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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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an.
    »Ich habe erfahren, dass es anderswo genauso zugeht wie hier in Venedig«, erwiderte sie. »In Rom wird Geld gesammelt für den Kirchenbau, die gesamte Kurie hält sich Geliebte, und es wird geschlemmt und gefeiert wie bei uns.«
    »Hast du nichts erreicht beim Kardinal?«, wollte Christoph wissen.
    »Ich habe einen Brief von ihm bekommen, den aber der Papst nicht abgesegnet hat. Ferner habe ich erfahren, dass sich meine Verwandten den Besitz meiner Eltern widerrechtlich angeeignet haben. Und auf der Rückreise von Ostia nach Genua erzählte mir ein Kapitän, dass es zu der Zeit, als meine Eltern mit dem Schiff unterwegs waren, keinen Sturm in der Adria gegeben hat. Möglicherweise sind sie gar nicht tot.«
    »Das ist aber eine ganze Menge, die du erfahren hast«, warf Hans ein. »Ich würde sagen, diese Reise war nicht umsonst!«
    Celina nahm ein Stück Brot und Käse.
    »Wie ist es denn euch ergangen? Was ist aus den Büchern geworden? Wolltest du nicht noch einmal ins Heilige Römische Reich zurückkehren, Christoph?«
    Christoph zuckte bei ihren Worten zusammen.
    »Ich erinnere mich ungern daran«, gab er zur Antwort. Er fuhr sich durch die Haare. »Wie beim ersten Mal hatte ich mich einer Gruppe von Rottfahrern angeschlossen. In den Tälern war zwar der Frühling schon hereingebrochen, aber auf den Hängen und Pässen lag der Schnee noch mannshoch. Auf den Twären, den Hängebrücken über die Abgründe, und im Eis der Gletscher verloren wir einige der Lasttiere und der Männer.« Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
    »Was fandest du im deutschen Reich vor?«, fragte Celina.
    »Nach dem Tod meines Vaters war die Stimmung denkbar schlecht. Einige waren hingerichtet worden, andere konnten wir freikaufen. Ich habe die drei Adligen aufgesucht, die an dem Tag bei uns waren, bevor ich meine Reise nach Venedig antrat, und hatte eine lange Unterredung mit ihnen. Sie baten mich darum, nicht aufzugeben, und führten mich zu Reinhards Grab. Da konnte ich Abschied von ihm nehmen. Die drei Freunde wollen später, wenn sich alles wieder beruhigt hat, mit den anderen Überlebenden nach Paris gehen.«
    »Es tut mir so leid, Christoph«, sagte Celina. »Aber ich bin froh, dass du gesund zurückgekehrt bist!«
    »Ich habe mir oft Gedanken über die Gefahren gemacht, in denen ihr beiden Frauen geschwebt haben musstet. Ist euch wirklich nichts geschehen?«
    »Wir haben uns um euch gesorgt«, bekräftigte Brinello.
    »In den Bergen war mir manches Mal ängstlich zumute«, antwortete Celina auf Christophs Frage. »Aber Andriana hat mir Mut gemacht. Sie erzählte mir, dass es zwar viele Vergewaltigungen von alleinreisenden Frauen gibt, aber sie kannte die weniger gefährlichen Routen. Abseits der ausgewiesenenPilgerwege ist es sicherer, so widersprüchlich das auch klingt.«
    »Du hast nach den Büchern gefragt, Celina«, mischte sich Brinello ein. »Die haben wir an einen Platz gebracht, wo wir auch unsere Versammlungen abhalten. Bis dorthin reicht der Arm der Signoria nicht.«
    »Es ist so viel, was es zu besprechen gibt«, meinte Celina. »Aber eins muss ich noch wissen, bevor ich mich zu Bett begebe: Wie steht es um die toten Mädchen, wie ist überhaupt die Stimmung in der Stadt?«
    »Es wird kaum noch darüber gesprochen«, meldete sich Hans zu Wort. »Und wenn, dann hinter vorgehaltener Hand. Man sieht kaum noch junge Mädchen oder Nonnen auf den Straßen. Es herrscht eine Atmosphäre der Angst.«
    »Ich habe vom Kardinal in Rom die Adresse eines Abtes bekommen, Murare ist sein Name. Den möchte ich demnächst aufsuchen.«
    »Murare ist auf einer Pilgerfahrt, er wird erst in den nächsten Tagen, zum Beginn des Sensa-Festes, zurückkommen«, versetzte Hans.
    »Woher weißt du das?«
    »Immuti, mein Onkel, hat es mir gesagt.«
    »Ich kann aber nicht untätig herumsitzen, derweil immer noch der Mörder dieser Mädchen herumläuft!«, begehrte sie auf.
    »Als Erstes sollten wir einmal die Frage deines Standes klären«, stellte Brinello fest. »Ob dich dieser Kardinalsbrief nun rehabilitiert oder nicht.«
    »Ich werde morgen zu Immuti gehen«, versprach Hans.
    Hans hatte seine Beziehungen beim Zehnerrat spielen lassen und brachte ihnen die Adressen der toten Nonnen. Der zuständige Mann des Zehnerrates wollte den Kardinalsbrief nicht anerkennen, doch dank des Einflusses, denImmuti ausübte, gab der Doge höchstpersönlich seinen Segen dazu. Celina war nun frei und keinem Kloster mehr verpflichtet. Am selben Tag noch

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