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Die Nirgendwojagd

Die Nirgendwojagd

Titel: Die Nirgendwojagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Verlauf um Feuer und Tanz, Pika-Bier und geröstetes Fleisch.
    Gegen Sonnenuntergang, als selbst die lebhaftesten Kinder zusammensanken und die Erwachsenen bereits schläfrig auf die Glut des Feuers starrten, das dem Erlöschen zuflackerte, sprang Churr auf die Füße und holte drei Holzklötze von dem unter dem Geisterhaus aufgeschichteten Stapel. Er hielt sie hoch über den Kopf, rannte damit zu dem ersterbenden Feuer und schleuderte sie mitten hinein in die Glut. Grün und saftsprühend begannen die Klötze zu schwelen, dann prasselten die Flammen hoch, es zischte und knallte, und ein Rauchschwall puffte empor. Churr stand da und atmete den aromatischen Rauch tief in seine Lungen ein. Die schläfrigen Amar rührten sich, taumelten hoch und gesellten sich zu ihm in den blauen Dunst, schnüffelten den Rauch begierig ein, stießen ihn wieder aus, sogen mehr ein, bis sie sich kaum mehr aufrecht halten konnten, weil sie der Saft-Rauch trunkener machte als die Mengen von Pika-Bier in ihren Bäuchen.
    Churr schüttelte die Fäuste und stieß einen heulenden Schrei aus.
    Es war ein muskulöser Mann in der Blüte seiner Kraft, Veteran eines halben Dutzends von Rum-Kriegen, ehrgeizig - er wollte der Niong der Rum-Amar sein … mit mehr Hautsymbolen als jeder andere Mann im Dorf. Voller Stolz trug er die Symbole, Erinnerungsstücke an jeden einzelnen Mann, den er niedergemacht hatte, handgroße Hautfetzen, über dem Herzen des Feindes abge zogen, über einem Feuer getrocknet, wie kleine Flaggen auf Fäden aufgezogen. Sie hingen um seinen Hals, waren in Spiralen um seine Oberarmmuskeln gebunden und bildeten ein langes, fransiges Hemd, das bis über die Hälfte seiner Oberschenkel hinunterreichte und bei jeder Bewegung, die er machte, leise gegen seine Haut schlug. Wieder stieß er sein Heulen aus, und die anderen erwiderten es, schlugen sich auf die Brustkörbe, tanzten auf einer Stelle, stampften den Boden, schwankten hin und her.
    Churr schüttelte eine Faust in die Richtung des Nebellandes.
    „Schwebende Geister!” brüllte er. „Churr kommt hinter euch her!
    Churr! Churr wird euch an euren Schwänzen packen und euch die Haut über die Ohren ziehen!” Er klatschte sich auf die Brust. „Ich bin Churr. Mit meinem Speer werde ich euch durchbohren, mit meinen Pfeilen werde ich euch an die Bäume nageln, ihr könnt mir nichts anhaben. Ich bin Churr. Ich bin schnell wie der Wind. Ihr werdet mich nicht berühren können, Schwebende Geister, ihr könnt mich nicht fangen. Ich werde euch eure Haut stehlen und mir eine Matte fertigen, eine Matte, um darauf zu schlafen. Kommt und greift mich an, dann schleudere ich euch in die Sonne, und ihr werdet verbrennen, und euer siedendes Blut wird auf das Nebelland herunterregnen, und das Nebelland wird mit euch verbrennen. Ich bin Churr, Bluttänzer, ich bin Amars Churr. Es gibt keinen anderen wie mich. Seht mich an und habt Angst. Ich bin Churr.”
    Einer nach dem anderen sprangen die für den Überfall auf das Nebelland ausgewählten zwanzig Männer auf, schlössen sich Churr an und fügten ihr Prahlen dem seinen hinzu. Die übrigen Amar gaben ihnen einen rhythmischen Hintergrund aus Knurrlauten und wildem Rufen.
    Schwebende Geister können mich nicht fressen … Ich werde über die dünnste Schale gehen, so leicht sind meine Schritte … Ich werde über Morast und schäumendes Wasser gehen, und ich werde nicht einsinken … Ich werde die Kinya-Kin-Kin fressen, bevor sie mich fressen können … Ich werde sie zum Narren halten … Ich werde sie zertreten … Ich werde sie unter meinen Füßen zermalmen … Ich werde Mutter Erde mit dem Blut der Kinya-Kin-Kin füttern … Ein Dut zend Nebelland-Dämonen werde ich mir abhäuten
    … Ich werde ihre Haut mit nach Hause bringen und sie zu Riemen zerschneiden und meine Speere damit schmücken … Ich allein werde die Dämonenbrut töten … Ich werde sie zermalmen … Ich werde den Stachel aus dem Fleisch der Mutter ziehen …
    Roha hörte nicht mehr länger zu, knackte einen letzten Knochen und saugte träge das Mark heraus. Der Rauch, der um sie her wogte, begann in ihrem Blut zu tanzen. Sie ließ die Knochensplitter auf den Boden fallen, schluckte, gähnte. Rihon war eingeschlafen, schnarchte leise. Sie glitt zu ihm, legte den Kopf auf seinen Oberschenkel.
    Über ihr krochen Nebelschleier aus den Bäumen, schoben sich an den Dachfirsten vorbei. Das Feuer flackerte, warf rotes Licht in den Nebel, verwandelte ihn dadurch in Flammenzungen.

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