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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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schließlich stand eine menschliche Seele auf dem Spiel. »Madeleine de Peyrolles, Ihr hattet ausreichend Zeit, Euer Gewissen zu prüfen. Ich hoffe, dass Ihr diese Zeit genutzt habt, um eingehend über Eure Lage nachzudenken.«
    Sie schwieg. Bösartigkeit strahlte von ihr ab wie Hitze von einem Feuer.
    »Wenn Ihr Eurer Häresie abschwört und freiwillig all Eure Sünden gesteht, vermögen wir Euch wieder in den Schoß der Heiligen Kirche aufzunehmen.«
    »Aber ich bin unschuldig.«
    »Ihr habt Hexerei getrieben und gotteslästerliche Gedanken geäußert. Schwört dem Teufel ab, damit Euch vergeben werden kann.«
    Ich bemerkte, dass sie ihren Blick auf Bruder Donadieu richtete. Was sollte ich nur mit ihr machen? Ich hatte nur den einen Wunsch – ihre Seele zu retten. Wenn sie gestand, würde ich Nachsicht walten lassen. Eine Pilgerreise nach Santiago de Compostela und an einige andere heilige Stätten, dazu sieben Jahre lang das gelbe Kreuz. Aber sie zog es vor, mich zu verspotten.
    »Ich kann kein Geständnis ablegen, wenn ich gar nichts verbrochen habe!«
    »Warum verharrt Ihr in Eurem Widerstand? Ich möchte Euch lediglich in die Arme der Kirche zurückführen!«
    »Ich habe die Arme der Kirche niemals verlassen«, entgegnete sie. »Ich habe nichts von dem getan, wessen Ihr mich beschuldigt.« Dann beschimpfte sie mich, schmähte mein Amt und stieß abscheuliche Drohungen und Verwünschungen gegen mich und die Kirche aus.
    Mein Bein schmerzte. Ich bemühte mich, es zu ignorieren und nickte dem Kerkermeister zu, wie wir es vorher besprochen hatten. Die Spanier haben ein Sprichwort: Wenn man seinen Willen nicht mit einem Segen bekommt, dann vielleicht mit einem großen Stock.
    Es gibt viele Stufen der Folter. Die erste besteht im Anblick der Instrumente. Häufig ist dies völlig ausreichend. Dieses Mädchen hatte es sich offenbar in den Kopf gesetzt, die heilsame Arznei zurückzuweisen, die wir ihm für seine kranke Seele boten. Und wie ein Arzt mit seinen Aderlässen und Purgativa mussten auch wir nun eine gewisse Mitleidslosigkeit an den Tag legen, um die Gesundung herbeizuführen.
    Ich hob einen Finger vom Tisch. Ganach packte Madeleine de Peyrolles Arme und schleifte sie aus der Wachstube.

MADELEINE
    Es war ihre Absicht, mich zu demütigen. Ich wurde eine enge Treppe hinuntergestoßen, in ein tief gelegenes Verlies, wo es nach Blut und Angst roch. Der Henker des Seigneurs wartete bereits auf mich. Sie hatten all das schon vorher geplant.
    Eine Fackel steckte in einer Halterung an der Wand und verbreitete flackerndes Licht. In der Mitte der Kammer stand die Folterbank. Das Holz war voller dunkler Flecken, über deren Herkunft ich lieber nicht nachdenken wollte.
    Der Henker trug eine schwarze Kapuze, damit ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Dafür roch ich seinen stinkenden Atem, als er sich zu meinem Ohr neigte und knurrte: »Bei einem mageren Ding wie dir … fünf oder sechs Drehungen, bis die Schulterknochen herausspringen.«
    Meine Knie gaben nach. Ganach hielt mich fest.
    »Ich habe hier schon Männer gehabt, die dreimal breiter waren als du. Sie denken alle, sie wären tapfer, bis ich anfange, die Winde zu drehen. Willst du es auch mal versuchen?«
    Ich glaubte, dass ich nun auf der Stelle gefoltert werden sollte, und spürte, wie mir der Harn heiß an den Innenseiten der Oberschenkel hinabrann. Ich fing an zu weinen.
    »Du wirst nicht lange durchhalten«, sagte der Henker.
    »Bist du nun bereit zu gestehen?«, zischte Ganach.
    Ich nickte stumm, denn meine Kehle war wie zugeschnürt.
    Er schleifte mich die Stufen hoch. Als wir wieder in die Wachstube traten, lächelte Vater Subillais mich an, als sei ich eine kluge, aber dickköpfige Schülerin, die durch eine ordentliche Tracht Prügel endlich zur Vernunft gekommen war. Meine Beine wollten mich nicht mehr tragen. Als der Kerkermeister mich losließ, sank ich zu Boden.
    Père Michel und der Notar konnten mir nicht in die Augen sehen. Bernard wirkte niedergeschlagen.
    Vater Subillais erhob sich von seinem Stuhl, stützte sich schwer auf seinen Stock und humpelte zu mir. Trotz der Kälte trug er Sandalen. Die Zehen seines verletzten Beines waren blau angelaufen und geschwollen. Sein Geruch ließ mich unwillkürlich zurückzucken. »Der Herr hat Euch nicht aufgegeben, Madeleine de Peyrolles, auch wenn Ihr ihn aufgegeben habt.« Er streckte mir seine Hand entgegen. An seinem kleinen Finger steckte ein großer Rubin. »Kommt zu mir und schwört der Häresie

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