Die Obamas
Strand zu setzen. Der Abschnitt war für sie hermetisch abgesperrt worden – er durfte nicht einmal überflogen werden. Nach ein paar Stunden erhob sich die Gesellschaft, um zu gehen, und Allison Davis fing an aufzuräumen, die Handtücher zusammenzulegen und so weiter. »Das brauchst du nicht zu machen«, sagte Obama zu ihm. Dafür hätten sie jetzt Personal. »Wenn ich mein Amt an den Nagel hänge«, fuhr der Präsident fort, werde er genau zwei Dinge vermissen: »Ein eigenes Flugzeug und einen Leibdiener.«
Während die Obamas Urlaub machten, wurde das Oval Office mit dem neuen Teppich, den Wandbespannungen und den Möbeln versehen, die der Präsident bestellt hatte. Der Raum entsprach nun endlich seinen Vorstellungen – er wirkte wärmer und anheimelnder, mehr wie ein Büro, in dem tatsächlich gearbeitet wurde. Jeder Präsident hatte das Oval Office seinen Wünschen entsprechend neu einrichten lassen, doch Obamas Berater hatten den Zeitpunkt immer weiter hinausgeschoben, weil sie einen Sturm der Entrüstung befürchteten – und bangten der Reaktion der Öffentlichkeit auch jetzt noch entgegen. Gegen Ende des Sommers war die Stimmung im Weißen Haus so angespannt, dass sogar Thomas Donilon, der Nationale Sicherheitsberater, der sich eigentlich mehr um die Afghanistan-Strategie als um Bezugsstoffe und Teppiche im Weißen Haus zu kümmern hatte, bei einer morgendlichen Besprechung Bedenken äußerte. »Das ist nicht so ganz mein Ressort, ich weiß, aber ich bin wirklich der Meinung, Sie sollten das nicht tun«, sagte er. »Wissen wir, wissen wir«, besagten die Mienen der anwesenden Politik- und Medienberater. Sie hatten die Thematik schon tausendmal durchgehechelt.
Als das Weiße Haus die Änderungen offiziell bekanntgab, erhob sich kaum Kritik; manche fanden nur, dass der Präsident ein bisschen zu viel Graugrün verwendet habe.
***
Am frühen Morgen des 16 . September 2010 sah Robert Gibbs auf seinem BlackBerry die neuesten Nachrichten durch, als ihn ein Bericht, der in der englischen Boulevardpresse die Runde machte, stutzen ließ. Einem in Frankreich neu erschienenen Buch zufolge hatte Michelle Obama Carla Bruni-Sarkozy gesagt, im Weißen Haus zu leben sei die Hölle.
Das war ein potenzielles Desaster – Michelles 400 -Dollar-Haarschnitt-Moment, befürchtete er, und das zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt: unmittelbar nach der Spanienreise und wenige Wochen vor den Wahlen. Womöglich würde sie als undankbar und nörgelig erscheinen, und ihm blieben nur noch ein paar Stunden, bis die Nachricht auch in den amerikanischen Medien auftauchen würde. Er musste handeln, bevor CNN und MSNBC die Story aufgriffen. »Wir konzentrieren uns vollkommen auf diese Nachricht«, sagte er seinen Kollegen.
Das Problem war, dass die First Lady nicht aufzufinden war. Gibbs musste die Gewissheit haben, dass es sich um eine Ente handelte, und sie fragen, ob sie vielleicht etwas gesagt hatte, das nur falsch ausgelegt worden war. Aber sie war nicht erreichbar; sie spielte Tennis in Georgetown, weil die Plätze des Weißen Hauses einen neuen Belag bekamen. Jarrett und Sher, die normalerweise als Emissärinnen fungierten, waren ebenfalls unerreichbar, sie traten im Fernsehen bei der Sendung
Morning Joe
auf. Deshalb besprach er die Angelegenheit mit dem Pressestab der First Lady, wies die amerikanische Botschaft in Paris an, das Buch zu kaufen, die betreffenden Seiten einzuscannen und sie als PDF -Dateien zur Übersetzung ans Außenministerium zu schicken. Er bat den Nationalen Sicherheitsstab, sein französisches Gegenstück ausfindig zu machen. Er wollte kein Dementi des Weißen Hauses herausgeben – das hätte nicht gereicht, sagte er in einem Interview. Die Erklärung sollte direkt aus dem Élysée-Palast kommen.
Schließlich fand er Sher, die wiederum Michelle Obama ausfindig machte, und die First Lady sagte, die Behauptung sei falsch. (Wenn sie bei irgendjemandem Frust ablassen wolle, dann bestimmt nicht bei der französischen First Lady, fügte sie hinzu.) Die Franzosen veröffentlichten ihr Dementi gegen elf Uhr vormittags, erinnerte sich Gibbs, und bis Mittag war die Krise abgewendet. Die amerikanischen Medien berichteten über die Angelegenheit, verwiesen auf das Dementi der Franzosen, und damit hätte die Sache ein Ende haben können. Doch am nächsten Tag äußerte Jarrett in der Morgenbesprechung bei Emanuel, die First Lady sei unzufrieden mit der Art, wie das Weiße Haus in dieser Sache agiert
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