländer allerdings – streng abgeschieden und nicht übermäßig gediegen untergebracht – auf der künstlichen Insel Dejima vor der Hafenstadt Nagasaki ausüben.

    Kyoto war zwar weiterhin Hauptstadt, aber die Entscheidungen wurden jetzt in Edo gefällt. Ein Kuriersystem auf der ausgebauten und viel frequentierten Hauptroute zwischen Kyoto und Edo brachte in drei Tagen Nachrichten von einer Stadt zur anderen. Trotzdem blieb die älteste japanische Stadt Kulturmetropole, wichtigste Adelsresidenz und zweitgrößte Stadt des Landes. In ihrer Tradition und alten Bedeutung galt sie auch weiterhin alsdie japanische Stadt schlechthin, und in den Provinzen ließen Lokalfürsten ihre Residenzstädte nach ihrem Vorbild errichten. Die alte Kaiserstadt blieb vergleichsweise unbehelligt: Mehr als zwei Jahrhunderte lang stattete kein einziger Shogun Kyoto einen Besuch ab. Die Kaiser durften zwar nur mehr repräsentieren, und selbst das aus Gründen finanzieller Einschränkungen nur sehr eingeschränkt. Die entmachteten Adeligen der Stadt aber besannen sich auf Tradition und Kultur, schwelgten in Gartenbau, Architektur und Kunsthandwerk.

    In dieser Zeit entstand der berühmte Tempel Kiyomizu-dera, der »Tempel des reinen Wassers«, dessen Ursprünge aber bereits auf das Jahr 798 zurückgehen. Er gehört zu einer kleineren buddhistischen Sekte, die der Überlieferung zufolge Mitte des 7 . Jahrhunderts ihren Weg von China nach Japan fand. Von mehreren durch Brände zerstörten Vorgängerbauten ist fast nichts überliefert, der überwiegende Teil der heutigen Gebäude stammt aus dem Jahr 1633 . Nur an der Westseite des Komplexes blieben einige ältere Gebäude erhalten. Aus den Jahrzehnten zuvor sind immerhin noch Schenkungen vorhanden, die der japanische Einigungskaiser Hideyoshi, der dort oft und gern verweilte, dem Tempel zugutekommen ließ. Dadurch wurde der Tempel aufgewertet und wohlhabender und vergrößerte sich in der Folge. Nach einem weiteren verheerenden Brand wurde die Anlage schließlich ein weiteres Mal schnell wiederaufgebaut.
    Auch die Shogune förderten während ihrer langen Regierungszeit den Tempel. Für die Provinzen schließlich galt – wie Kyoto ganz allgemein – der Tempel Kiyomizu-dera im Besonderen als Vorbild und wurde vielerorts kopiert. Er war kaum weniger bekannt als heute und fand sich bereits damals in allen Stadtführern, wo er überschwänglich gerühmt wurde. Wer im 18 . Jahrhundert nach Kyoto kam, versäumte nicht, den Tempel zu besuchen.

    1853 setzten die amerikanischen Dampfschiffe des Commodore Matthew Perry der selbstgewählten Isolation

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