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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Zeit, die ihr endlos vorkam, hörte Celina ein Geräusch vom Fenster her. Eine Schale, aus der Dampf aufstieg, und ein Stück Brot wurden hindurchgeschoben. Sie nahm beides entgegen, und eine große, behaarte Männerhand reichte ihr gleich darauf einen Becher mit Wein. Celina stellte alles auf den Boden.
    »Wessen bin ich angeklagt? Warum hat man mich in dieses Gefängnis gebracht?«, fragte sie den unsichtbaren Wärter, bekam aber keine Antwort. Seufzend setzte sie sich auf eines der Bretter und begann zu essen. Die Suppe bestand aus pampigem Kohlgemüse und zähem Fleisch, das Brot ließ sich nur schwer beißen, und der Wein war sauer. Celina würgte alles herunter und legte sich zum Schlafen nieder. Aus den Nachbarzellen hörte sie noch lange leise Flüche und Schnarchen.
    Mitten in der Nacht erwachte sie von einem Scharren und Kratzen. Es kam von einer der beiden eisenbeschlagenen Holztüren. Die Tür wurde vorsichtig geöffnet. Im Schein einer Fackel, die an der gegenüberliegenden Mauer brannte, sah sie die Umrisse einer männlichen Gestalt: Christoph! Er kam mit schnellen Schritten auf sie zu, zog sie an seiner Hand hoch und raunte: »Ich habe mich als Mitglied des Rates ausgegeben und den Wächter bestochen. Dann habe ich ihm noch Mutterkorn in den Wein getan. Komm schnell, wir müssen fort aus der Stadt.«
    »Aber warum …?«, stotterte sie.
    »Das erkläre ich dir später.«
    Sie liefen den Gang entlang, in dem der Wärter schlief, den umgekippten Becher neben sich. Christoph schloss die Tür zur Brücke mit einem riesigen Schlüssel auf. Während sie über den Steg mit seinen durchbrochenen weißen Mauern hasteten, sah Celina einen Teil der Lagune silbrig schimmernd im Mondlicht liegen. Christoph schloss eine weitere Tür auf. Celina prallte zurück: Es war die Folterkammer;ein Gerät sprang ihr ins Auge, an dem die Gefangenen an den Händen aufgehängt wurden, um Geständnisse zu erpressen. Es sah aus wie ein Flaschenzug. Auch Daumenschrauben und eine Eiserne Jungfrau standen in dem Raum. Durch den Bussola - , den Kompass-Saal gelangten sie in di e Sala dei Tre Capi, den Amtsraum der Vorsitzenden des großen Rates. Er war mit edlem, in verschiedenen Farben leuchtendem Holz ausgelegt und von einem Balkon auf halber Höhe beherrscht. Über eine Treppe rannten sie in den ersten Stock, über eine weitere gelangten sie in den Innenhof und schließlich über die Scala dei Giganti, eine Marmortreppe, und durch die Porta della Carta auf den Markusplatz. Alles war ruhig, nur ein paar Tauben gurrten verschlafen. Celina blickte unwillkürlich zur Markuskirche hinüber.
    »Komm«, sagte Christoph und zog sie zu den Arkaden an der Ostseite des Palastes. An der Ecke der Ponte della Paglia stand die weißglänzende Statue des trunkenen Noah. Er schien Celina im Vorbeilaufen zuzuzwinkern. Ein Boot mit einem schweigsamen Ruderer brachte sie durch den Canale Grande hindurch in die Lagune. Die Serenissima versank im Dunst des Meeres.
    »Wohin fahren wir?«, fragte Celina, während das Wasser gleichmäßig an den Rumpf des Bootes schlug. Ganz in der Nähe quakte eine Ente. Der Halbmond warf seine zitternde Bahn auf das schwarze Wasser.
    »Zu einer unbewohnten Insel«, antwortete Christoph. »Dort gibt es eine Hütte, in der ein Klausner gewohnt hat. Er ist kürzlich gestorben. Hab keine Angst!« Er deutete auf den Ruderer. »Der Mann ist taubstumm und hat ein gutes Geld bekommen. Er wird uns nicht verraten.«
    »Wie bist du mir auf die Spur gekommen? Woher wusstest du, dass ich im Dogenpalast bin?«
    »Wir haben dich schon seit dem Mittag gesucht. GegenAbend fand ich dein Tuch an dem Pfahl. Auf dem Markusplatz habe ich herumgefragt. Ein Händler erinnerte sich daran, dass zu später Stunde eine verhüllte Gestalt in den Palast hineingeführt wurde.«
    Nach etwa einer halben Stunde legte das Boot an der Insel an. Der Ruderer zog es halb an Land und setzte sich wartend hin. Christoph führte Celina zwischen ein paar Krüppelweiden hindurch. Der Pfad war undeutlich im Mondlicht zu erkennen. Auf einer kleinen Anhöhe, umgeben von Bäumen, stand die Hütte des Klausners. Ein Bach floss an der Hütte vorbei.
    »Brinello hat mir den Hinweis gegeben«, sagte Christoph. »Du findest darin alles, was du brauchst. Gedörrtes Fleisch, Brot, Wein, sogar eine Angel. Der Mann, der hier gewohnt hat, war keiner von denen, die ihr Leben nur mit Beten und Fasten zubringen.«
    »Hast du von dem neuerlichen Todesfall gehört?«
    »Solche

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