Die Nymphe Eva
bezweifle.«
»Sie sind eine grandiose
Informationsquelle«, brummte ich. »Wem muß ich wegen der aus dem Fonds
fehlenden Sechzigtausend Bescheid sagen?«
»Richtig!« sagte sie kalt. »Sie
haben ja Tante Thelma sicher gesagt, daß Sie ihr nichts versprechen können.«
»Ich habe ihr bereits fünf Tage
Zeit gelassen.« Ich zuckte die Schultern. »Wenn ich im Ernst glaubte, es
bestände eine Chance unter tausend, daß Garow bald
wieder lebendig und quietschvergnügt auftaucht, würde ich noch warten, Eva.«
Ihre Schultern sanken ein wenig
herab, und dann nickte sie langsam. »Sie haben natürlich recht. Nur macht das
die Sache für Tante Thelma noch schwerer. Aber das ist nicht Ihre Schuld, Al.
Ihr liebender Gatte trägt die Verantwortung dafür.« Sie trank ihr Glas leer und
starrte es einen Augenblick lang an. »Ich vermute, Grunwald, der Vizepräsident,
ist der Mann, mit dem Sie sprechen müssen. Aber verraten Sie ihm nicht, daß ich
Ihnen das gesagt habe.«
»Danke, Eva.« Ich trank mein
eigenes Glas leer und stand dann auf. »Wenn sich noch irgend
etwas herausstellen sollte, lasse ich es Sie wissen.«
»Tun Sie das«, sagte sie kurz.
»Und seien Sie beim Hinausgehen vorsichtig. Ja? Was dort auf dem Boden liegt,
ist Tante Thelmas Herzblut.«
VIERTES KAPITEL
G runwald war ein liebenswertes
dickes Pelztier, das wie ein überdimensionaler Teddybär aussah. Seine
Gedankengänge jedoch schienen nicht die eines Teddybären zu sein, wenn der
intelligente Schimmer in seinen milden blauen Augen nicht trog. Trotz der gut
funktionierenden Klimaanlage lag eine permanente Patina von Schweiß auf seiner
Stirn, und sein Haar bedurfte dringend der Schere des Friseurs. Ich vermutete,
daß er immer so aussah, als müßte er dringend zum Friseur; es war Bestandteil
seines sorgfältig kultivierten Stils, gemeinsam mit der handgemalten flammenden
Krawatte und dem zerknitterten Anzug. Vielleicht dachte er, ein leitender Mann
in der Computer-Branche sollte in beabsichtigtem Kontrast zu seinem Produkt
sowohl menschlich als auch eine Spur untüchtig wirken.
Er betupfte sich sorgfältig mit
einem makellosen Taschentuch die Stirn, als ich ihm die Geschichte erzählt
hatte, und trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch.
»Ich bin erstaunt über das, was
Sie mir erzählt haben, Lieutenant. Es fällt mir nach wie vor schwer, zu
glauben, daß ein Mann wie Dane Garow dieser
Gesellschaft sechzigtausend Dollar gestohlen haben soll, um einen Erpresser zu
bezahlen und damit die Enthüllung schmutziger Einzelheiten aus seinem
Privatleben zu verhindern. Pornografische Bilder, die aufgenommen wurden,
während Garow heimlich ein Wochenende mit seiner
Sekretärin verbrachte? Sind Sie sicher, Lieutenant, daß Sie den richtigen Dane Garow meinen?«
Dann sah er den Ausdruck auf
meinem Gesicht und errötete leicht. »Ja«, murmelte er, »natürlich sind Sie
sicher.« Seine dickliche Gestalt bückte sich, um nach dem Taschentuch zu
fischen, er fand es und betupfte sich erneut die Stirn. »O Himmel!« sagte er plötzlich. »Arme Thelma! Was das für sie
bedeuten muß, daran kann ich überhaupt nicht denken. Sie ist eine der nettesten
Frauen, die ich in meinem Leben kennengelernt habe. Ich muß sie anrufen und...«
Er hielt abrupt inne, und sein Mund preßte sich zusammen.
»Es wird Zeit, daß ich aufhöre
zu brabbeln und etwas Positives unternehme. Wie kann ich Ihnen behilflich sein,
Lieutenant?«
»Hat Ihre Personalabteilung
wohl noch die Adresse dieser Sekretärin Garows — Rita
Blair?« fragte ich.
»Danach werde ich mich gleich
erkundigen«, murmelte er.
Ich zündete mir, während ich
wartete, eine Zigarette an und räusperte mich dann sachte. »Noch etwas, Mr.
Grunwald — würden Sie mir bitte die Einzelheiten mitteilen, wann Sie — äh — herausgefunden
haben, wie Garow das Geld unterschlagen hat und wie
hoch die Summe genau ist.«
»Natürlich.« Er brachte ein
einigermaßen glaubhaftes Lächeln zustande. »Diese Bitte braucht Ihnen nicht
peinlich zu sein, Lieutenant. Stellen Sie sich vor, wie peinlich der Vorstand
berührt sein wird, wenn er von der Sache erfährt.«
Sein Telefon gab einen weichen
melodischen Laut von sich, und er meldete sich automatisch.
»Grunwald.« Es dauerte genau
fünf Sekunden, bis sich der Teddybär in einen knurrenden und blutdürstigen Grizzly verwandelt hatte.
»Das ist lächerlich!« brummte
er in das Telefon hinein. »Suchen Sie noch einmal nach — ich warte.«
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