Die Normannen
große Verluste erlitten hatte, von York in Eilmärschen nach Süden zu führen. Am 6. Oktober kam er in London an, wo er fünf Tage Halt machte und seine Truppen unter großem Zeitdruck verstärkte. Dann rückte er nach Hastings vor und bezog dort am Abend des 13. Oktober auf einem Hügel (später Battle Hill genannt) Stellung. Um den Normannen möglichst rasch entgegenzutreten, hatte Harald einen beachtlichen Teil seiner Bogenschützen, die beim Sieg von Stamford Bridge eine wichtige Rolle gespielt hatten, im Norden zurückgelassen und auf zusätzliche lokale angelsächsische Heeresaufgebote verzichtet.
Zahlenmäßig scheinen die Heere, die in der Schlacht von Hastings am 14. Oktober 1066 aufeinandertrafen, etwa gleich stark gewesen zu sein: vermutlich 7000 Soldaten auf beiden Seiten. Im Unterschied zu Haralds Truppen, die sich noch nicht von den Strapazen der Eilmärsche erholt hatten, ging das normannische Heer, in dem sich Kontingente von Bretonen und Flamen befanden, ausgeruht in den Kampf. Während die Angelsachsen auf traditionelle Weise zu Fuß mit Streitäxten und Speeren kämpften, setzte Wilhelm neben Infanterie und Bogenschützen auch circa 2000 schwer bewaffnete Ritter ein. Diesen Unterschied sieht man auch auf dem sogenannten Teppich von Bayeux. Es handelt sich um einen von Wilhelms Halbbruder, Bischof Odo von Bayeux, in Auftrag gegebenen Wandbehang für die dortige Kathedrale, auf dem die Vorgeschichte und der Verlauf der normannischen Eroberung Englands in Bildern dargestellt sind, die mit Beischriften erläutert werden (ähnlich einem modernen Comicstrip).
Die normannischen Ritter trugen ein bis über die Knie reichendes, aus Messingringen geknüpftes Kettenhemd (aus Platten geschmiedete Harnische kamen erst im späten Mittelalter auf) und einen Helm mit Nasenschutz, der Augen und Mund frei ließ (sogenannte Kübelhelme, die den ganzen Kopf einschlossen, gab es erst ab dem 13. Jahrhundert). Sie schützten sich weiter mit einem nach unten spitz zulaufenden mandelförmigen Schild. Für den Fall, dass sie zu Fuß kämpfen mussten, trugen sie ein Schwert. Hauptsächlich benutzten sie Lanzen, die wie Speere geschleudert werden konnten; wirksamer waren sie jedoch, wenn sie unter dem Arm eingelegt wurden. Auf diese Weise konnte der Ritter die Stoßkraft der Lanze in einem Punkt auf den Gegner konzentrieren. Diese im 11. Jahrhundert neue Technik setzte voraus, dass er fest im Sattel saß; dies wurde durch lange Steigbügel erreicht und durch Stützen, die vorne und hinten am Sattel angebracht waren.
Der Ausgang der Schlacht von Hastings war anfangs ungewiss: Den Normannen gelang es nicht, die dicht geschlossenen Reihen der Angelsachsen zu durchbrechen. Erst als Harald von einem Pfeil tödlich verwundet wurde, gewannen sie die Oberhand.
2. Das anglo-normannische Königreich
Der Aufbau Die Schlacht von Hastings war nicht nur wegen des Siegs der Normannen bedeutend, sondern auch deshalb, weil in ihr neben vielen angelsächsischen Adligen König Harald und zwei seiner Brüder den Tod fanden. Dadurch fehlten den Angelsachsen Anführer, die einen wirksamen Widerstand gegen die normannischen Eroberer hätten organisieren können. Wilhelm, den die Nachwelt mit Caesar verglich, weil er wie dieser den Sprung über den Kanal mit Erfolg gewagt hatte, verwüstete in den folgenden Wochen den Süden Englands. Bald unterwarfen sich die Stadt London sowie der angelsächsische Episkopat und Adel, der Geiseln stellen musste. Das englische Dreikönigsjahr 1066, das mit dem Tod König Eduards und der Nachfolge König Haralds begonnen hatte, endete mit der Krönung Wilhelms des Eroberers am Weihnachtstag.
Der normannische Eroberer legte Wert darauf, von der gesamten Bevölkerung als legitimer Nachfolger der angelsächsischen Herrscher anerkannt zu werden. Bei der Krönungszeremonie in der Westminster Abbey ließ er sich von Angelsachsen und Normannen jeweils in ihrer Sprache akklamieren. Zur nachträglichen Legitimation diente auch der bereits erwähnte Wandteppich von Bayeux, auf dem die Niederlage und der Tod König Haralds als Strafe Gottes dargestellt wurde, da er seinen Schwur, den von König Eduard ausgewählten Nachfolger Wilhelm anzuerkennen, gebrochen hatte. Die Angelsachsen sahen das natürlich anders. Doch wie so oft in der Geschichte setzte sich die Version des Siegers durch.
In wenigen Jahren konnte Wilhelm den Widerstand des einheimischen Adels, der von den Königen von Schottland und Dänemark
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