Die Obamas
habe.
Aller Augen richteten sich auf Gibbs. Emanuel erschrak über den Gesichtsausdruck des Pressesprechers und griff nach seiner Hand. »Ruhig, Robert, bleib ruhig«, sagte er, wie sich ein anderer Anwesender erinnerte. Jahrelange Spannungen zwischen Gibbs, Jarrett und der abwesenden Michelle Obama entluden sich explosionsartig, die anderen Berater sahen schockiert zu oder hielten den Blick gesenkt.
»Scheiße, das ist eine Gemeinheit, ich hab mir wegen der Sache den Arsch aufgerissen«, schrie Gibbs. »Wer steckt da dahinter?« Er beruhigte sich etwas und stellte dann sondierende Fragen, wie ein halbes Dutzend der Anwesenden übereinstimmend berichteten. »Was meint sie denn genau?«, fragte er Jarrett. »Was hat sie zu Ihnen gesagt?«
Jarrett gab eine ausweichende Antwort.
»Was zum Teufel soll das heißen? Haben Sie sie gefragt?«
Jarrett deutete an, die Reaktion sei nicht schnell genug erfolgt. Hier offenbarte sich das Problem, das seit Jahren die Beziehung zwischen der First Lady und dem Pressesprecher belastete: Sie fühlte sich von ihm vernachlässigt, er fühlte sich von ihr missverstanden.
Gibbs platzte erneut der Kragen. »Warum redet sie mit Ihnen darüber? Wenn ihr etwas nicht passt, soll sie mit mir sprechen!« David Axelrod spielte den Friedensstifter und versuchte Gibbs zu beschwichtigen.
»Sie sollten nicht so reden«, sagte Jarrett ungerührt.
Jarretts Tonfall, der bis zur Herablassung ruhig war, brachte Gibbs endgültig in Rage. Er war so außer sich, dass einer der Anwesenden glaubte, er werde im nächsten Moment in Tränen ausbrechen. »Sie haben verdammt noch mal nicht die leiseste Ahnung, wovon Sie da faseln«, konterte er erbost.
»Die First Lady würde nicht glauben, dass Sie hier solche Reden führen.«
»Dann kann die mich auch mal.« Er stand auf und stürmte hinaus. Die anderen blieben wie betäubt sitzen.
Emanuel wurde ausnahmsweise einmal ganz ruhig. »Jeder weiß, dass Robert da wirklich einen guten Job gemacht hat«, sagte er.
Später gab Gibbs in einem Interview zu, dass er die Beherrschung verloren habe. Die Rüge der First Lady sei ihm extrem unfair vorgekommen. Obwohl er das Problem erfolgreich gelöst habe, sei er zurechtgewiesen worden. Aber er räumte auch ein, dass er seine Wut an den falschen Leuten ausgelassen habe. Nach der Besprechung habe er Sher eine E-Mail geschickt, cc Valerie Jarrett, und sie gefragt, was die First Lady tatsächlich zu bemängeln gehabt habe. Sher antwortete, sie habe sich überhaupt nicht beklagt. »Valerie hat sich das aus den Fingern gesogen«, behauptete er. »Valerie ist in die Besprechung gegangen und wollte uns erzählen, worüber Michelle verärgert war, obwohl die beiden tatsächlich gar nicht darüber gesprochen hatten.«
Nach dem Bruni-Vorfall habe er »Valerie als Beraterin des Präsidenten der Vereinigten Staaten überhaupt nicht mehr ernst genommen«, fuhr er fort. »Ich habe sie nie für eine effiziente Emissärin gehalten, und ich habe nie geglaubt, dass sie sich an die Spielregeln hält.« Er warf ihr sogar vor, andere Leute zu sabotieren, um selbst weiterzukommen. »Ich glaube, Valerie ist der Meinung, dass es eine oberste Beraterin gibt«, nämlich sie selbst, und »bei der Beratung des Präsidenten geht sie davon aus, dass sie an erster Stelle kommen muss und alle anderen im Weißen Haus zurückstehen müssen«. Jeden anderen, der Obama nahestand, sehe sie als Bedrohung für ihren eigenen Einfluss, sagte er.
Jarrett weigerte sich hinterher, über die Auseinandersetzung zu sprechen oder sich darüber zu äußern, ob sie Gibbs’ Maßnahmen gegen das »Hölle«-Gerücht mit der First Lady besprochen hatte, aber offenbar hatte sie ihre Kritik in der Besprechung doch zu aggressiv vorgetragen: Zwei Berater aus dem Westflügel sagten, Jarrett habe sich tatsächlich vertan. Die First Lady habe nichts an der Reaktion des Weißen Hauses auf das Buch von Bruni auszusetzen gehabt, sagte einer; sie sei verärgert über Jarrett und Sher gewesen, weil diese auf dem Weg zu
Morning Joe
nicht auf ihre BlackBerrys geschaut hätten.
Jarrett gelinge es hervorragend, »ihre Freundschaft mit dem Präsidenten richtig einzuordnen«, sagte Pete Rouse, der trotz der Querelen weiterhin gut mit Angehörigen der verschiedenen Lager auskam. »Ich hätte nie Angst, dass sie etwas, das ich ihr im Vertrauen sage, dem Präsidenten oder der First Lady weitersagen würde«, meinte er.
Manche Kollegen fanden Jarretts Doppelrolle als Freundin und
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