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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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nach Venedig zurückzukehren.«
    »Habt Ihr die Namen der beiden erfahren?«
    »Luigi und Palladia Gargana.«
    »Sie sind’s!«, jubelte Celina. »Wie kann ich Euch nur für diese Auskünfte danken?«
    »Eure Freude ist mir Dank genug. Doch jetzt muss ich mich von Euch verabschieden, es wartet jemand auf mich.« Er gab ihr die Hand zum Abschied und entfernte sich, vorsichtig auf den Holzplanken balancierend. Gedankenverloren ging Celina weiter. Jetzt war sie ihrem Ziel ganz nahe. Sie würde morgen zu Andriana gehen und sie bitten, mit ihr nach Konstantinopel zu fahren.
    Schließlich stand Celina vor dem Palazzo, den sie seit ihrer Kindheit kannte. Sie sah hinauf zu den Fenstern, die in maurischem Stil in das Gebäude gebrochen waren. Darunter verliefen zwei Balkons mit kleinen weißen Säulen. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. Warum verspürte sie das Bedürfnis, sich umzuschauen, ob sie niemand beobachtete? Ihre Nerven waren sicher so überreizt von den Ereignissen, dass sie sich alles Mögliche einbildete. Sie zog die Tür hinter sich zu. Mit einem Krachen fiel sie ins Schloss. Celina befand sich im Untergeschoss des Palastes; das Geschoss diente als Lagerplatz für die Gondeln, die an der Wasserseite in den Canale Grande gelassen wurden. Alles war noch so, wie sie es in Erinnerung hatte. Der kleine Springbrunnen mit dem Löwen, der von der steigenden Flut vergangener Zeiten poröse Boden, der Geruch nach Algen und Brackwasser … Sie durchquerte das Untergeschoss und ging die Treppe zum primer piano hinauf. Da war das Zimmer, in dem der Ofen mit den Majolikakacheln stand. Celina erinnerte sich an den Augenblick, als sie mit Christoph den Brief in einem Versteck in diesem Ofen gefunden hatte. Sie ging in die Küche nebenan. Es sah alles so aus, als würden die Besitzer gleich wieder zurückkehren, doch Eugenio und Faustina saßen in diesem Moment in einer Zelle des Palazzo Ducale. Die Küche war reichlich ausgestattet, wie Celina bald herausfand. Ihre Verwandten hatten sich jeden Luxus geleistet, während sie im Kloster gewesen war.
    Bitterkeit stieg in ihr auf, aber sie verscheuchte die düsteren Gedanken schnell wieder. Die Küche war mit einem steinernem Ausguss, einem Schrank aus Tannenholz sowie Regalen ausgestattet, die an der Wand befestigt waren. Auf einem Tisch stand eine Schale mit Äpfeln, Birnen und Pflaumen. Sie nahm einen Apfel und biss hinein. In einer Vorratskiste befanden sich Brot, geräucherter Schinken und Asiago-Käse. Celina brach ein Stück von dem Brot ab, nahm ein Messer aus einem Regal, schnitt Käse und Schinken ab, in grüne Blätter gewickelt fand sie auch einen Laib Butter, von der sie etwas nahm, und begab sich ins Wohnzimmer, wo sie sich in einen der bequemen, zierlichen Sessel setzte und ihr Abendbrot verzehrte. Dazu trank sie Wein aus Bassano del Grappa; die Gläser, die immer noch in einer Vitrine nahe des Fensters standen, waren aus kostbarem Muranoglas.
    Allmählich wurde es dunkel im Raum, Schatten krochen über die Möbel und den Fußboden, der aus lauter hellroten und blauen Steinchen zusammengesetzt war. Draußen zogen Boote vorüber, Gondoliere warfen sich gegenseitig Scherzworte zu; dazwischen klang das Geschrei von Kindern und die Stimmen ihrer Mütter. Celina wurde ruhig. Das war ihr Zuhause, niemand würde es ihr je wieder fortnehmen können. Morgen früh noch würde sie zur Zecca gehen, zur städtischen Münzanstalt gegenüber dem Palazzo Ducale, und aus dem Vermögen ihrer Eltern, das als Eugenios Besitz sicher schon konfisziert worden war, einen Betrag entnehmen, der ihr und Andriana die Überfahrt nach Konstantinopel ermöglichen und sie mitsamt ihren Eltern wieder zurückbringen sollte. Und dann? Sie wusste nicht, wie es mit Christoph und ihr weitergehen sollte, hoffte aber, ihre Freundin Andriana bewegen zu können, ihr bei der Gründung eines literarischen Salons zu helfen. Ihre Eltern hatten sie immer frei entscheiden lassen,was sie tun oder lassen wollte – und so würden sie ihr bei ihren Plänen auch nicht weiter hereinreden.
    Später am Abend ging sie die Treppe zum segundo piano hinauf, wo sich das Bad, das Schlafzimmer und ein kleines Zimmer befanden, in dem Celina seit ihrer Kindheit gelebt hatte. Sie betrat das Badezimmer. Die Hähne über der Wanne waren vergoldet, und über einem steinernen Waschbecken hing ein goldumrahmter Spiegel aus dem feinsten Muranoglas. Sie entfachte ein Feuer unter dem Zuber, der noch mit frischem

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