Die Obamas
Beraterin problematisch, doch nur wenige glaubten, dass sie mit frei erfundenen Vorwürfen arbeite oder anderen am Zeug flicke, um ihre eigene Machtposition zu stärken. Aber Gibbs’ Anschuldigungen waren der Beweis dafür, dass der Präsident entgegen seiner festen Überzeugung eben doch nicht in der Lage war, zwischen konkurrierenden Beratern zu vermitteln. Auch in diesem Punkt hatte Obama seinen ausgleichenden Einfluss überschätzt und gegen eine weitere Regel verstoßen. Das Ergebnis war desaströs – »wie schlechtes Reality- TV «, sagte ein externer Berater hinterher.
Das also war aus dem einst so eingeschworenen Wahlkampfteam Obamas geworden: Menschen, die nicht mehr produktiv zusammenarbeiten konnten und sich gegenseitig unflätig beschimpften.
Tatsächlich wusste der Präsident nicht, wie katastrophal sich das Verhältnis zwischen seinen führenden Beratern verschlechtert hatte. In einem Punkt herrschte stillschweigende Übereinkunft unter allen Mitarbeitern: Niemand würde dem Präsidenten oder der First Lady von der Auseinandersetzung zwischen Gibbs und Jarrett erzählen. Ein paar Stunden nach dem Wutausbruch des Pressesprechers rief Obama Gibbs ins Oval Office und dankte ihm für seine schnelle Reaktion und seine hervorragende Arbeit in der Angelegenheit mit dem Buch von Carla Bruni.
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Dritter Teil: Wandel
Kapitel 12: Ihr Gewinn …
September – November 2010
A m 23 . September 2010 führten die Obamas gemeinsam mit Bill Clinton so etwas wie einen Einakter über das Thema Partnerschaft und Macht auf. Das überaus prominente New Yorker Publikum, das sich auf Einladung der Clinton Global Initiative versammelt hatte, reichte von Barbra Streisand bis hin zu Barbara Bush. Clintons Initiative zur Bekämpfung von Aids führte einmal im Jahr Stars, Sponsoren, Wirtschaftsführer und Wohltäter aus allen möglichen gesellschaftlichen Bereichen zusammen. Auf der Rednerliste stand auch Michelle Obama, die über ihre neue Kampagne zur Unterstützung von Soldatenfamilien sprechen sollte. Eingeführt werden sollte sie, eher unüblich, von ihrem Mann, der seinerseits – nicht weniger unüblich – vom Gastgeber vorgestellt werden sollte.
Clinton trat als Erster vor die Gäste und lobte den amtierenden Präsidenten über den grünen Klee: Das Konjunkturpaket! Ein neues Studiendarlehen-Programm! Amerikas glänzende Zukunft, die eine regelrechte Welle von Jobs in der Hightechbranche versprach!
Aber Obama war nicht gekommen, um seine Politik vorzustellen – sondern die Arbeit seiner Frau. »Bill Clinton weiß, wo ich herkomme«, sagte er, als er das Podium betreten hatte. Der ehemalige Präsident, der nur ein, zwei Meter entfernt auf einem Hocker saß, nickte lächelnd. »Er weiß, wie es ist, mit einer Frau verheiratet zu sein, die klüger ist als man selbst, die viel besser aussieht als man selbst …« Clinton lächelte jetzt ein wenig gezwungen, offenbar war er sich nicht sicher, ob er diese Einschätzung seiner Person und seiner Frau gut finden sollte. »… einer Frau, die rundum ein klein wenig eindrucksvoller ist als man selbst.« Bei dem Wort »eindrucksvoll« brach Obama in ein für ihn untypisches hohes Kichern aus. Clintons Augenfältchen vertieften sich, und er fing langsam und übertrieben an zu klatschen.
Die beiden Männer waren sich seit Jahren nicht besonders grün. Clinton hatte während der Vorwahlen Bobby Rush unterstützt, obwohl amtierende Präsidenten früher nur selten in die Primary-Wahlkämpfe eingriffen, und damit Obamas ohnehin wacklige Kandidatur vollends zum Scheitern verurteilt. Während des Präsidentschaftswahlkampfs hatte man manchmal den Eindruck, dass Obama gegen Bill und nicht gegen Hillary Clinton antrat – er kritisierte den Führungsstil des ehemaligen Präsidenten als Dauerwahlkampf und dessen politische Ideen als kleinkariert. Der Ex-Präsident, der seinen Mitabeitern im Vertrauen sagte, Obama habe keine Ahnung, was ihm bevorstehe, falls er die Wahl gewinne, prangerte immer wieder Obamas Naivität an, manchmal sogar vor Kameras, hin und wieder hochrot vor Erregung.
Schon bald nach seiner Amtseinführung hatte Obama mit der Gesundheitsreform einen Meilenstein gesetzt, an dem Bill Clinton gescheitert war. Und seine Disziplin wirkte wie ein ständiger Vorwurf angesichts von Clintons Disziplinlosigkeit. Aber Obamas gespanntes Verhältnis zu seinem demokratischen Vorgänger hatte nicht nur persönliche Gründe; es ging dabei um den Kern seines Problems
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