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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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mit der Politik an sich. Seine Differenzen mit Clinton – und auch seine und Michelles Differenzen mit Rahm Emanuel, den Clinton gefördert hatte – betrafen die öffentliche Meinung und die Frage der politischen Selbstdarstellung. Obama hatte genau dort Schwächen, wo Bill Clinton sich als Meister erwiesen hatte: beim Zurückgewinnen von Wählern aus der Arbeiterschicht für die Demokratische Partei, bei der überzeugenden Darstellung der Wirtschaftslage und in der Fähigkeit, den Menschen glaubhaft zu machen, dass er ihre Sorgen und Nöte verstand. Clinton kam immer wieder einmal auf Obamas Mankos oder Defizite zu sprechen und hatte vor Reportern gesagt, der Präsident verkaufe sich angesichts der bevorstehenden Zwischenwahlen nicht optimal. Sogar das Lob hatte wie Kritik geklungen:
Sie haben ein komplettes neues Studiendarlehen-Programm durchgebracht, und niemand weiß davon …
    Zwei Jahrzehnte Geschichte der Demokratischen Partei waren hier zu bestaunen: nahezu deckungsgleiche politische Ziele und doch ein fast diametral entgegengesetzter Regierungsstil – hier der Meister der Überzeugungskunst und dort das Paradox eines Präsidenten, der anscheinend für Politik nicht viel übrighatte. Daneben die beiden Anwältinnen, die ihre eigenen Karrieren in den Dienst der Karrieren ihrer Männer gestellt hatten: Das alles war fast zu viel für ein kleines Podium. Und selbst wenn man für einen Moment Bill und Barack hintanstellte –
jede
mögliche Kombination eines oder einer der beiden Clintons mit einem oder einer der beiden Obamas war interessant. Doch verglich man Michelle Obama mit Hillary Clinton, hatte man zwei First Ladies, die irgendwie versuchten, ihre Macht im Weißen Haus zu definieren, wobei die eine offenkundig die schmerzlichen Erfahrungen der anderen verarbeitet hatte. Verglich man Barack Obama mit Hillary Clinton, hatte man zwei ehemalige Widersacher, die nun als Präsident und Außenministerin einen professionellen, aber nicht allzu herzlichen Umgang miteinander pflegten: zwei Menschen, die versuchten, so gut wie möglich miteinander auszukommen. (Die Obamas hätten sie und ihren Mann noch nie zum Dinner im Weißen Haus eingeladen, mokierte sich die Außenministerin privat gegenüber Freunden.) Drehte man das Rad weiter, um noch einmal Barack Obama mit Bill Clinton zu vergleichen, hatte man einen Präsidenten, der getan hatte, was dem anderen nicht gelungen war – nämlich Hillary Clinton eine echte Aufgabe in der Regierungsmannschaft zu übertragen.
    Der amtierende Präsident redete lange und überhäufte seine Frau mit Schmeicheleien. »Seit Michelle und ich vor zweiundzwanzig Jahren zum ersten Mal miteinander ausgingen, passiert es mir in schöner Regelmäßigkeit, dass Menschen, die uns beide kennen, auf mich zukommen und sagen, also wissen Sie was, Barack, Sie sind ja ein toller Typ und ich mag Sie, aber Ihre Frau, also die ist wirklich der Hit.« Dann riss er den alten Wahlkampfwitz, wie froh er sein könne, dass seine Frau nicht gegen ihn antrete. Es war in Anbetracht der Umstände ein seltsamer Scherz: Michelle Obama hätte ihn schlagen können, während das Hillary Clinton nicht gelungen war?
    Obama wurde wieder ernst: »Gleichgültig, worum es jeweils geht, sie will immer nur eines wissen, nämlich: ›Wem helfen wir damit?‹ Danach fragt sie. ›Wem wird das etwas nützen? Wessen Leben wird das verbessern?‹ Ich bekomme zwar im Laufe des Tages jede Menge gute Ratschläge von den verschiedensten Leuten«, fuhr er mit Überzeugung fort, »aber abends ist es dann immer Michelle – ihre moralische Stimme, ihr moralischer Zeigefinger –, die all den Lärm in Washington durchdringt und mich daran erinnert, wofür ich in erster Linie da bin.«
    Auf dieses Stichwort hin betrat Michelle Obama in einem ärmellosen schwarz-weißen Kleid die Bühne. Ihre Worte klangen so, als wüsste sie nicht, ob sie all das Lob ernst nehmen sollte. »Dass mein Mann mich vorstellt, ist so komisch, dass mir die Worte fehlen«, sagte sie, als der Beifall abgeebbt war. »Danke, Darling.«
    Sie sprach mit großer Ernsthaftigkeit über die Probleme, vor denen Soldatenfamilien stünden – das zweite große Thema, dessen sie sich als First Lady annahm. »Veteranen machen die Erfahrung, dass niemand sie haben will, dass sie nur schwer Arbeit finden. Sie müssen sich oft mit Jobs begnügen, in denen sie weniger verdienen, als ihnen eigentlich zusteht; Jobs, in denen sie ihre Fähigkeiten nicht voll zum Einsatz

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