Die Normannen
Friedrich II., herrschte über ein Gebiet, das von der Nordsee bis zum Mittelmeer reichte. Doch der Widerstand des Papsttums, das sich territorial eingeschlossen fühlte, führte schließlich 1268 zum Untergang der Staufer.
Die Geschichte der Normannen ist voll von Verwandlungen: Aus skandinavischen Piraten wurden normannische Ritter, aus dem normannischen Herzog Wilhelm dem Bastard der englische König Wilhelm der Eroberer, aus nach Italien emigrierten Söhnen des kleinen normannischen Adligen Tankred von Hauteville Grafen und Herzöge, aus seinen Enkeln Fürsten und Könige. Andere normannische Abenteurer waren weniger erfolgreich und hinterließen kaum Spuren.
Das Buch beschreibt zunächst die Entstehung der Normannen und der Normandie (Kap. I), anschließend die normannische Eroberung Englands und ihre Folgen (Kap. II) sowie die normannische Expansion im Mittelmeerraum (Kap. III). Neben den politischen Ereignissen und ihren weitreichenden Folgen geht es auch um Fragen der Akkulturation und Integration; sie sind heute, im 21. Jahrhundert, in einer immer globaler werdenden Welt, die von Migrationen und Kontakten beziehungsweise Konflikten zwischen verschiedenen Religionen und Kulturen geprägt wird, von neuer Aktualität: Wie verhielten sich die normannischen Einwanderer und Eroberer in ihrer neuen Umgebung? Wie reagierten die Einheimischen auf die fremde Sprache, Religion und Kultur der normannischen Migranten?
Moderne Historiker haben die Erfolge der Normannen vor allem mit ihrer Anpassungsfähigkeit erklärt. Wie ihre Integration vor sich ging und welche Folgen sie für die Identität der normannischen Einwanderer hatte, ist ein schwieriges, aber wichtiges Thema, um das es in einem Epilog gehen wird.
I. Die Entstehung einer Region und eines Volkes
1. Normandie und Normannen
Die Normandie hat ihren Namen von den Wikingern («Nordmannen»), die sich im 9.–10. Jahrhundert zwischen Seine und Loire niederließen. Aus dem von ihnen beherrschten Gebiet ging das Herzogtum Normandie hervor. Es hatte, wenn man von der Nordsee im Norden absieht, keine natürlichen Grenzen. Die Westgrenze zur Bretagne und die Ostgrenze zur Picardie waren fließend; die südliche Abgrenzung gegenüber den Grafschaften Maine und Perche war umstritten (s. Karte vordere Umschlaginnenseite). Politisch gehörte dieses Gebiet zum westfränkischen Königreich, das aus der Teilung des von Karl dem Großen (gest. 814) geschaffenen fränkisch-römischen Kaiserreichs hervorgegangen war. Einer der Gründe für den Zerfall des karolingischen Großreichs waren die Einfälle der Wikinger gewesen, die seit dem Ende des 8. Jahrhunderts ganz Europa heimgesucht hatten.
Wikinger im Frankenreich Die Ursachen der skandinavischen Expansion, die als eine «späte Phase der Völkerwanderungszeit» angesehen wird (Simek), waren komplexer Natur. Es ist umstritten, ob Überbevölkerung und Mangel an Land für Ackerbau und Viehzucht die Hauptursache waren oder ob nicht eher Abenteuerlust und Freiheitsdrang die Wikinger dazu bewogen, ihre Heimat zu verlassen. Skandinavische Auswanderungswellen gab es schon früher: Bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. brachen die Kimbern und Teutonen von Jütland auf und drangen in das Römische Reich ein. Die skandinavischen Migrationen nahmen aber eine neue Dimension an, nachdem die Wikinger zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert seetüchtige, schnelle und flachkielige Segelschiffe entwickelt hatten, die es ihnen ermöglichten, längere Distanzen zu bewältigen. So erreichten sie Island (850/70), das Mittelmeer (859), Grönland (930/40) unddie Ostküste Kanadas (um 1000). Auf Booten, die mittels Rollen über Land transportiert werden konnten, fuhren sie die Flüsse Dnjepr und Wolga hinauf: Über das Schwarze Meer gelangten sie nach Konstantinopel, über das Kaspische Meer bis nach Persien. Im Norden verbanden sie räuberische Überfälle mit Ackerbau und Viehzucht, im Osten Piraterie mit Handel und Söldnerdiensten.
Seit 810 machten Wikinger die Nordseeküste unsicher. Mit ihren wendigen Schiffen segelten und ruderten sie ungehindert die Flüsse Loire, Seine, Maas, Rhein und Elbe hinauf: Sie plünderten Städte wie Nantes (834), Rouen (841), Paris (ab 845 mehrfach), Hamburg (845), Bremen (858) und Xanten (863). Die fränkischen Könige verfügten weder über eine Flotte noch über ein stehendes Heer und waren daher nicht in der Lage, eine wirksame Verteidigung zu organisieren. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die
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