Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
Vom Netzwerk:
kommen lassen müssen, damit er Guillaume bestattete.
    Ich warf einen Blick auf das schäbige Haus oder vielmehr auf die Hütte, in der Guillaume gewohnt hatte – ein bröckelnder Steinbau, an den seitlich ein Stall angebaut war. Die Tür stand offen. Ich zog den Kopf ein und trat ins Innere. Abermals schlug mir ein Übelkeit erregender Geruch entgegen. Ich sah mich um. Ein Tisch aus grob behauenem Holz und ein paar Schemel standen in der Mitte des Raumes. Guillaume beschäftigte eine Magd, doch es war offensichtlich, dass sie wenig Zeit damit verbrachte, das Haus zu säubern.
    Das Feuer war niedergebrannt. Ein kleiner Tisch lag umgestürzt auf dem Boden, daneben eine aufgeschlagene Bibel. Wenn es so etwas wie einen Kampf gegeben hatte, dann hatte er anscheinend hier begonnen.
    Der Seneschall war mir gefolgt. »Herrin, einige der Dorfbewohner sagen, sie hätten in der letzten Nacht das Hufgeklapper eines Pferdes gehört.«
    »Hat einer von ihnen irgendetwas gesehen?«
    »Nein, Herrin. Sie alle wagten sich vor Angst nicht aus ihren Hütten. Außerdem war es stockfinster.«
    Jemand auf einem Pferd … Das konnte kein Räuber gewesen sein, denn nur ein reicher Mann konnte sich ein Reitpferd leisten. Doch Guillaume war ein einfacher Priester. Er hatte nichts besessen, wofür ein ohnehin reicher Mann einen Mord begehen würde.
    »Die Leute sagen, dass hier der Teufel am Werk war«, berichtete der Seneschall.
    Das wunderte mich überhaupt nicht. Die einfachen Leute glaubten ja auch, dass der Teufel die Schuld daran trug, wenn ihre Hühner nicht genug Eier legten oder wenn ihnen selbst die Haare ausfielen. Natürlich machten sie lieber den Leibhaftigen für den Tod eines Geistlichen verantwortlich als einen reichen Adligen mit Schwert und Ross, der ihre Aussagen mit Hilfe anderer reicher Zeugen widerlegen und aus Rache ihre Häuser niederbrennen würde.
    Falls der Teufel diesen Mord begangen hatte, musste er ein Feigling sein. Wieso hatte er einen armen Pfarrer in Stucke gehackt, einen Inquisitor jedoch lediglich stolpern lassen? Ich kam zu dem Schluss, dass der Teufel wohl kaum der Schuldige war. Und deshalb mussten wir nach einem menschlichen Übeltäter suchen.

MADELEINE
    Es gibt keinen Weg zurück.
    Ich erinnere mich, dass dies mein erster Gedanke war, nachdem ich die Mauern des Château erblickt hatte. Ich zitterte in jener eisigen Nacht in meinem dünnen Umhang. Außer den Geräuschen von Hufen auf dem gefrorenen Weg war nichts zu hören.
    Ich bin verdammt, ich bin verloren.
    Über meinem Kopf blinkten vereinzelte Sterne am dunklen Nachthimmel. Nirgendwo in dieser schlechten Welt gab es Licht oder Wärme oder gar Hoffnung.
    Hinter den Schießscharten der Burg sah ich Fackeln aufleuchten. Unsere Ankunft wurde von vielen Augen beobachtet. Plötzlich machten wir Halt, und unser Begleiter rief das Losungswort. Knarrend öffnete sich das Holztor des Pförtnerhauses.
    Im Tal heulte ein Hund oder vielleicht auch ein Wolf. In den vergangenen Wintern waren mehrmals Wolfsrudel in die Ansiedlungen außerhalb der Stadtmauern eingefallen und hatten Kinder und alte Frauen angegriffen. Von den Leichen war kaum etwas übrig geblieben, sodass sie noch nicht einmal ein anständiges christliches Begräbnis erhielten. Wölfe suchten sich als Opfer stets die Schwachen aus, ebenso wie Räuber. Es hieß, dass der Geruch nach Hilflosigkeit und Angst die Säfte in den Kiefern der Tiere zum Fließen brachten.
    Ich versuchte mir vorzustellen, wie ein Wolf die Angst seines Opfers spürt.
    Ich konnte sogar seinen übel riechenden Atem auf meinem Gesicht spüren.
    Ich bin verloren.

BERNARD
    Bruder Subillais’ Gesicht hatte wieder an Farbe gewonnen. In seinem Gemach schwelte nicht länger der Geruch des Todes. Die Wunde unter dem Wickel war nicht mehr entzündet und sonderte auch keine übel riechenden Säfte mehr ab. Arnaud, der Knochensetzer, stand in einer Ecke, hielt eine Holzschüssel in der Hand und überprüfte zum wiederholten Male den Harn seines Patienten. Zufrieden wischte er seinen Finger am Saum seines Habits ab. »Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Ihr es wart, der diesen Wickel angeordnet hat?«, wandte er sich an mich.
    »In der Tat.«
    »Er hat keinerlei Nutzen und sollte entfernt werden.«
    »Im Gegenteil! Wie mir scheint, hat sich Bruder Subillais’ Zustand sehr gebessert.«
    »Ich denke, dass dies eher mit meinen Aderlässen zu tun hat als mit diesem ekelhaften Brei.«
    »Ich meine mich zu erinnern, dass Ihr das Bein

Weitere Kostenlose Bücher