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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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die Umgebung ab, als sie von der Veranda in Kimberlains Hütte traten.
    »Wer immer es war, er ist allein gekommen«, erstattete Lauren Talley Bericht.
    »Es war Leeds.«
    »Das wissen wir noch nicht mit absoluter Sicherheit.«
    »Ich aber.«
    »Die Handschrift entspricht nicht den Mustern in unseren Akten.«
    »Sie wissen wirklich nicht viel über Andrew Harrison Leeds, nicht wahr? Ich kann Ihnen fünfzehn Proben seiner Handschrift zeigen, die alle vollkommen verschieden sind.«
    »Das ist unmöglich.«
    »Nicht für Leeds. Irgendwelche Spuren eines Fahrzeugs?«
    Lauren Talley schüttelte den Kopf. »Wir haben jedenfalls keine finden können. Vielleicht hat er den Wagen auf der Straße abgestellt und ist zu Fuß hinaufgekommen.«
    Sie ließ die Blicke durch das Innere der Hütte schweifen. Bis auf zwei Ausnahmen wirkte alles ganz normal. Die erste war eine Wand, die vollständig mit Waffen verziert war. Pistolen, Musketen, alte Schwerter, Säbel und Messer waren dort ohne jedes erkennbare Muster angehäuft, und einige Waffen sahen noch so neu aus wie an dem Tag, da sie hergestellt worden waren. Die zweite Ausnahme war ein seltsames Gerät, das wie ein Filmprojektor aussah, aus dem allerdings Dutzende von Linsen in allen möglichen Richtungen herausragten.
    »Multidimensionales Fernsehen«, erklärte Kimberlain. »Ein Freund von mir hat es für mich entwickelt, derselbe Freund, der im Augenblick in den ›Locks‹ herauszufinden versucht, wie Leeds und die anderen rausgekommen sind.«
    Lauren Talley blickte zur anderen Wand hinüber. »Und die Waffen?«
    »Ich habe sie restauriert. Ein sehr beruhigendes Hobby. Sie sollten es mal probieren. Zivilisierte Waffen für zivilisiertere Zeiten.«
    Lauren Talley musterte die beeindruckende Ausstellung. »Man könnte gewisse Schlüsse daraus ziehen.« Sie zögerte. »Glauben Sie wirklich, daß Leeds hierher zurückkommen könnte? Ich könnte ein Team anfordern und ihm eine Falle stellen …«
    »Das wäre die sicherste Methode, dafür zu sorgen, daß er nie wieder auftaucht.«
    »Meine Leute sind gut.«
    »Leeds auch. Er würde sie schon aus einem Kilometer Entfernung spüren.«
    Die dunklen Augen Talleys blitzten unter ihrem fließenden, kastanienbraunen Haar auf.
    »Wieviel wissen Sie wirklich über Andrew Harrison Leeds, Miss Talley?«
    »Ich habe die Akten und das Protokoll der Verhandlung gelesen.«
    »Die Gerichtsverhandlung bezog nur ein, was man Leeds beweisen konnte. In der Akte steht nur ein Bruchteil der Geschichte, höchstens zwanzig Prozent, wahrscheinlich noch weniger.«
    »Sie meinen die Identitätsfrage.«
    »Leeds hatte fünf verschiedene Identitäten, von denen wir wissen. Vor den Morden, die ihm den Spitznamen Candy Man einbrachten, war er Professor für forensische Pathologie an der medizinischen Fakultät der Brown University. Wollen Sie ein paar Einzelheiten hören?«
    Als die Talley nicht antwortete, fuhr Kimberlain fort.
    »Eines Tages stand Leichensektion auf dem Unterrichtsplan. Leeds demonstrierte jeden Schritt einer solchen Sektion auf einem erhöhten Podest. Das Problem war nur, daß seine Leiche nicht tot war, sondern nur betäubt. Er hat eine Autopsie an einer lebendigen Studentin durchgeführt.« Der Blick Lauren Talleys wurde unsicher.
    »Seine dritte Identität war die eines Arztes für Allgemeinmedizin. Er hat zweiundzwanzig seiner älteren Patienten auf zweiundzwanzig verschiedene Weisen getötet.«
    »Mein Gott …«
    »Nummer vier war ein Psychiater. Seine Patienten schworen auf ihn. Dann kamen am selben Tag sieben davon nicht mehr nach Hause zurück. Man fand sie alle in seiner Praxis. Sie saßen wie zu einer Gruppentherapie zusammen, waren aber alle tot. Leeds hatte sie erwürgt, ihnen die Augen ausgestochen und die Ohren und Zungen abgeschnitten.«
    Die Talley schwankte. »Darf ich mich setzen?«
    »Bitte sehr.«
    Sie sank auf die Couch. »Warum steht nichts davon in meiner Akte?«
    »Ich habe es selbst herausgefunden. Man veröffentlicht nicht, was man nicht beweisen kann.«
    »All das haben Sie selbst herausgefunden?«
    »Ich bin den Spuren, den Mustern gefolgt.«
    »Er wollte gefaßt werden, nicht wahr?«
    »Keineswegs. Er wollte bemerkt werden. Ohne Anerkennung bleibt die Tat bedeutungslos. Menschen wie Leeds leben von rohen Gefühlen. Ihre Taten füttern ihr Ego, und im Gegenzug verlangt ihr Ego nach mehr. In dieser Hinsicht sind sie fast wie Kleinkinder.«
    »Menschen wie Leeds«, wiederholte Talley. »Was heißt

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