Die Nonne und der Harem
Garde zu Maximilien reiten und diesem hirnrissigen Narren den Kopf abschlagen, den Befehl über seine Truppen übernehmen und das osmanische Lager angreifen«, keifte er.
Heloïse ergriff des Herzogs Arm. »Nein! Ihr dürft nicht Euer Leben in Gefahr bringen. Die Schlacht ist verloren«, rief sie mit flehentlichem Ton.
»Verloren? Nicht, solange ich lebe!«, schrie Honoré. So dicht den Sieg vor Augen konnte und wollte er nicht aufgeben. Er selbst war noch in der Lage, den Schlachtenverlauf zu beeinflussen und den Sieg herbeizuführen.
»Hoheit, ich flehe Euch an. “Iamque non pugna, sed caedes erat” sagten bereits die Römer, als starrsinnige Heerführer alle ins Unglück stürzten. Es wird ein Blutbad geben. Rettet, was Euch geblieben ist und rettet uns!«, appellierte die Nonne mit schriller Stimme an seinen Verstand, der längst durch Wut und Verzweiflung ins Chaos gestürzt war.
»Audaces fortuna iuvat! Dem Tapferen hilft das Glück«, zitierte der Herzog düster und schwang sich auf sein Pferd, das ihm gebracht wurde. Er zog seinen Degen, um der Garde um Rainier de Ontceaux zu befehlen, ihm zu folgen, als hinter ihm Schreie ertönten. Er drehte sein Pferd und konnte nicht glauben, was er sah. Zwischen fliehenden Infanteristen preschten osmanische Kavalleristen und schlugen diese nieder. Die Ungläubigen hatten reagiert und waren ihrerseits im Begriff, das christliche Lager anzugreifen …
Maximilien ritt in das osmanische Lager und wunderte sich über den Widerstand, als Soldaten mit großen, weißen Hauben Aufstellung nahmen und seine Reiter mit Piken in Schach hielten. Er erkannte diese Soldaten. Es waren Janitscharen - eine aus ehemals christlichen Sklaven gegründete Elitetruppe, die mit ihrem Leben den Sultan schützte. Der Graf von Fontainevert war gezwungen, vor der Pikenfront zu wenden und bemerkte, wie sich der Ring um ihn und seine Truppen immer enger schloss. Neben ihm erklangen Schreie, als die ersten unter Pikenstößen und Hellebarden fielen, da erkannte Maximilien hinter der Schlachtenreihe, wie Janitscharen Charles de Jousfeyrac fortführten.
Er war nicht gefallen, sondern nur gefangen genommen worden! Sein Plan war gescheitert. Er schrie vor Wut und Angst, denn nur mit Mühe gelang es ihm mit seinem Degen, die auf ihn geführten Angriffe abzuwehren.
Immer mehr Osmanen drängten sie zurück und als er weitere Verstärkungen sah, die von der Front bei Asbourt zurückkehrten, wusste er, dass alles verloren war.
»Rückzug!«, schrie er langgezogen, doch es war zu spät. In völliger Auflösung wurden seine Männer schnell und effizient niedergemacht. In vollem Galopp versuchte er den Kessel zu sprengen und sein Rappe sprang auf tote Körper von gefallenen Schlachtpferden, um mit einem gewaltigen Satz über die Janitscharen zu springen. Aus vielen Wunden blutend floh Maximilien in Richtung des herzoglichen Lagers, um seine Frau zu retten.
Bereits von weitem erkannte er das ganze Ausmaß der Katastrophe, denn die Zelte des Herzogs standen in Flammen. Sein treuer Rappe, der ihm das Leben gerettet hatte, war vor einer Meile zusammengebrochen und er hatte ihm den Gnadentod geschenkt. Verzweifelt versuchte er nun zu Fuß an den Osmanen vorbeizugelangen und erreichte tatsächlich ungesehen das kleine Waldstück, neben dem der Tross des herzoglichen Heeres lagerte und wo sich auch seine Frau befand. Am Waldrand verbarg er sich unter einer dichten Hecke und spähte durch die Zweige auf das Lager. Was er sah, ließ ihn vor Schock erstarren. Osmanische Soldaten schlachteten Männer ab und Frauen und Kinder liefen schreiend umher, ohne sich retten zu können. Verzweifelt suchte er in dem Durcheinander nach seiner Frau Pierrette und tatsächlich sah er sie, denn an ihrem schwarzen Kleid war sie deutlich zu erkennen. Ihm gefror das Blut in den Adern. Die Ungläubigen führten sie zu einer Gruppe Frauen, die von anderen Soldaten bewacht wurden. Seine Frau wehrte sich wild und der Osmane hatte seine liebe Mühe, doch schließlich schlug er sie nieder und schleifte sie zu der Frauengruppe, in der Maximilien auch die Nonne Heloïse in ihrem weiß-schwarzen Zisterzienserhabit erkannte.
Aufgewühlt wischte er an der dreckstarrenden Hose den Schweiß von den Handflächen und zog seinen Degen. Wie sollte er sie befreien? In diesem Moment lief eine junge, rothaarige Frau auf den Waldrand und ihn zu. Doch ihre Flucht blieb nicht unbemerkt. Ein Osmane lief mit einem Krummdolch hinter der jungen Frau her
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