Die Normannen
Harald Hardrada, König von Norwegen. Er machte geltend, dass Eduards Vorgänger Harthaknut seinen Vater, Magnus von Norwegen, zum Erben eingesetzt habe. Beide rüsteten ein Heer aus und bereiteten sich auf die Invasion Englands vor. Damit befand sich der neue englische König in einer Zwickmühle: Er musste mit Angriffen aus zwei Richtungen rechnen, einem normannischen aus dem Süden und einem norwegischen aus dem Nordosten.
Harald fürchtete zunächst eine Invasion aus der Normandie. Er vermutete, dass Herzog Wilhelm vom nördlich von Caen an der Mündung der Orne gelegenen Hafen Dives-sur-Mer auf direktem Wege nach England segeln würde. Daher verlegte er seine Flotte in die Nähe der Insel Wight, um hier die normannischen Schiffe aufzuhalten. Harald ließ außerdem die englischeKüste von einem lokalen angelsächsischen Heeresaufgebot bewachen. Doch von Mai bis August 1066 wartete er vergeblich. Als die Normannen immer noch nicht zu sehen waren, entließ er am 8. September die lokalen Soldaten, damit sie die Ernte einbringen konnten. Seine Flotte, die Instandsetzungsarbeiten nötig hatte, ließ er in die Themse einlaufen.
Harald selbst begab sich mit seiner Elitetruppe, den
housecarls
, nach London. Hier erreichte ihn die Nachricht, der norwegische König, dem sich Haralds Bruder Tostig angeschlossen hatte, sei dabei, den Norden Englands anzugreifen. Harald stellte hastig ein Heer auf und führte es in Eilmärschen dorthin. Doch er kam zu spät und konnte nicht verhindern, dass die skandinavischen Invasoren am 20. September einen bedeutenden Sieg über die dort stationierten angelsächsischen Truppen errangen. Wenige Tage später, am 25. September 1066, hatte er mehr Glück: Bei Stamford Bridge (Yorkshire) gewann er eine blutige Schlacht, in der der norwegische König den Tod fand.
Indessen war die Südküste Englands ungeschützt: für Wilhelm die Gelegenheit, auf die er gewartet hatte. Der Normannenherzog hatte in den vergangenen Monaten nicht nur eine große Flotte und ein mächtiges Heer ausgerüstet. Er hatte sich auch um die Anerkennung seiner Ansprüche bei den höchsten weltlichen und geistlichen Autoritäten des damaligen Europa bemüht: zum einen beim römisch-deutschen und beim dänischen Königshof – der französische Hof spielte keine Rolle, denn der minderjährige König Philipp I. (geb. 1052) stand noch unter der Vormundschaft von Wilhelms Schwiegervater, Graf Balduin V. von Flandern; zum anderen beim Papst als der höchsten geistlichen Autorität der Christenheit. Papst Alexander II., ein Förderer der Kirchenreform, der stark unter dem Einfluss Hildebrands von Soana, des späteren Gregor VII., stand, gewährte Wilhelm die erwünschte Legitimation des Unternehmens und schickte ihm als symbolträchtiges Zeichen eine päpstliche Fahne. Da Fahnen auch bei der Einsetzung von Vasallen vergeben wurden, versuchten spätere Päpste, daraus eine lehnsherrschaftliche Oberhoheit über das Königreich England abzuleiten.
Wilhelm bereitete die normannische Invasion Englands, die auch eine logistische Herausforderung darstellte, sorgfältig vor. Er ließ eine Flotte bauen, Pferde, Waffen und Proviant besorgen sowie zur Verstärkung seines Heeres Soldaten aus anderen Gebieten Nordfrankreichs und Flandern anwerben. Während der englische König vergeblich auf der Insel Wight auf ihn wartete, zog Wilhelm mit seinen Soldaten und Schiffen im August von Dives-sur-Mer langsam an der Küste entlang nach Nordosten. Unterwegs verstärkte er die Truppe mit Männern, Schiffen und Proviant aus der oberen Normandie und nutzte die Zeit, um seine Soldaten und besonders die Kavallerie für die bevorstehenden Kämpfe zu trainieren. Nach einem Aufenthalt in Fécamp ging es weiter nach Saint-Valéry-sur-Somme, das bereits außerhalb des Herzogtums lag (s. Karte vordere Umschlaginnenseite).
Wegen angeblich andauernder ungünstiger Winde schob der Herzog die Überfahrt nach England immer wieder hinaus. Erst als die Nachrichten von Haralds schweren Kämpfen in Nordengland eintrafen, drehte der Wind plötzlich (was für ein Zufall!), und die normannische Flotte konnte den Kanal zügig überqueren. Die Normannen landeten am 28. September bei Pevensy in Sussex, wo die Mönche von Fécamp, von denen mindestens einer an der Expedition teilnahm, über Besitz verfügten und sich gut auskannten. Am folgenden Tag zog man ostwärts nach Hastings.
König Harald war gezwungen, sein Heer, das in der Schlacht von Stamford Bridge
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