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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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Deshalb ist ein kleiner Umweg nötig. Also sprich ihn an! Und trink heute keinen Schluck mehr von diesem Met!«
    »Dein Wille geschehe!«, sagte Seshmosis, und das Lallen in seiner Stimme war schlagartig verschwunden. Auch der dumpfe Schleier über seinen Gedanken war wie weggezogen. GON hatte ihn einfach ausgenüchtert.
    In Frodis Halle suchte der Schreiber einen Platz in der Nähe von Sampo, und bald ergab sich die Gelegenheit, ihn anzusprechen. Seshmosis beschloss, ihm ehrlich und ohne Umschweife zu sagen, warum er hier war: »Edler Sampo, ich brauche deine Hilfe. Mein göttlicher Herr sandte mich mit einem Auftrag nach Eisland. Ich bin weit durch Raum und Zeit gereist, um einen Nachfahren von mir zu suchen und ihm das Leben zu retten.«
    Entgegen Seshmosis' Erwartung erklärte ihn der andere nicht für verrückt. Im Gegenteil nickte er verständnisvoll und sagte: »Ich spüre bei dir die Gegenwart von etwas Besonderem. Lass uns das Runenorakel befragen, welchen Rat es dir gibt. Folge mir!«
    Seshmosis folgte dem Finnen, der eine Fackel mitnahm, nach draußen.
    »Gehen wir zu dem Mannstein hinüber!«
    Der als Mannstein bezeichnete Fels war ein schlanker Monolith am Rande des Dorfes, der eindeutig von Menschen bearbeitet und aufgestellt worden war. Im Schein der Fackel erkannte Seshmosis viele eingemeißelte Runen und ein riesiges, verziertes »T«, das »Thor weihe diese Runen« bedeutete.
    Sampo blickte sich um, doch er und Seshmosis waren allein. Wer noch nicht schlief in Hafnir, der ergab sich in der Halle des freigiebigen Frodi dem Rausch.
    Sampo steckte die Fackel in die Erde und legte zwei Finger in das »T-Zeichen«.
    »Dann lass uns die Runen befragen, Sendbote deines Gottes.«
    Der Skalde sang ein magisches Lied in der alten Sprache der Menschen vom Lagodasee. Dabei schüttelte er rhythmisch einen klappernden Stoffbeutel. Schließlich endete der Gesang, und Sampo schüttete den Inhalt des Beutels auf den Boden: kleine Holzstäbchen mit unterschiedlichen Einkerbungen.
    »Meine Buchenstaben«, verkündete der Schamane sichtlich stolz. »Sie sind geworfen, und jetzt werde ich sie lesen. Sie verraten, was du wissen musst.«
    Gespannt beobachtete Seshmosis das Wirken des ungewöhnlichen Mannes. Dabei murmelte dieser leise unverständliche Worte, nahm einzeln die Holzstäbchen nach einem geheimnisvollen System auf und legte sie geordnet vor sich. Lange betrachtete der Finne schweigend das Muster aus Stäben, dann schien er zufrieden. Sampos Gesichtszüge entspannten sich. »Du musst nach Thingvellir reisen, der Versammlungsebene der Eisländer. Dort liegt ein namenloses Dorf, und in diesem lebt eine Seherin, nicht fern von der Allmännerschlucht. Sie musst du besuchen und dir von deinem Nachfahren singen lassen.«
    »Wo liegt diese Versammlungsebene?«, wollte Seshmosis wissen.
    »Nicht sehr weit von hier, Richtung Nordosten. Nach drei Tagesreisen solltest du da sein. Aber ohne Führer wirst du dort nie ankommen. Außerdem solltest du nicht ohne magischen Schutz reisen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Runenmagie. Der Umhängesack scheint dir wichtig zu sein, da du ihn ständig bei dir trägst, auch jetzt.«
    »Mein Gott wohnt darin, so kann er immer bei mir sein.«
    »Dann lass uns diesen Sack besonders schützen, auf dass du besonders beschützt wirst.«
    Seshmosis war neugierig, was Sampo vorhatte. Und solange der kleine Gott nicht eingriff, wertete er dies als stilles Einverständnis.
    »Dann lass uns beginnen!«, forderte er den Schamanen auf.
    »Wir schreiben die symbolischen Zeichen auf den Sack, die für das ganze Runen-Alphabet stehen. Damit steht dir der größtmögliche Schutz zur Verfügung.«
    »Sehr gut! Dann schreib! Oder brauchst du Tinte? Ich habe auf dem Schiff …«
    »Keine Tinte, mein Freund. Für diesen Zauber brauchst du Stärkeres als Kienruß, Gummi Arabicum und verbrannte Weinhefe.«
    »Was meinst du, Sampo?«
    »Blut. Du musst die Runen mit deinem Blut schreiben«, antwortete der Schamane und hielt schon ein Messer in der Hand.
    Seshmosis erbleichte. Doch er konnte nicht mehr zurück, wenn er sich nicht schrecklich blamieren und als Feigling dastehen wollte. Zitternd hielt er dem Finnen seine linke Hand entgegen. Der zögerte nicht und schnitt mit seinem Messer in den Handrücken. Dann tauchte er mit seinem Zeigefinger in die Wunde und schrieb fupark auf den Umhängesack.
     
    *
     
    Ratatöskr kletterte die letzte Strecke zur Spitze des Weltenbaums langsamer. Er kannte all die kleinen

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