Die Nirgendwojagd
„Ich glaube, ja.” Sie warf einen Blick auf den Transporter, der in wabernden Nebeln verschwand, die die Aasfresser und die Wachen bereits verschluckt hatten, und schaute dann nervös auf nur halb sichtbare Büsche und schroffe Felsvorsprünge.
„Wir müssen aufholen.” Gemeinsam mit Aleytys eilte sie in einem besorgten Trab auf die illusorische Sicherheit vor ihnen zu.
Als sie im langsamen Tempo des Transporters gemütlicher gingen, berührte Drij Aleytys’ Arm. „Was hast du zu tun versucht?”
Aleytys rieb sich die Nase. „Überleben. Es ist mir nämlich bis jetzt nicht in den Sinn gekommen, daß mich einer dieser verdammten Steine töten könnte. Verletzungen machen mir nichts aus. Damit kann ich leicht fertig werden.” Sie kicherte, als sie den Ausdruck auf Drijs Gesicht sah - eine Mischung aus Kummer, Unglauben und einem widerwilligen Eingeständnis, daß sie etwas gesehen hatte, was sie sich nicht erklären konnte. „Gibst du mir eine Weile deinen Arm, damit ich nicht wieder gegen irgendein Hindernis laufe …?”
Drij war verblüfft, nickte jedoch, und Aleytys tastete wieder nach den Nebelländern. Sie rückten jetzt näher, ausgestreckt in einer langen Reihe, die ihr Geistfühler als eine immer näher auf- und abtanzende Prozession von Fackeln sah. Wieder sondierte sie und warf in schnellen, leichten Vorstößen Brocken kühler Angst nach ihnen.
Die Lebensfunken bündelten sich. Sie versuchte eine stärkere Projektion, nahm ihre eigene Angst und schickte sie verstärkt zu ihnen zurück. Als dieser Stoß die Lebensfunken berührte, flackerten sie zurück, stürmten dann auf sie zu und strahlten Wut und Triumph aus.
Hastig gab Aleytys diese Projektion auf, setzte eine Kombination aus Verneinung und Zorn zusammen und schleuderte sie ihnen entgegen.
Die Lebensfunken wurden klein wie Fackellichter im Sturm, drängten sich zusammen und sonderten Unsicherheit und Schmerz ab.
Vor Erschöpfung zitternd, lehnte sich Aleytys schwer gegen Drij und versuchte nach ihrem heilenden Wasser zu greifen, aber der entleerende Effekt des Pfuhls, der sie noch immer launenhaft heimsuchte - ohne jede Vorwarnung, daß ihre Versorgung damit bald abgeschnitten sein würde -, bewirkte eine tiefe Müdigkeit in ihr, die selbst die geringste Anstrengung zu mehr machte, als sie ertragen konnte.
Drij schien das zu spüren: Sie stützte Aleytys mit ihrem Arm, trug ihr ganzes Gewicht und hielt sie mehrere Minuten lang aufrecht, bis sie ihre Kraft zurückgewann. Erneut bemerkte Drij die Veränderung in Aleytys beinahe augenblicklich. Sie gab sie frei, starrte sie mehrmals forschend von der Seite her an, trottete neben ihr her und versuchte zu verstehen, was sie sah.
Der Morgen glitt davon, und während dies geschah, trieben die Nebelländer und die Amar am Rande ihres Tastbereiches dahin, genauso schnell wie der Transporter, jedoch unsichtbar in Unterholz und Nebeln versteckt. Ihre Bemühungen fütterten sie mit einem Gefühl der Verwirrung, der Meinungsverschiedenheiten der Amar und des wachsenden Zorns der Nebelländer. In Momenten, in denen sie begannen, sich zusammenzurotten, um den Transporter anzugreifen, spannte sie sich an - und sie wichen zurück. Sie blieb den ganzen Tag nervös auf der Hut, bis ihre Stimmung so angespannt war, daß sie beim geringsten Wort, bei der geringsten Berührung explodieren würde.
Quale ließ sie nicht anhalten, bis das letzte Licht verschwunden war, dann schikanierte er die taumelnden Vaada und ließ sie Gräben ausheben und Erdwälle aufschütten. Herumstreifend, unfähig stillzusitzen, nervös und angespannt, schnippte er mit den Fingern nach zwei Aasfressern und befahl ihnen, den Unterschlupf aufzubauen.
Fluchend, hin und wieder anhaltend, um in den Nebel zu starren, auftauchend und wieder verschwindend, kam er mehrere Male an Aleytys und Drij vorbei, scheinbar ohne sie zu sehen.
„Ich habe Hunger”, erklärte Aleytys abrupt und ging auf die Pyramide von Vorratsbehältern am vorderen Ende des Transporters zu.
„Es sind auch ein paar Essenspacken für die Vaada an Bord.”
Drij ergriff ihren Arm. „Nicht. Lee, er wird …”
Aleytys riß sich los. „Soll er es versuchen”, fauchte sie, ließ die schwarzhaarige Frau als stumme, vorwurfsvolle Gestalt im Nebel zurück und fing an, zwischen den Behältern herumzuwühlen und nach den Beschriftungen Ausschau zu halten, die die Nahrung der Haestavaada kennzeichneten. Sie fand einen, warf ihn der Valaad zu, die still neben dem
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