Die Obamas
klüger als »Let’s Move«. Letztendlich ging sie zurück auf eine Kampagne, die ihr Berater während des Wahlkampfs gegen ihre Imageprobleme zugedacht hatten, um ihre warme Ausstrahlung und Fähigkeit zu mütterlicher Anteilnahme hervorzuheben. Unterstützung für das Militär wurde im Allgemeinen mit Republikanern aus dem Mittleren Westen in Verbindung gebracht, nicht mit einer Demokratin aus einer Großstadt. Das Projekt war zudem ein Stück beispielhafter Ehefrauendiplomatie auf höchstem Niveau. Wie jeder moderne Präsident hatte auch Barack Obama ein schwieriges Verhältnis zu seinen Generälen, die ihrerseits jedoch viel von den Aktivitäten seiner Frau hielten. Und Michelle Obama sicherte sich die Mitwirkung anderer Ehefrauen: Holly Petraeus, Frau von David Petraeus, dem Kommandeur der ISAF in Afghanistan; Deborah Mullen, Frau von Admiral Mike Mullen, dem Vorsitzenden des Vereinigten Generalstabs, also der obersten militärischen Instanz der US -Streitkräfte; und Jill Biden, deren Stiefsohn Beau als Soldat der Nationalgarde im Irakkrieg gedient hatte.
Michelle Obama setzte sich nun öffentlich dafür ein, dass Ehefrauen und Kinder von Soldaten und Zivilangestellten der Streitkräfte, die mit häufigen Umzügen, geringem Einkommen, unzureichenden Betreuungseinrichtungen und mit Trennungsschmerz oder Verlust zurechtkommen mussten, mehr Anerkennung und Unterstützung erfuhren. Sie wollte Firmen dazu bringen, mobile Arbeitsplätze für Angehörige zu schaffen, so dass sie bei einer Versetzung nicht jedes Mal wieder von vorn anfangen mussten. Ihr Team machte außerdem Highschools im Umkreis größerer Militärstandorte ausfindig, an denen gute Schüler aus Soldatenfamilien durch die erleichterte Teilnahme an Förderkursen neue Impulse erhalten konnten. Vehement bekämpfte sie das Stigma, das psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Panikattacken und posttraumatischen Belastungsstörungen in Militärkreisen anhaftete. Dazu plante sie, auf Kongressen zum Thema seelische Gesundheit bei Psychotherapeuten und Sozialarbeitern dafür zu werben, ihre Dienste auf ehrenamtlicher Basis anzubieten. Schließlich konzentrierte sie sich dann im Spätsommer auf die aktuellere – und auch politisch wichtigere – Frage der Eingliederung von Veteranen in das Berufsleben.
Diese Aktion zeigt einiges von Michelle Obamas Vorstellung von Pflichtbewusstsein und Opferbereitschaft. Schließlich war sie weder in einer Soldatenfamilie aufgewachsen, noch hatte sie sich vor 2008 mit diesem Thema beschäftigt, und auch ihr Mann hatte nie gedient. Doch sie konnte sich mit den Frauen – und auch Männern, meist aber waren es Frauen – identifizieren, die während eines Auslandseinsatzes des Partners zu Hause blieben, die Kinder großzogen und mit Sorgen und Ängsten kämpften. Auch sie selbst hatte Jahre mit einem Partner verbracht, der fern von daheim arbeitete. Und das militärische Ethos – mit Blick nach vorn und ohne Murren einer höheren Sache zu dienen – gab ihr ein Beispiel, wie sie ihre Rolle als First Lady ausfüllen konnte. »Auch ich diene meinem Land wie eine Soldatenfrau«, sagte sie in einem Fernsehinterview. »Deshalb möchte ich meine Arbeit noch besser machen … Ich möchte die Vorteile meiner Position nutzen und nicht über die kleinen Unannehmlichkeiten klagen, die damit verbunden sind.« Ihre Bemühungen waren eine Art Antwort auf die schrecklichste Aufgabe ihres Mannes: Während er junge Amerikaner – viele von ihnen aus armen Verhältnissen oder Angehörige von Minderheiten – in die Ferne schicken musste, wo sie ihr Leben riskierten, wollte sie versuchen, wenigstens dafür zu sorgen, dass man sich in der Heimat um ihre Familien kümmerte.
Michelle Obama sei, wie ein Mitarbeiter meinte, für das Militär wie geschaffen gewesen, so präzise und konsequent, wie sie war.
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Sieben Jahre nach Barack Obamas ersten Auftritten in der Öffentlichkeit, vier Jahre nach Beginn seines Präsidentschaftswahlkampfs und zwei Jahre nachdem die Obamas ins Weiße Haus eingezogen waren, schien sich der Schock der Umstellung, die ihr neues Leben mit sich gebracht hatte, allmählich zu legen. Die systematischen Einschränkungen und Schutzmaßnahmen vermochten sie zwar nicht zu überlisten, aber es gab kleine, süße Siege. Als die First Lady einmal neues Futter für Bo brauchte, bat sie ihre Bodyguards, sie zu Petco zu fahren; sie ging wie jeder Normalbürger die Regale entlang und benutzte an der Kasse sogar die
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