Die Nymphe Eva
Zeitpunkt, es
zu erwähnen, aber ich bin nur hierher gekommen um Eva
zu fragen...«
»Es
ist der falsche Zeitpunkt«, unterbrach sie mich herzlos. »Abel, auf!«
»Wie?«
Grunwald kämpfte sich wieder aus seinem Sessel hoch, einen verwirrten Ausdruck auf
dem Gesicht.
»Ich
weiß wie wir das gesamte Problem lösen«, sagte Eva energisch. »Sie führen Tante
Thelma heute abend zum Essen aus.«
»Ich?«
Er starrte sie einen Augenblick lang hoffnungsvoll an und schüttelte dann
zögernd den Kopf. »Das würde ich natürlich gern tun, aber sicher möchte sie gar
nicht—«
»Unsinn!«
Eva ergriff seinen Arm und zog ihn über die Terrasse auf das Haus zu. »Sie
warten in Ihrem Wagen, und ich garantiere Ihnen, sie wird in zehn Minuten bei
Ihnen sein, angezogen und wild darauf, zu fahren.«
Sie
gelangten bis zur Tür und dann blickte sie zu mir zurück. »Sie«, befahl sie,
»bleiben hier sitzen und trinken sich dumm und dußlig ,
bis ich zurückkomme. — Verstanden?«
»Ja,
Ma’am«, sagte ich nervös.
Sie
zerrte Grunwald ins Haus, und ich war plötzlich auf der Terrasse allein
gelassen mit dem unbehaglichen Gefühl, als sollte ich vielleicht einmal meinen
Zahnarzt aufsuchen; denn ich hatte noch nie eine Gruppe von Leuten erlebt, die
sich mit solcher Geschwindigkeit auflöste, sobald ich aufgetaucht war.
Die
Zeit schleppte sich dahin. Ich trank mein Glas leer und goß es mir erneut voll
und ließ mich in einen Liegestuhl fallen, der so raffiniert gebaut war, daß er
sich an alle verkrampften Muskeln anschmiegte und sie entspannte, bevor sie
wußten, wie ihnen geschah. In der Ferne rollte unheildrohend der Donner, und
der Himmel wurde stetig dunkler. Ich hörte, wie vor dem Haus der Motor eines
Wagens angelassen wurde, und dann wurde das Geräusch schwächer, um schließlich
ganz zu ersterben. Die ersten schweren Regentropfen fielen auf den unbedeckten
Teil der Terrasse, und ich lächelte behaglich unter der Sicherheit des
Fiberglasdachs über meinem Kopf hervor.
»Sie
sind weg!«
Die
weiß-goldene Nymphe erschien plötzlich wieder mit einem selbstzufriedenen
Grinsen auf dem Gesicht, rettete ihren Drink von der Bar und kauerte auf der
Kante des mir gegenüberstehenden Liegestuhls nieder.
»Die
alte kleine Eva Kupido , das bin ich«, sagte sie
befriedigt.
»Ist
Ihnen vielleicht wieder nicht gut?« fragte ich.
»Es
wird allmählich Zeit, daß das Leben Tante Thelma eine Chance gibt«, sagte sie.
»Ich habe nur versucht, dem Leben einen Schubs zu geben. Früher oder später
wird sie realisieren, was für einen Strolch sie geheiratet hat, und anfangen,
nach einem anständigen Mann Ausschau zu halten. Na ja, sie braucht nicht weit
zu suchen — dafür werde ich sorgen.«
»Abel
Grunwald?«
»Ich
glaube, er ist seit Jahren in sie verliebt, aber er ist zu sehr Gentleman, um
sich auch nur in Gedanken mit der Frau seines Freundes einzulassen.« Sie lächelte.
»Aber nun, wenn Eva Thyson hier etwas zu sagen hat,
wird die Sache anders! Ich werde dafür sorgen, daß sie wieder mit dem
Präsidenten der Downey Electronis verheiratet sein wird, aber diesmal mit dem Mann, den sie von vorneherein hätte
heiraten sollen!«
»Ist
Grunwald bereits der neue Präsident?«
»Natürlich
nicht.« Sie rümpfte ob meiner Naivität verächtlich die Nase. »Aber er wird es
todsicher.«
»Was
hält Ihre Tante Thelma von all dem?« fragte ich, wider Willen fasziniert.
»Sie
weiß noch gar nichts davon«, sagte Eva träge. »Sie braucht ein bißchen Zeit;
und ich werde dafür sorgen, daß Abel Grunwald vor ihr steht, wenn sie für einen
neuen Mann bereit ist.«
Plötzlich
warf sie mir einen langen Blick zu, stellte ihr Glas neben ihren Stuhl auf die
Terrasse und sagte: »Apropos...« Es handelte sich eindeutig um eine
Aufforderung, obwohl jedermann gedacht haben würde, sie hätte infolge des
blendenden Blitzstrahls, der in diesem Augenblick die Welt in weißes Licht
tauchte, ihren Satz in der Mitte abgebrochen. Dem Blitzstrahl folgte
unmittelbar darauf eine krachende Lärmlawine. Regen peitschte auf das
Fiberglasdach und trennte die Außenwelt durch eine solide Wasserwand von uns
ab.
Eva
sprang mit leuchtenden Augen auf. »Hören Sie zu!« sagte sie. »Hören Sie ihn? Er
ist wütend, fuchsteufelswild über irgendwas. Ich habe den alten Thor noch nie
zuvor so mit seinem Hammer zuschlagen hören!«
Die
Welt war verrückt geworden, warum also nicht auch Eva? sagte ich zitternd zu
mir selber. Ihre Verwandlung schien in einem
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