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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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Einheimischen und berge das Schiff. Ich will hier weg, und zwar schnell!«
    Es donnerte, und nicht nur die Tajarim sahen besorgt zum Himmel. Rings um die kleine Siedlung stiegen von immer mehr Vulkanen Rauchsäulen auf, und ein ständiges Grollen kündete von nahendem Unheil.
     
    *
     
    Hugin und Munin landeten auf Odins Schultern und flüsterten ihm für die anderen unhörbar etwas ins Ohr. Kurz darauf wurden in der Bucht Rufe des Erstaunens laut. Eine Riesin raste auf einem kolossalen Wolf reitend auf den Strand zu. Kurz vor Baldurs Schiff hielt sie das geifernde Tier an, und die Umstehenden sahen, dass ihre Zügel grünrote, züngelnde Giftschlangen waren. Selbstbewusst stieg sie ab und ließ das tobende, Zähne fletschende Tier zurück. Odin rief nach vier Berserkern, damit sie den Wolf bändigten. Erst nach langem Ringen gelang es den starken Männern, die Bestie niederzuhalten.
    »Ich bin Hyrrockin! Zeigt mir meine Belohnung!«, schrie die Riesin.
    Odin trat vor das Gigantenweib. Der Gott musste den Kopf in den Nacken legen, um ihr ins Gesicht schauen zu können. So rief er ihr sein Angebot hinauf: »Hundert Fass Met will ich dir geben, dazu einen Karren voll Geschmeide.«
    »Gib noch einen Karren süßen Kuchen dazu, Asenlenker, und ich will euer Schiff ins Wasser schieben.«
    »So sei es!«, stimmte Odin zu, und die Riesin rannte zum Heck des Schiffs und stieß es mit einem so mächtigen Ruck an, dass die Schiffsrollen sich durch die Reibung entzündeten. Viel zu früh loderte ein Feuer unter dem noch vertäuten Schiff. Eine ganze Zwergenschar mühte sich, die Flammen mit Decken zu ersticken.
    Thor geriet darüber so in Wut, dass er Hyrrockin auf der Stelle mit seinem Hammer den Schädel zertrümmern wollte. Nur der Einsatz aller Götter konnte verhindern, dass Thor das Weib erschlug.
    Nun schickte Odin einige Lichtalben los, die Pferde Baldurs – Goldig, Glanz und Silberstirn – zu holen, um sie auf das Schiff zu führen. Dort sollten sie ihren Herrn ins Jenseits begleiten. Doch zum Erstaunen der diensteifrigen Lichtalben waren die drei Pferde spurlos verschwunden.
    Odin hatte von all den Misslichkeiten und Verzögerungen genug und befahl, endlich Baldurs Leichnam auf das Schiff zu bringen.
    Vier Einherjer, zu Lebzeiten mächtige Könige in Skandinavien, mit goldenen Brustpanzern und goldenen Helmen, trugen auf ihren Schultern eine schlichte Bahre. Auf ihr lag der prächtig geschmückte Baldur. Langsam näherten sie sich dem Drachenschiff, während hundert Walhall-Krieger jeden Schritt mit einem dumpfen Schlag ihrer Schwerter auf ihre Schilde begleiteten.
    Bum – bum – bum – bum … Bei jedem Schritt der Einherjer dröhnte der gespenstische Rhythmus durch die Bucht. Wie ein Herz, das seine letzten Schläge schier unendlich verzögert, um das Ende hinauszuschieben.
    Genau in dem Augenblick, in dem man Baldur auf sein Totenbett auf dem Schiff ablegte, brach seiner Gattin Nanna das Herz. Mit einem Seufzer sank sie leblos zu Boden.
    Odin, den Allvater, überkam eine unendliche Traurigkeit. Er wusste, dass hier mehr als ein Gott und eine Göttin gestorben waren. Hier starb eine ganze Epoche, seine Epoche.
    Leise ordnete er an, Nanna zu Baldur auf das Schiff zu bringen, um das Paar gemeinsam zu bestatten.
    Odin entzündete Ringhorn, und bald schon loderten die Flammen, leckten an den Bordwänden und fraßen sich über das ganze Schiff.
    Thor stand hinter dem Schiff und segnete die brennende Ringhorn mit seinem Hammer Mjöllnir. Da lief ihm hektisch der Zwerg Lit durch die Beine, der die letzten Taue mit einer Axt kappen wollte. Thor war so wütend über die Störung seiner heiligen Handlung, dass er mit dem Fuß nach dem Zwerg trat. Dieser flog in hohem Bogen ins Feuer, wo er schreiend verbrannte.
    Als letzte Gabe warf Odin den Ring Draupnir, der sich so wundersam vermehrte, an Bord des Schiffes, auf dass er Baldur begleite und es ihm an nichts mangele. Dann gab er der Riesin Hyrrockin das Zeichen, Ringhorn endgültig ins Meer zu schieben.
    In diesem Augenblick schoss ein winziger rotbrauner Schatten die Bordwand empor, sprang mit einem mächtigen Satz durch die Flammen und schnappte sich den Ring. Unbemerkt von allen Asen und Wanen, Lichtalben und Riesen, Zwergen und sonstigen Wesen rettete Ratatöskr den sagenhaften Draupnir vor dem Untergang in den Fluten und sprang auf der anderen Seite wieder vom Schiff.
    Langsam trieb das brennende Drachenboot mit dem toten Götterpaar in der Dämmerung aufs Meer

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