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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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Byblos und nur Byblos ansteuerten, um hier ihre Ladung zu löschen und neue zu fassen. Vierzig mal vier Prozent waren eben unterm Strich erheblich mehr als zwei mal zehn Prozent. Es war unter anderem diese Art zu rechnen, die den Herrscher zum reichsten Mann der Levante machte. Außerdem profitierte er vom florierenden Zedernhandel mit Ägypten und der Gewinnung von Purpur.
    Tagein, tagaus sammelten Frauen und Kinder nördlich und südlich des Hafens die Schnecken im flachen Wasser des Meeres. In den Werkstätten der Stadt verwandelte sich dann das Sekret von zehntausend Schnecken in lediglich ein Gramm des wertvollen Farbstoffs, der sofort in den benachbarten Färbereien verarbeitet wurde. Ein einziges Mal war Seshmosis in diesem Viertel gewesen und hatte nicht vor, jemals dorthin zurückzukehren. Vor den Hütten lagen die wertvollen Schnecken zu Tausenden und sonderten einen gelblichen Schleim ab, der im Sonnenlicht erst grün, dann blau, schließlich purpurn und scharlachrot wurde und dabei einen ekelhaften, lang anhaltenden Geruch erzeugte. Der Gestank hatte tagelang in Seshmosis' Kleidern gehaftet.
    Dabei wurde kein Stoff der Welt von Königen und Priestern so teuer bezahlt wie Purpurstoff aus Byblos. Nicht einmal die federleichten Seidengewebe aus den Ländern jenseits von Babylon erzielten solch horrende Preise.
     
    Gerade als sich Seshmosis auf Höhe der Hafenmeisterei befand, lief ein ungewöhnliches Schiff durch die schmale Zufahrt in den Hafen ein, nachtschwarz das Segel und nachtschwarz der Rumpf. Seshmosis hatte von solchen Schiffen gehört, aber noch nie eines zu Gesicht bekommen. Ein Schiff aus Kreta.
    Er dachte an das Amulett in seinem Beutel, und es schien ihm, als ginge von dort eine Hitze aus, die seinen Oberschenkel erwärmte. Die Seeleute erreichten gerade das Hafenbecken und refften das auffällige Segel. Dunkle Gestalten blickten von Bord in Richtung Stadt, genau auf Seshmosis, wie es diesem schien, und Panik stieg in ihm auf. Suchten sie nach dem Amulett? Wies ihnen Magie den Weg zu ihm? Würden sie an ihm Rache nehmen für ihren ermordeten Landsmann?
    Seshmosis spürte das ungeheuere Verlangen, sich umgehend nach Hause und in den Schutz von GON zu begeben. Seine Sandalen schienen Flügel zu bekommen, und in Windeseile erreichte er wohlbehalten den kleinen Palast in der Oberstadt, der ihm und einigen anderen Tajarim seit zwei Jahren als Wohnstatt diente, dank der Großzügigkeit von Kalala – Kalala, der Prinzessin von Gebel Abjad, der schwarzen Perle Nubiens, des Sterns der Oase Salima, der Ex-Geliebten von Kamose, dem Statthalter von Theben. Letzteres war besonders wichtig, denn Kamose hatte auf Betreiben seiner eifersüchtigen Frau Psuta die Prinzessin Kalala verstoßen, was diese wiederum dazu veranlasst hatte, den Schatz des Statthalters als Entschädigung mitzunehmen.
    Die Tajarim sahen solches Vorgehen keineswegs als Diebstahl an, sondern als soziales Verhalten in Folge gesellschaftlicher Notwendigkeiten. Die Wertgegenstände des Statthalters von Theben waren ja nicht weg, sie waren jetzt nur woanders, bei Kalala. Die hatte nämlich eine Umverteilung vorgenommen, gemäß dem vierten Gebot von GON: »Du sollst nicht stehlen, außer wenn du Hunger hast oder lebensnotwendige Dinge brauchst, die da sind Kleidung, Transportmittel und Souvenirs.«
    Kalala hatte damals viele Dinge gebraucht, Kämme und Spiegel aus poliertem Kupfer in verschiedenen Größen, Salbgefäße und Salblöffel, Unmengen von Augenschminke, nicht zu vergessen unzählige Perücken und natürlich Schmuck.
    Hastig und ziemlich atemlos stürzte Seshmosis in sein Zimmer in Kalalas Palast und legte sich sogleich auf seine Liege. Nach einigen Atemzügen beruhigte er sich wieder, und fast wäre es ihm gelungen, sich in einem souverän geführten Selbstgespräch zu überzeugen, dass alles, aber auch wirklich alles vollkommen in Ordnung sei.
    Wenn ihm da nicht GON einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte.
    Der Nomadengott materialisierte nämlich als Fisch über dem Kopf von Seshmosis und versäumte es nicht, einige Wassertropfen auf das Gesicht seines Propheten fallen zu lassen. Bevor Seshmosis protestieren konnte, begann der Fisch zu sprechen:
    »Ihr Tajarim besitzt die seltene Gabe, euch ganz besondere Artefakte anzueignen.«
    Seshmosis beschloss, nicht darauf zu reagieren.
    »Du sitzt in der Tinte, mein lieber Prophet, und das nicht nur, weil du den Tintenbrocken in deinem Gewand mit deinem Angstschweiß teilweise

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