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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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für Seshmosis völlig unverständlichen Gründen applaudierten alle. Vorsichtshalber klatschte auch er zweimal zaghaft, obwohl er nicht die geringste Ahnung hatte, was hier vor sich ging.
    Zerberuh fuhr fort: »Jedes Gründungsmitglied, also Kalala, Barsil, Mani, Raffim und ich, hält je zwanzig Prozent der Anteile. Dem gemäß werden alle Investitionen und künftigen Gewinne geteilt. Das Schiff Gublas Stolz ist seit heute bei der Hafenmeisterei auf unsere Gesellschaft eingetragen.«
    Wieder ertönte stürmischer Applaus, und der Triumph troff Zerberuh aus allen Poren.
    »Sobald das Schiff beladen ist, können wir in See stechen. Bereits übermorgen werden wir so weit sein. Wir müssen die günstigen Frühjahrswinde nutzen und deshalb möglichst schnell auslaufen.«
    »Sehr gut, danke, lieber Zerberuh!«, ergriff Kalala das Wort. »Ich denke, wir sollten unserem lieben Seshmosis erklären, worum es hier eigentlich geht.«
    Das fragte sich der Angesprochene schon die ganze Zeit.
    »Wir haben eine so genannte Anteilsgesellschaft, abgekürzt AG, gegründet. Das ist nichts anderes als ein Zusammenschluss mehrerer Eigentümer mit dem Ziel, Profit zu machen«, erklärte Kalala.
    »Viel Profit!«, rief Raffim dazwischen.
    »Wie du gerade erfahren hast, besitzen wir seit kurzem auch ein hochseetaugliches Schiff, und wir wollen sofort anfangen, Handel zu treiben. Übermorgen wollen wir in See stechen. Allerdings haben El Vis und ich etwas anderes vor. Wir möchten die Handelsfahrt für eine Konzerttournee nutzen, um El Vis auf den Inseln des großen Meeres auftreten zu lassen. Ich finde, alle sollten in den Genuss seiner wunderbaren Lieder kommen.«
    »Das ist sehr schön für euch, und ich wünsche euch auch viel Erfolg. Nur, was habe ich mit dieser Sache zu tun?«, fragte Seshmosis irritiert.
    »Wir möchten dich bitten, dass du uns begleitest. Natürlich zusammen mit GON, unserem Herrn«, antwortete Kalala mit einschmeichelnder Stimme.
    Jetzt roch Seshmosis den Braten. Sie legten gar keinen Wert auf seine Begleitung, sie wollten den Schutz von GON, und sie wussten, dass GON sich nur ihm mitteilte. Seshmosis verspürte aber keine Lust auf eine Seereise. Das Unbekannte machte ihm Angst, Unsicherheit konnte er nicht ertragen, und das Wort Abenteuer hatte er nach dem turbulenten Auszug der Tajarim aus Ägypten aus seinem Wortschatz gestrichen. Deshalb erwiderte er trotzig:
    »Ich will hierbleiben. Ich bin froh, dass unsere große Reise zu Ende ist und wir jetzt hier sind. Und ich genieße es, nicht mehr im Zelt wohnen zu müssen, sondern sesshaft zu sein. Fremde Länder sind mir suspekt. Sie sind so, äh, fremd. Da weiß ich nie, wo ich am nächsten Tag mein Haupt niederlege. Es ist einfach nicht gut, weiter als einen Fußmarsch von zu Hause weg zu sein.«
    »Reisen bildet, mein lieber Seshmosis«, versuchte Kalala ihn zu überzeugen. »Du bist doch ein wissbegieriger junger Mann. Alle großen Weisen dieser Welt haben Reisen unternommen, um ihren Horizont zu erweitern. Wir sind sicher, dass GON, unser Herr, uns gern begleiten möchte. Du solltest ihn gleich befragen.«
    Seshmosis überlegte kurz. Würde der Nomadengott den Mut aufbringen, in die Gefilde fremder Götter zu reisen? Er glaubte nicht, dass sich GON nach seinem Besuch auf dem Olymp in das Gebiet der achäischen Götter begeben wollte, und sagte deshalb mit fester Stimme: »Gut, ich werde ihn befragen! Aber bei dieser Gelegenheit möchte ich noch eine andere Sache ansprechen.«
    Etwas theatralisch stand er auf und wandte sich Raffim zu.
    »Raffim, warum hast du unsere Heiligen Rollen gestohlen? Und wo hast du sie versteckt? Ich fordere dich auf, sie bis heute Abend zu mir zurückzubringen!«
    »Wie kommst du darauf, dass ich die Heiligen Rollen gestohlen habe? Du musst eben besser auf deine Sachen aufpassen«, widersprach Raffim mit Unschuldsmiene.
    »Du brauchst es gar nicht abzustreiten. GON höchstpersönlich hat mir verraten, dass du der Dieb bist!«
    Die anderen sprangen empört von ihren Sitzen auf und redeten auf Raffim ein. Barsil regte sich besonders auf – für Seshmosis ein Zeichen dafür, dass er entweder selbst mit in der Sache steckte oder sich ungemein ärgerte, dass Raffim ihn nicht darin eingeweiht hatte.
    Seshmosis erhob drohend seine Stimme: »Bis heute Abend, Raffim! Sonst bitte ich GON einzugreifen.«
    Dann verließ er, ohne sich zu verabschieden, die Versammlung.
     
    Zurück in seinem Zimmer, begann Seshmosis seine Gedanken zu sortieren.

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