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Die Nirgendwojagd

Die Nirgendwojagd

Titel: Die Nirgendwojagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Sich Stunde um Stunde an stacheligen Büschen vorbeizu-winden, stets auf der Hut vor Kreaturen, die sie anspringen konnten, die Nebel nach den Schwebenden Geistern durchforschend, angespannt, aufs äußerste konzentriert, all dies hatte Körperkraft und Nervenenergie geschwächt. In der Mitte der Lichtung drehten zwei der Männer Steine um, stocherten in dem kiesigen Grund und töteten alles, was herausflitzte. Rihon und die anderen jagten Kleinwild — irgendwo drau
    ßen in den Nebeln. Roha scheuerte fe ster an ihrem Unterarm, begann an kleinen Blasen auf ihrer Haut zu kratzen, die dort entstanden, wo sie einen seltsamen Busch mit Blättern von so hellem Grün, daß es fast weiß war, und mit breiten, purpurnen Adern durchzogen, gestreift hatte.
    Ihr Kopf ruckte hoch, als eine Fumerole direkt neben ihr Fontänen aus geschwefeltem Dampf emporspuckte. Sie entfernte sich ein paar Schritte weit, ging um einen struppigen Busch herum und nervös unter den weit ausladenden Ästen eines fast blattlosen Baumes hindurch, fühlte sich fremd hier, fühlte, wie die Tiere und Pflanzen sie beobachteten, ihr mißtrauten. Laut knirschte der Kies unter ihren Füßen, und selbst auf den zähen, niederen Grasbüscheln, die wahllos über die ganze Lichtung verstreut zwischen den Steinen wucherten, waren ihre Schritte laut, und das Gras riß und kratzte sie, sooft sie darauf trat. Sie umkreiste den freien Platz, zu ruhelos, um zu sitzen oder auch nur stillzustehen. Das Mambila Netz leuchtete stärker am Himmel und begann in ihr zu wirken. Sie beobachtete die beiden Amar, die in dem Kies rührten, eine weitere Minute lang, schlenderte dann um einen großen Steinhaufen her um, blieb schließlich bei der heißen Quelle stehen und sah zu, wie purpurne Blasen zersprangen und hellrote Nebel über das siedende Wasser glitten. Der Steinhaufen war dicht besetzt mit kleinen, widerstandsfähigen Giftbeeren-Büscheln, deren dicke, purpurne Früchte seit unzähligen Jahren in den Quell gefallen und dort gekocht worden waren - das Wasser hatte sich in einen dicken Sud verwandelt und verbreitete süße, verlockende Düfte, die viele Nebelland-Kreaturen in ihren Bann geschlagen hatten. Knochen waren dicht an dicht über die Felsen verstreut, und mehrere verwesende Körper lagen halb im Wasser, halb am Ufer.
    Ziellos wanderte sie um den Teich herum, und es kostete sie einige Sorgfalt, die wehenden giftigen Dämpfe zu meiden. Auf der anderen Seite plusterte sich ein hellgrüner Grasflecken sanft in der leichten Brise, und das ließ ihn wie einen Teil des Waldes aussehen, in dem sie zu Hau se war. Sie starrte darauf, wollte das Gras unter ihren Füßen spüren, sich darauflegen, sich darin wälzen. Ein Zittern im Gestrüpp zu ihren Füßen lenkte ihre Aufmerksamkeit von dem Grün ab, sie trat einen Schritt zurück, ein Stein löste sich und kullerte auf den üppigen Grasflecken zu. Ein kleines, pelziges Tier brach aus der Deckung hervor und huschte rasend schnell davon, blindlings, ohne darauf zu achten, wohin es rannte, und tauchte in voller Geschwindigkeit in den Grünflecken hinein. Etwa einen Fuß vom Rand entfernt, versank es außer Sicht. Vorsichtig trat Roha näher, beugte sich ein wenig vor, damit sie auf die Stelle hinuntersehen konnte, wo das Tier verschwunden war. Grasbüschel waren beiseite geschoben oder ausgerissen, und Wurzeln zitterten und winkten wie weiße Würmer über einem grauen Schleim. Das Gras schob sich wieder zusammen, um die freie Stelle zu bedecken; von dem Tier gab es kein Lebenszeichen mehr, nicht einmal die geringste Unregelmäßigkeit in dem Schleim. Als die glatte Decke aus Grün wieder intakt war, schluckte Roha, schüttelte sich und wandte dem Gras und seiner groben Mahnung vor der trügerischen Sicherheit des Nebellandes den Rücken zu. Sie starrte in die grauen Schleier, spürte die Augen des Lebens ringsum, lauernd, beobachtend, feindselig, fühlte das Gift in den Blättern nach ihr greifen, starrte in den Nebel und fühlte den Schmerz der Erde nach ihr rufen, durch die Fußsohlen strömte es in ihre Beine empor. Hinter sich konnte sie das Blubbern des Giftquells und das schwere Plop-plop-schlupp hören, wenn die größeren Blasen zerplatzten und in die zähflüssige Brühe zurücksanken. Die Stimmen von Amar wehten zu ihr her; die Jäger waren zurück. Sie hörte Rihon lachen. Dunkelheit senkte sich durch den Nebel, trieb mit einer seltsamen Langsamkeit herunter, um einer gleichen Dunkelheit zu begegnen, die vom

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