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Die Nordischen Sagen

Die Nordischen Sagen

Titel: Die Nordischen Sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Neuschaefer
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ich deine Abenteuer zwar nicht gutheiße, doch weitaus Besseres zu tun habe, als dich eifersüchtig zu überwachen. Ich bin die Hüterin der Familie, die Beschützerin der Kinder. Das gilt für meine Söhne, das gilt aber auch für alle anderen. Daher, Odin, tu, wasdu willst, aber versuche nicht noch einmal, mich mit dieser lächerlichen Maskerade zu täuschen.«
    Damit setzte Frigg ihren Weg fort, und Odin blieb allein als Adler auf der Burgmauer zurück. Seit jenem Tag aber begegnete er Frigg nur noch in seiner göttlichen Gestalt. Odin verspürte auch lange Zeit kein Verlangen mehr nach anderen Frauen, und so vertrieb er sich die Nachmittage damit, zwei mutterlose Wolfswelpen aufzuziehen. Thor hatte sie von einer seiner Fahrten nach Jötunheim mitgebracht und seinem Vater geschenkt. Odin liebte die Tiere. Sie wuchsen schnell heran und waren bald so groß wie Rinder. Und da sie ständig hungrig waren, gab Odin ihnen die Namen Geri, der Gierige, und Freki, der Gefräßige. Sie wichen nicht von seiner Seite, und wenn Odin schlechte Laune hatte, waren sie die Einzigen, deren Gegenwart er duldete.
    In Asgard wuchs der Wohlstand. Immer neue Paläste glänzten im Licht, und die Götter trugen immer prachtvollere Gewänder und den kostbarsten Schmuck aus den Werkstätten der Zwerge. Keine Sorgen trübten das Leben in der obersten Welt, und die Götter wurden noch träger und noch streitsüchtiger. Wenn sie sich abends wie gewöhnlich in Odins großer Festhalle Walhall trafen, dann unterschied sie in ihrem Benehmen kaum noch etwas von den Riesen. Sie verschlangen ganze Berge von Fleisch und Brot. Was ihnen nicht schmeckte, spuckten sie aus, und was übrig war, kippten sie unter den Tisch. Dazu tranken sie starken Wein und grölten Lieder, bis sie besoffen vom Stuhl kippten. Häufig kam es bei diesenFestessen auch zum Streit, der manchmal sogar in einer Schlägerei endete.
    Frigg sah all das mit großem Missfallen, und eines Tages stellte sie Odin zur Rede. »Ich denke, wir sollten heute Abend Gäste zum Essen einladen.«
    Odin, der gerade dabei war, das Fell seiner Wölfe nach Ungeziefer abzusuchen, hörte ihr gar nicht richtig zu.
    »Warum laden wir nicht die Vanen ein. Immerhin sind sie Götter wie wir.«
    »Die Vanen?« Odin war so überrascht, dass er Freki etwas Fell ausriss und der Wolf aufjaulte. »Was haben wir denn mit denen zu schaffen?«
    »Es sind immerhin unsere Nachbarn«, sagte Frigg und sah Odin herausfordernd an.
    »Ja, aber ... die Vanen. Das ist kein Kriegergeschlecht. Sie gelten nichts.« Bereits während Odin die letzten Worte aussprach, wusste er, dass er verloren hatte.
    »Fruchtbarkeitsgötter sind sie«, fuhr Frigg mit sanfter Stimme fort, während ihr Blick so hart wurde wie Zwergenstahl. »Und die Fruchtbarkeit ist uns doch allen sehr wichtig, nicht wahr, mein Gemahl?«
    Odin fiel nichts mehr ein, was er hätte erwidern können, und so brach kurz darauf ein Bote nach Vanaheim auf, um die Einladung zum gemeinsamen Festmahl in Asgard zu überbringen.
    Als es Abend wurde, erschienen einige Abgesandte der Vanen. Der Meeresgott Njörd, der Edelste der Vanen, kam mit seiner Gemahlin, der Berggöttin Skadi, und ihren beiden Kindern, den Zwillingen Freyja und Freyr.
    Frigg hieß die Gäste herzlich willkommen, und auchdie anderen Asen nahmen die friedfertigen Nachbarn aus dem kleineren Vanaheim freundlich auf. Gemeinsam setzten sie sich in Walhall zum Mahl, und sogar Odins Laune besserte sich, als er die Frühlingsgöttin Freyja erblickte. Obwohl sie so unschuldig und zerbrechlich wirkte wie ein Mädchen, war sie die Einzige, die bewaffnet gekommen war. Ihr Humor war so derb wie der eines Mannes, und sie trank doppelt so viel Wein wie ihr Bruder Freyr.
    »Man sollte nicht meinen, dass du der Herr über den Regen bist«, rief Freyja und lachte Freyr zu. »Pass nur auf, dass du nicht vertrocknest, sonst wirst du nie wieder eine Pflanze zum Wachsen bringen.« Und schon schenkte sie sich nach. Obwohl sie ein Trinkhorn nach dem anderen leerte, merkte man ihr den Alkohol nicht an. Freyja strahlte und leuchtete heller als der Lichtgott Balder, und es mag sein, dass sich an diesem Abend alle Asengötter ein wenig in die kleine Vanin verliebten.
    »Warum haben wir uns eigentlich nicht schon längst getroffen?«, sagte Odin zu Njörd, während er nach seinem Teller griff, um die Fleischreste unter den Tisch zu kippen.
    »Es war unser Fehler«, entgegnete Njörd mit seiner sanften Stimme, »wir sind das ältere

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