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Die Nirgendwojagd

Die Nirgendwojagd

Titel: Die Nirgendwojagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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was sie getan hat, ohne es zu müssen. Grey hat mit einem ganzen Berg Idiotie meinerseits fertig werden müssen … In einem Jahr… Ein Aufflammen von Haß im Nebel gab ihr einen Augenblick Vorwarnungszeit. Sie sah einen Stein auf ihren Kopf zufliegen und zuckte zur Seite, fast dankbar dafür, aus ihrer Verwirrung aufgeschreckt zu werden. Sie zerrte Drij zur anderen Seite der Sphäre hinüber, wo sie vor den Steinen ein wenig geschützt sein würden. Die von den Valaada erhaltenen Schutzschilder begannen unter dem Bombardement melodisch zu klirren. Aleytys riskierte einen Blick an der Sphäre vorbei. Die Steine waren auf die Gefährlichen gezielt, auf die Hyänen und die Wache der Königin, auch wenn ein paar in die ungleichmäßigen Reihen der dahintrottelnden Vaada fielen: Zwei von ihnen blieben auf dem steinigen Boden zusammengerollt liegen, und die anderen schritten stumpfsinnig über sie hinweg. Ganz unvermittelt war der Angriff vorbei. Die Aasfresser waren hinter den Schilden geschützt, keiner hatte sich die Mühe gemacht zurückzuschießen, und so war das Aufhören des Bombardements so unerklärlich, wie sein Anfang vorhersehbar gewesen war. Aleytys marschierte wieder hinter dem Transporter und stand vor der unangenehmen Feststellung, daß sie sehr leicht von einem Stein getötet werden konnte, den sie nicht rechtzeitig heranfliegen sah. Absurd, derart viel zu überleben und dann durch einen blöden Stein zu fallen. Sie warf Drij einen Seitenblick zu. Etwas tun … muß etwas geben, was ich tun kann, Ich weigere mich, von einem Stein erledigt zu werden.
    Sie kicherte über diesen Gedanken, wurde gleich darauf wieder ernst.
    Die Existenz oder der Zufall oder was immer es ist, was das Leben steuert, garantiert nirgends ein würdiges Ende. Was machen sie jetzt?
    Ob ich sie wohl verscheuchen kann? Sie sondierte in den Nebel hinein, nach den Steinwerfern, berührte sie, berührte eine brodelnde Masse aus Angst und Haß. Sie riß sich los, zwang ihren Geistfühler zurück und begann die quälenden Stückchen von Informationen zu erforschen, die sie unter den erstickenden Leidenschaften, die beinahe alles um sie her überdeckten, hervorgekitzelt hatte. Da gab es einen Hinweis darauf, daß sie mehr Tier als Mensch waren, doch es lag Absicht hinter dem, was sie taten, eine Absicht über den bloßen Trieb des Tieres hinaus. Und ihr Sondieren zeigte Wirkung … sorgte dafür, daß sie sich unbehaglich fühlten … Sie spürte, wie die individuellen Funken zusammenrückten, fast miteinander verschmolzen, wenn sie sie bedrängte, wenn sie herauszufinden versuchte, was sie tun würden, sobald sie ihre Angst schürte und verstärkte. Fliehen oder kämpfen ? Der falsche Auslöser würde dafür sorgen, daß die Hölle über sie alle hereinbrach. Sie konzentrierte sich immer stärker auf ihr Sondieren, bis sie eine gewundene Wurzel übersah, unter der sich ihre Stiefelspitze dann auch prompt verfing … Sie ruderte mit den Armen, stürzte zu Boden, einen Sekundenbruchteil lang verwirrt und orientierungslos.
    „Lee! Was …” Drij kniete sich besorgt neben sie. „Hilf mir hoch.”
    Noch immer ein wenig erschüttert, hob Aleytys ihr Gesicht aus dem Dreck und kam mit Drijs Hilfe wieder auf die Füße. Sie stützte sich auf die dunkelhaarige Frau, während sich die Formation der Vaada um sie her teilten. Sie beachteten sie nicht mehr, als sie ein Hindernis beachten würden, das umrundet und zurückgelassen werden mußte.
    Aleytys wischte den groben Sand ab, der an ihren Handflächen klebte; sie blutete aus kleinen Schnitten, verursacht von den scharfkantigen Schottersteinen, auf die sie gestürzt war. Sie rieb die Hände gegeneinander, um den Rest des groben Erdreiches aus den Wunden zu bekommen, und unterdrückte das schmerzerfüllte Keuchen, das sie am liebsten ausgestoßen hätte. Sie griff hinaus … und das schwarze Wasser der Kraft strömte in sie hinein und fügte das Fleisch und die Haut wieder zu einem glatten Ganzen zusammen. Mit einem kleinen, zufriedenen Seufzer klopfte sie den Sand und die Erdkrumen von ihrer Kleidung.
    Drij ergriff Aleytys’ linke Hand, drehte die Innenseite nach oben, ließ ihre Fingerspitzen über die unversehrte Haut gleiten und kratzte mit dem Nagel ihres Zeigefingers an Blutspuren von Wunden, die nicht mehr existierten.
    Aleytys lächelte sie verwegen an. „Siehst du Gespenster?” Drij ließ die linke Hand fallen und inspizierte die rechte. Mit einem Kopfschütteln trat sie zurück.

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