Die Neunte Gewalt
Regierungsvertrag sieht vor, daß diese Plastikfäden danach an drei Papiermühlen ausgeliefert werden sollen.«
»Worum geht es?«
»Um Geld, Fährmann. Um Bargeld.«
»Dollarscheine?«
»Und Fünfer, Zehner, Zwanziger und so weiter. Banknoten, Fährmann. In die zieht Leeds die mit TD-13 behandelten Plastikstreifen ein, und so will er auch das Land vergiften. Begreifst du, was da gespielt wird?«
»Ich glaube schon.«
»Dann komm mal mit, Fährmann«, sagte Captain Seven. »Die zweite Unterrichtsstunde ruft.«
Er führte ihn durch den gut eingerichteten unterirdischen Bunker, dessen Einrichtung der seiner Eisenbahnwaggons ähnelte. Auf einem schwarzen Tisch hatte er unter dem Schutz einer Glasglocke mehrere funkelnagelneue Zehn-Dollar-Scheine ausgebreitet.
»Die habe ich von der Bundesreservebank in Boston bekommen. Sie sind noch nicht zur Ausgabe vorgesehen, doch ein Freund von mir hat an ein paar Rädchen gedreht. Sie sind Teil einer Lieferung von einer ganz neuen Druckerei in Kansas. Die Regierung hat vor, das gesamte im Umlauf befindliche Bargeld durch neue Scheine zu ersetzen.«
»Was?« fragte der Fährmann.
»Du hast mich schon richtig verstanden. Aber jetzt aufgepaßt, denn nun wird es etwas kompliziert.« Captain Seven ging um die Glasglocke mit dem Geld herum. »Weiß du, was das größte Problem ist, mit dem das Schatzamt es heutzutage zu tun hat?« fragte er.
»Aus dem Blauen heraus würde ich sagen, Schwarzgeld, das von den Drogensyndikaten gehortet wird.«
»Der Kandidat hat leider keinen Punkt, hat noch nicht mal die Zielscheibe getroffen. Nein, das größte Problem – und das gilt besonders für die unmittelbare Zukunft – ist die Falschmünzerei. Innerhalb der nächsten zwei Jahre wird die nächste Generation der Laser- und Farbkopierer auf den Markt kommen, und mit denen kann man Geld herstellen, das sogar die Banken mit Handkuß nehmen werden. Also ist irgendein hohes Tier in Washington auf die wahrhaft geniale und brillante Idee gekommen, wir müßten uns was einfallen lassen, womit man die echten Scheine zweifelsfrei identifizieren kann.«
»Die Plastikstreifen …«
»Absolut verdammt richtig. Die Kanadier machen das mit ihrem Spielzeuggeld so. Und die Deutschen haben nicht nur diesen Plastikstreifen in jedem Scheinchen, sondern auch noch ein Hologramm. Ich glaube, es zeigt 'ne nackte Tussi, bin mir aber bei deren humorlosem Bundeskanzler nicht ganz sicher. Na ja, ein Hologramm tut's bei unseren Geldscheinen nicht, weil wir dickes Papier nehmen. Aber so ein hauchdünner Plastikstreifen ist einfach genial. Man hält den Schein vors Licht und sieht so eine Art Zickzacklinie. Und die kann man mit keinem Kopierer nachmachen, der zu unseren Lebzeiten entwickelt werden wird, und sollten wir hundert Jahre alt werden.« Captain Seven atmete tief ein. »Und PLAS-TECH stellt die Streifen her und liefert sie an die Papiermühlen.«
»Die ihrerseits die Streifen dann in die großen Papierrollen einziehen, die anschließend zur Druckerei in Kansas geschickt werden, in der unser gesamtes neues Papiergeld gedruckt wird. Aber es wird Jahre dauern, alle im Umlauf befindlichen Scheine einzuziehen.«
Captain Seven schüttelte den Kopf. »Nee. Die Regierung hat vor, alle alten Scheine innerhalb von sechs Monaten einzuziehen. Der Startschuß fällt im September.«
»Was hast du über T. Howard Briarwood herausgefunden?« wechselte Kimberlain das Thema.
»Würdest du glauben, daß ihm der Garibaldi-Schrottplatz oben in New York gehört, auf dem du es mit diesen fiesen Maschinen zu tun bekommen hast?«
Kimberlain machte sich gar nicht erst die Mühe, ihm zu antworten.
»Aber das ist noch gar nichts«, fuhr Captain Seven fort. »Es kommt noch viel schlimmer. Sprechen wir über die Briarwood Industries, Fährmann, bei der es sich zufällig um den größten Konzern in Privatbesitz auf der ganzen Welt handelt. Eigentümer und Geschäftsführer ist der Howard Hughes der neunziger Jahre, T. Howard Briarwood. Der verdammte Einsiedler leitet das ganze Konglomerat aus ein paar im ganzen Land verstreuten Privatbüros, die über eine High-Tech verfügen, bei der sogar ich vor Neid erblasse. Nach allem, was man so hört, hat er nicht viel für Menschen übrig.«
»Jetzt weiß ich auch, warum.«
»Warte erst mal ab. In den gut zwei Monaten, in denen Andrew Harrison Leeds in den ›Locks‹ saß, wurde T. Howard Briarwood kein einziges Mal in der Öffentlichkeit gesehen. Er habe eine Denkpause eingelegt,
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