Die Nirgendwojagd
Lachen öffnete sie die Augen.
Der Transporter war hereingebracht, das Tor geschlossen worden.
Quale und die anderen Aasfresser standen auf improvisierten Wehrgängen, ähnlich jenem Laufsteg, auf dem sie saß, und schossen von Zeit zu Zeit auf Ziele, die sie nicht sehen konnte. Weitere Pfeile flogen in das Geviert, manche blieben im Boden stecken, andere prallten von dem niedrigen Bauwerk in der Mitte der Einfriedung ab. Neben ihr hockte ein schlaksiger, vogelartiger Otaz mit matten und aufgeplusterten, verkümmerten Federn unbeholfen hinter der Mauer und feuerte in dumpfer Regelmäßigkeit einen Schuß nach dem anderen ab. Drei Schritte entfernt kratzten vier Orteis an Flecken parasitärer Flechten auf ihren Exoskeletten, wechselten sich darin ab, ihre Knollenschädel über die Mauer zu heben und gelegentlich einen Schuß abzugeben, und verbrachten den Rest der Zeit damit, klickernd und knarrend miteinander zu reden. Hinter diesen schwatzten drei Tiks schrill aufeinander ein, der Großteil ihrer Unterhaltung außerhalb von Aleytys’ Hörbereich, ihre riesigen Augen durch besondere Brillen vor dem Glanz der Sonne geschützt, das kurze, graue Fell, das ihre gedrungenen Körper überzog, gesträubt und fleckig. Auf der anderen Seite waren die humanoiden Aasfresser genauso aufgelöst, nervös und übel zugerichtet wie die Nicht-menschen. Aleytys fiel die Trennung der Arten und deren physischer Verfall auf. Viele Reibereien, stellte sie fest. Und nicht mehr als zwei Dutzend von ihnen übrig. Drei Schiffe. Bei der Landung wahrscheinlich mehr als hundert Mann …Und drei Kapitäne. Nur Quale übrig. Der Pfuhl und die Eingeborenen haben ihnen verteufelt viel Ärger bereitet. Plötzlich schrie vor ihren Augen einer der humanoiden Aasfresser auf und brach mit einem Pfeil in der Schulter zusammen. Er war tot, noch bevor er auf dem Boden aufschlug. Die anderen ignorierten ihn und kämpften weiter. Aleytys erschauerte.
Außerhalb der Mauern erhoben sich die Schreie zu einem wilden Crescendo - und verebbten. Ein letzter Pfeil flog über die Mauer, traf das gedrungene Bauwerk im Zentrum der Einfriedung, sprang hoch in die Luft und fiel endgültig zu Boden. Quale richtete sich auf, ließ sein Gewehr für einen Moment an der Mauer lehnen, während er seinen Ärmel über das verschwitzte Gesicht zog. Er blickte finster auf die Leiche hinunter. „Blaur.”
Ein einäugiger Schwarzer, dessen Wangen von Kastennarben zerschnitten waren, stand da und kratzte sich den Rücken; seine blauschillernde Haut glänzte von Schweiß. „Ja?”
Quale ruckte mit einem Daumen zu dem toten Mann hin. „Schaff das da weg. Und laß deine diebischen Hände davon. Er gehört mir.”
Dabei zeigte er auf den Transportwagen und nickte schließlich zu der Mauer hinüber. „Stell da drüben jemanden auf. Die Grünies sind zwar weggelaufen, aber ich trete dich in den Arsch, wenn ich noch mal hierherkomme und keiner von euch Bastarden Wache steht.” Als er sich abwandte, kamen die Aasfresser von den Wehrgängen herunter und lösten sich in kleine, umherwimmelnde Haufen auf, bis ein Höchstmaß an Platz zwischen ihnen lag. Szor rammte dem Vogelwesen seinen Ellenbogen in die Seite und sorgte auf diese Weise dafür, daß es auf die Mauer zurückschlurfte.
Aleytys erhob sich, als Quale auf sie zukam. Bevor sie etwas sagen konnte, ergriff er ihren Arm, stieß sie vor sich her auf den Stein-Verschlag in der Mitte der Einfriedung zu. Er befahl ihr stehenzubleiben, gab ihren Arm frei und grub ein kompliziert verschnörkeltes Stück Metall aus einer Tasche seiner Kampfjacke. Aleytys sprang erschrokken beiseite, als er zurücktrat und ihr den Metallstift reichte. „Schließ auf.” Er zeigte auf ein massives Schloß, das in den Deckel des Verschlages eingelassen war.
Sie starrte auf das Ding in ihrer Hand, dann auf sein Gesicht.
„Steck ihn in den Schlitz und dreh”, knurrte er, und die Verärgerung darüber, das Offensichtliche erklären zu müssen, brachte seine ohnehin trügerische Laune ins Wanken. Er wandte sich ab, überblickte die verstreut herumstehenden Gruppen von Menschen und Nichtmenschen und kehrte ihr den Rücken zu, womit er seine Verachtung ihr gegenüber noch betonte.
Sie lächelte auf den Schlüssel in ihrer Hand hinunter, steckte ihn ins Schloß und drehte ihn herum. Trotz seiner Teilnahmslosigkeit hörte er den leisen Stoß des Bolzens. Er griff an ihr verbei, zog den Schlüssel aus dem Schloß und steckte ihn wieder in seine
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