Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
Vom Netzwerk:
amputieren wolltet. Doch nun sieht es so aus, als würde die Wunde sehr gut heilen. Gelobt sei Gott!«
    Arnaud blickte mich mit kaum verhülltem Groll an. Diese Knochensetzer haben eine äußerst hohe Meinung von sich selbst. Jede Heilung gereicht ihnen bis in alle Ewigkeit zur Ehre, aber wenn ihr Patient stirbt, ist es für sie der Wille Gottes.
    Bruder Subillais öffnete ein Auge und sagte: »Schaff ihn mir vom Hals!«
    Arnaud sah zuerst mich und dann seinen Patienten an. Er verbeugte sich in unsere Richtung und verließ das Gemach ohne ein weiteres Wort.
    »Hast du schon erfahren, was während deiner Abwesenheit geschehen ist?«, fragte mich Bruder Subillais. Seine Stimme klang dünn und zittrig.
    »Du meinst die Sache mit dem Priester?«
    »Ermordet in seiner eigenen Kirche! Dort draußen herrscht das Böse, Bernard.«
    »Wir sollten den Bischof darüber unterrichten.«
    »Ich überlasse es dir, ihm einen Brief zu schreiben. Da wir nun schon einmal hier sind, erwartet er gewiss, dass wir die Angelegenheit untersuchen.«
    »Ich werde ihm unverzüglich schreiben.«
    »Gut.«
    »Ich bin sehr erleichtert, dass es dir besser geht, Bruder. Wir alle haben um dich gebangt. Dein Bein ist sehr schwer verletzt.«
    »Alles kommt, wie Gott es will.«
    Ich überlegte, ob ich ihm erzählen sollte, von wem der Kräuterwickel stammte. Doch meine Feigheit hielt mich zurück.
    »Hast du dieses Mädchen, Madeleine de Peyrolles, in Gewahrsam genommen?«
    »Ja. Und ich habe auch noch eine andere Nonne der Abtei Beausaint mitgebracht. Ich bin der Ansicht, dass sie von einem Dämon besessen ist.«
    »Unser alter Widersacher ist hier auf dem Land des Seigneurs auf fruchtbaren Boden gestoßen.«
    Ein Thema hatten wir bisher noch nicht angeschnitten – den Sarkophag, den wir in der Höhle nahe dem Teich der Madonna gefunden hatten. Am Tag nach Bruder Subillais’ Sturz war ich mit einer Abordnung von Raymonds Söldnern dorthin geritten. Ich war den schmalen Pfad zur Höhle hinaufgestiegen und hatte persönlich die Zerstörung beaufsichtigt.
    »Der Sarkophag ist übrigens vernichtet«, sagte ich.
    Subillais blickte mich eindringlich an. »Ein jüdisches Grab!«, stieß er hervor.
    Selbst dem Heiligen Vater wäre wohl das Blut in den Adern gefroren, wenn er die Inschrift gesehen hätte. Andererseits waren Namen wie Jesu und Joseph zu Herodes’ Zeiten in Palästina weit verbreitet und etwa so gewöhnlich wie Bernard oder Raymond in unserem Land. Ich war daher zu dem Schluss gekommen, dass es sich einfach um eine alte jüdische Grabstätte gehandelt hatte, die vor kurzem geplündert worden war.
    Und dennoch …
    »Du musst herausfinden, wer den Priester getötet hat«, beschwor mich Bruder Subillais.
     
    *
     
    Redaux war auf einem kleinen Hügel erbaut worden und einstmals von Erdwällen und einer Steinpalisade umgeben gewesen. Doch während seiner Feldzüge hatte Simon de Montfort die Befestigungen niederreißen lassen, sodass die Häuser des Dorfes sich nun gleich einer Herde ängstlicher Tiere schutzlos aneinander drängten.
    Wenn man vom Marktplatz aus den Blick durch das Tal schweifen ließ, konnte man bis zum Turm der Kirche von Saint-Ybars sehen, das zwei Wegstunden entfernt lag. Der Gedanke, dass man sich in christlichen Ländern stets in Sichtweite einer Kirche befand, hatte für mich etwas Beruhigendes.
    Nachdem meine bewaffneten Begleiter von den Pferden gestiegen waren, geleitete mich ihr Vorgesetzter zum Haus des Dorfpfarrers. Inzwischen hatte ich erfahren, dass der tote Geistliche kein Geringerer war als der Vetter der Dame Eleonore. Es kam mir seltsam vor, dass ein Mann von edler Herkunft hier nur ein einfacher Priester gewesen war und in Armut gelebt hatte.
    In der schäbigen Hütte entdeckte ich nichts von Interesse, also wandte ich mich der Kirche zu.
    Auch das Gotteshaus wirkte ärmlich. Bloße Kalksteinwände, der Boden nur gestampfte Erde, lediglich im Chor und rings um den Altar lagen ein paar Steinplatten. Es gab nur wenige Fenster und eine Hand voll Bänke vor dem Altar, für die Würdenträger des Dorfes oder jene, die sich dafür hielten.
    In einer Nische über dem Altar hing ein hölzernes Kruzifix: Christus, endlose Qualen leidend.
    Die Steinplatten vor dem Altar waren nur äußerst nachlässig gereinigt worden. Noch immer konnte ich deutlich Blutflecken erkennen, und in den Spalten zwischen den Steinen hatten sich schwarze Klumpen festgesetzt. Ich fragte mich, warum der Priester sich vor seinem Angreifer

Weitere Kostenlose Bücher