Die Normannen
unterstützt wurde, brechen. England wurde mit einem Netz von Burgen überzogen, teils in der traditionellen Form der Motten, teils mit hölzernen oder steinernen Turmanlagen. Um 1100 sollen bereits circa 5000 solcher Befestigungen existiert haben. Sie ermöglichten es dem normannischen Adel, zu dem auch eingewanderte Bretonen, Flamen und Nordfranzosen gezählt wurden, das Land zu kontrollieren. Nach dem Friedenvon Abernethy, in dem sich König Malcolm III. von Schottland dem Eroberer unterwarf und 1072 einen Treueid schwor, wurde die normannische Eroberung Englands nicht mehr in Frage gestellt. Es kam nun zu einem regelrechten Elitenaustausch: Die einheimischen Angelsachsen wurden fast vollständig aus dem Adel entfernt, und mit Unterstützung päpstlicher Legaten wurden die höchsten Ämter der englischen Landeskirche mit aus Nordfrankreich stammenden Personen besetzt.
Die Normannen eroberten ein Königreich, das eine für die damalige Zeit sehr effiziente Verwaltung besaß: Das Land war in Grafschaften unterteilt, in denen meist aus dem lokalen Adel stammende
sheriffs
als Vertreter des Königs fungierten. Die zentrale Institution des Königreichs war, wie anderswo im hochmittelalterlichen Europa auch, der aus der Umgebung des Herrschers bestehende Hof. Er folgte dem König, der ständig unterwegs war, als eine Art bewegliches Entscheidungs- und Verwaltungszentrum. Ein Charakteristikum der angelsächsischen Verwaltung war der für diese Zeit hohe Grad an Schriftlichkeit: Mithilfe einfacher, in altenglischer Sprache verfasster und besiegelter Schreiben, sogenannter
writs
, wandte sich der König direkt an lokale Amtsträger und andere Personen. Bemerkenswert sind die hohen Geldeinkünfte der englischen Krone in einer Epoche, in der sonst die Abgaben noch vorwiegend in Naturalien entrichtet wurden.
Obwohl auch das normannische Herzogtum über gute Verwaltungsstrukturen verfügte, war es nicht einfach, England und die Normandie gemeinsam zu regieren. Um seine Macht aufrechtzuerhalten, musste ein Herrscher persönliche Präsenz zeigen. Längere Abwesenheiten konnten Aufstände erleichtern, was Wilhelm der Eroberer mehrfach erfahren musste: Wenn er sich zu lange in England aufhielt, geriet die Lage in der Normandie außer Kontrolle und umgekehrt.
Seinem ältesten Sohn Robert, wegen seiner geringen Körpergröße Kurzhose genannt, übertrug Wilhelm die Herrschaft über die im Süden an die Normandie angrenzende Grafschaft Maine und schließlich auch über die Normandie. Doch Robert konnte sich ohne die Unterstützung seines Vaters nicht durchsetzen.Zudem lehnte er sich mehrfach gegen diesen auf, wobei er vom inzwischen volljährigen französischen König Philipp I. (gest. 1108) unterstützt wurde. Dem französischen König musste daran gelegen sein, den anglo-normannischen Herrscher in die Schranken zu weisen; er selbst herrschte nämlich nur über die relativ kleine Krondomäne zwischen Paris und Orléans, während er sich in anderen Gebieten Frankreichs damit begnügen musste, dass seine Oberhoheit formal anerkannt wurde. Es gelang Wilhelm zwar, einen letzten größeren Aufstand in England im Jahre 1075 niederzuschlagen, in der Normandie erlitt er jedoch 1079 eine empfindliche Niederlage gegen Robert und Philipp.
Der Konflikt mit seinem Sohn sowie gleichzeitige Angriffe des schottischen Königs Malcolm auf England schwächten die Stellung Wilhelms des Eroberers. Hinzu kamen Angriffe des mit dem französischen König verbündeten Grafen Fulco IV. von Anjou auf die Normandie. Im Jahre 1085 bereiteten Knut von Dänemark und Robert von Flandern sogar eine Invasion Englands vor; sie wurde allerdings nicht in die Tat umgesetzt. Erst 1087 konnte Wilhelm wieder in der Normandie eingreifen, wurde aber bei Kämpfen gegen den französischen König verwundet und starb kurz darauf in Rouen.
Im Jahr zuvor (1086) hatte Wilhelm eine umfassende, detaillierte Aufstellung der Besitzverhältnisse im Königreich England anlegen lassen. Sie wurde als so ungewöhnlich empfunden, dass man sie später
Domesday Book
(Buch des Jüngsten Gerichts) nannte. Dieses eindrucksvolle Zeugnis ermöglichte dem Herrscher eine genaue Kenntnis seiner materiellen Ressourcen. Dem modernen Historiker bietet es die Möglichkeit, für England bereits verhältnismäßig früh (im Vergleich zu anderen europäischen Monarchien) konkrete Angaben über Besitzverhältnisse und Bevölkerungszahlen in der Hand zu haben: Den rund 1 bis 1,5 Millionen
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