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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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aufgeräumt miteinander redeten. Die Letzte der fünf, ebenfalls mittleren Alters, war hager, hatte schwarze Haare und bewegte die Hände heftig beim Sprechen.
    »Woher kommt ihr beiden?«, wandte sich die Schwarzhaarige an Celina und Andriana.
    Celina wollte nicht zu vertrauensselig sein, deshalb wartete sie ab, wie Andriana sich verhalten würde.
    »Wir kommen aus Venedig«, sagte Andriana. »Und machen eine Wallfahrt zum Heiligen Vater in Rom. Wir wollen Vergebung für unsere Sünden erlangen. In welcher Mission seid ihr unterwegs?«
    »Wir alle wollen Papst Pius IV sehen, um uns von ihm segnen zu lassen«, sagte die Schwarzhaarige.
    »Du bist eine von den Kurtisanen, nicht wahr?«, meinte die andere ältere Frau, indem sie sich an Andriana wandte. »Schaust auf uns herunter, nicht wahr?«, geiferte sie. »Schön, jung, reich, gebildet, na, was ihr so Bildung nennt, und unsereiner, was hat der vom Leben? Als Trosshure bin ich von Spanien hergekommen, und da haben sie mich einfach weggejagt. Hier in Ferrara können sie ja an jeder Ecke ein Mädchen haben.«
    Die beiden jungen Mädchen kicherten verlegen.
    »Ja, schaut sie an, die kleinen Dinger«, redete die Trosshure weiter. »Denen ist das gleiche Schicksal beschieden. Meint ihr, aus denen wird was werden? In Rom wird sie sich der Erstbeste schnappen und sie für sich arbeiten lassen.«
    »Wir sind als Pilgerinnen nach Rom unterwegs, im Auftrag unseres Klosters in Venedig«, wagte eines der Mädchen schüchtern einzuwenden.
    »Unschuld schützt nicht vor Unmoral«, sagte die Frau entschieden und blickte sich triumphierend am Tisch um.
    »Jetzt lass sie doch, Gratiosa«, warf die Schwarzhaarige ein. »Meinst du denn, mein Los sei das bessere? Ich bin unehelich geboren, mit meiner Mutter, einer Prostituierten, auf Jahrmärkten herumgezogen, habe eine Zeitlang in demselben Gewerbe gearbeitet und verdiene mir jetzt mit Wahrsagerei ein paar Scudi jeden Tag. Davon kann ich nicht leben noch sterben. In Rom verspreche ich mir bessere Verdienstmöglichkeiten, weil Pilger von überall dorthin kommen.«
    »Das ist immer noch ehrbarer als mein Stand, Zuona«, beharrte Gratiosa. »Und so ›ehrbar‹ wie diese Dame kann sich keine von uns nennen.«
    »Nun reiß deinen Mund nicht zu weit auf, Gratiosa«, sagte Andriana lächelnd. »Für uns Kurtisanen ist es vorbei mit dem herrlichen Leben. Ihr seht mich hier auf einer Wallfahrt, die mir als Strafe auferlegt wurde, weil ich mich weigerte, den gelben Schleier zu nehmen. Und meine Freundin hier ist auf der Flucht vor der Signoria.«
    Staunend sahen die Frauen zu Celina herüber.
    »Was hat sie denn verbrochen?«, wollte Zuona wissen.
    »Ich habe meine Eltern, mein Hab und Gut verloren und wurde in ein Kloster gesteckt«, antwortete Celina. »Dort habe ich vieles gesehen, was den Klöstern sicher nicht zur Ehre gereicht.«
    »Und warum verfolgt man dich?«, ließ sich die andere der Nonnen vernehmen.
    »Es gab ein paar merkwürdige Todesfälle. Zusammen mit Freunden versuchte ich dahinterzukommen, wer diese Todesfälle zu verantworten hat. Dabei bin ich wohl irgendwem zu nahe gekommen. Später bin ich aus dem Kloster geflohen.«
    Von den geheimen Umtrieben des Verlegers, von Hans und Christoph wollte sie lieber nicht berichten. Wahrscheinlich jedoch waren diese Frauen gute Katholikinnen,sonst hätten sie sich nicht auf eine solch mühselige Pilgerreise begeben.
    »Warum seid ihr beide weg von eurem Kloster?«, fragte sie die jungen Nonnen. »Ihr setzt euch damit einer großen Gefahr aus.«
    »Sie reisen mit uns, da kann ihnen nicht viel passieren«, antwortete Gratiosa für sie. »Und auch ihr könnt euch uns anschließen, Andriana und Celina. Auf zwei mehr oder weniger kommt es nicht an. Bei uns wird alles geteilt.«
    Der Wirt brachte eine neue Lage mit Wein, und die Frauen griffen zu.
    »Danke für das Angebot, aber wir können uns selber schützen«, brachte Celina schnell heraus.
    Andriana nickte ihr zu. »Es war schön, eure Bekanntschaft zu machen. Aber jetzt müssen wir schlafen gehen. Morgen wird wieder ein beschwerlicher Reisetag werden.«

19.
    Einige Tage, nachdem Celina abgereist war, brachte Brinello Christoph einen Brief, den ein Bote dem Direktor des Fondaco dei Tedeschi ausgehändigt hatte.
    »Er ist vom Sekretär des Bischofs von Würzburg«, sagte der Verleger. »Hoffentlich sind es keine schlechten Nachrichten.«
    Christoph wurde es flau im Magen. Hastig erbrach er das Siegel und las.
    An den Ziehsohn des

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