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Die Nymphe Eva

Die Nymphe Eva

Titel: Die Nymphe Eva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Seine
plötzlich kalten blauen Augen starrten mich an und dann durch mich hindurch,
während er wartete. Dann strafften sich seine dicken Schultern im Zorn.
    »Was?« Seine Stimme hob sich
nicht, aber das Wort schien wie ein Pistolenschuß von
den Wänden widerzuhallen. »Sagen Sie Miss Fenshaw ,
sie soll sofort in mein Büro kommen«, sagte er leise und lauschte dann noch ein
paar Sekunden lang dem Geplapper am anderen Ende der Leitung. »Es ist mir
völlig egal, und wenn Miss Fenshaw im Augenblick im
Aufenthaltsraum Drillingen das Leben schenkt«, antwortete er mit mordlüsterner
Klarheit. »Sagen Sie ihr, sie könne sich als hinausgeschmissen betrachten, wenn
sie nicht innerhalb der nächsten zwei Minuten hier aufkreuzt! Und Sie
ebenfalls, Miss Sowieso, und die gesamte Personalabteilung mit Ihnen.«
    Er legte den Hörer so sanft
zurück, als handelte es sich um etwas Zerbrechliches, und starrte mich mit
einem kalten abschätzenden Blick des Mißtrauens an.
    »Ihr Name war doch Wheeler,
nicht etwa Unglücksrabe?« erkundigte er sich. »Eine Minute, bevor Sie in mein
Büro traten, hätte ich jederzeit zuversichtlich behauptet, die Organisation der
Firma sei untadelig. Sie können jetzt noch keine Viertelstunde hier sein und
inzwischen habe ich entdeckt, daß unser Präsident ohne unser Wissen
sechzigtausend Dollar gestohlen hat — und daß die eine Unterlage über eine
ehemalige Angestellte, nach der Sie fragten, fehlt!«
    Die Tür fuhr plötzlich mit
einem Knall auf, und ein kleinerer Wirbelsturm kam ins Zimmer gefegt, um etwa
fünfzehn Zentimeter vor Grunwalds Schreibtisch zum Stillstand zu kommen. Im
Ruhezustand entpuppten sich die verschwommenen Umrisse als die eines quälend
dünnen Wesens mit einer Brille — es trug einen Rock, woran es als weiblich zu
erkennen war, und es sah aus, als ob es entweder am Rand eines hysterischen
Anfalls oder einer Herzattacke stünde.
    »Mr. Grunwald...« Sie hielt für
eine Sekunde inne und stieß ein paar gurgelnde Laute aus, um dann ein paar
Oktaven tiefer zu beginnen. »Mr. Grunwald, ich weiß nicht, wie ich das erklären
soll! Wir haben gesucht und noch mal gesucht, aber die Unterlagen der Blair sind
einfach verschwunden.«
    Eine plötzliche graue Blässe
überzog ihre eingefallenen Wangen. »In meiner ganzen Zeit bei den Downey Electronics ist dies das erstemal ,
daß...«
    »Ach, halten Sie den Mund!«
fuhr er sie an.
    » Mr. Grunwald! « Das
Entsetzen in ihrer Stimme verriet, daß ihre ganze hübsche, ordentliche kleine
Welt soeben zu Staub zerfallen war.
    »Seien Sie nicht zu hart zu
Miss Fenshaw , Mr. Grunwald«, sagte ich leichthin. »Es
paßt durchaus zum Ganzen, daß die Unterlagen verschwunden sind.«
    »Ja?« Er warf mir einen Blick
zu, der normal erweise für eine der räudigeren Typen einer Hyäne vorbehalten
ist, die sich soeben lautstark über eine ihrer seltenen Aasmahlzeiten hermacht.
    »Meiner Ansicht nach ist die
Unterlage nicht verlegt worden«, fügte ich freundlich hinzu, »sondern gestohlen
und dann vernichtet worden.«
    »Aber... Oh, ich verstehe, was
Sie meinen«, sagte er zögernd. »Nun, in diesem Fall ist vermutlich nichts
weiter darüber zu sagen. Sie können gehen, Miss Fenshaw .«
    »Ja, Sir.« Sie schnaufte
hörbar. »Ich möchte nur gern sagen, Mr. Grunwald, daß mir in den ganzen
fünfzehn Jahren meiner Tätigkeit bei...«
    Er fletschte mit
schreckenerregender Liebenswürdigkeit die Zähne. »Warum sparen Sie sich diese
Rede nicht für den Tag Ihrer Pensionierung auf, Miss Fenshaw ?«
schlug er in einem Flüsterton vor, der einem das Blut gerinnen ließ. »Und darf
ich hinzufügen, daß dieser Tag, je länger Sie hier stehen und schniefen, um so schneller näher rückt?«
    »Oh!« Miss Fenshaw gab einen schwachen Wimmerton von sich und floh wie der Geist eines
Verstorbenen aus dem Büro.
    »Glauben Sie, daß das Mädchen
die Unterlage selber gestohlen hat, als Sicherheitsmaßnahme für den Fall, daß
es mit der Erpressung schiefginge?« brummte Grunwald, nachdem das dünne,
bebrillte Wesen verschwunden war.
    »Entweder das oder Garow selber hat sie weggenommen — ebenfalls als
Sicherheitsmaßnahme«, sagte ich. »Ich glaube nicht, daß Sie Ihre
Personalabteilung für das Verschwinden der Unterlagen verantwortlich machen
können.«
    »Ich kann sie für alles
verantwortlich machen, was mir paßt!« Er grinste plötzlich. »Das ist eins der
wenigen Vorrechte, die einem Vizepräsidenten bleiben.«
    »Ich glaube nicht, daß Miss Fenshaw jemals

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