Die Obamas
Lebensmitteln zu reduzieren und die Preise für frisches Obst und Gemüse zu senken. [74] Dies war eine der ersten von Michelle Obama angeregten Unternehmensinitiativen, die sich langfristig auf die Gesundheit der Amerikaner auswirken konnten. Doch die First Lady und ihr Team behielten auch andere Zahlen genau im Auge, so etwa die der Schulen, in deren Mensa ein Salatbüfett eingerichtet wurde. Sie planten – typisch für Michelle – ihre Aktivitäten ein ganzes Jahr im Voraus. Für 2011 und 2012 wollten sie das Hauptaugenmerk auf »Ernährungswüsten« legen, also Gegenden, in denen frische Erzeugnisse nicht ohne weiteres erhältlich waren. Dort sollten neue Geschäfte und Frischmärkte entstehen. Und sie rückte die Amerikaner latein- oder afroamerikanischer Herkunft in den Fokus, bei denen das Risiko für Adipositas im Allgemeinen besonders hoch ist.
Im Übrigen spielte es keine Rolle, ob Washington ihre Arbeit mit Herablassung betrachtete oder nicht. Michelle Obama wollte ihre Anliegen unmittelbar an die Bevölkerung herantragen und dabei möglichst kreativ umsetzen, indem sie sich beispielsweise darum bemühte, dass die Drehbuchautoren in Hollywood mehr Storys über ihre Themen in die Film- und Serienplots einbauten. So versammelten sich Michelle Obama und ihr Team eines Tages vor einem PC in einem schmalen Büro im Ostflügel, um sich ein neues Beyoncé-Knowles-Video anzusehen. Auf Anregung der First Lady hatte Beyoncé Knowles in Eigenregie einen Song namens »Move your Body« aufgenommen, um Kinder zu körperlicher Bewegung anzuspornen. Darin forderte sie mit wehenden Locken eine Gruppe ganz normal aussehender Kinder in einer Schulmensa zum Tanzen auf, bis schließlich alles hüpfte und hopste. »Shuffle, shuffle to the right, to the left, let’s move«, sang sie, und die Mensa wurde zur rosa und grün beleuchteten Disco. Als das Video endete, strahlte die First Lady. Innerhalb weniger Tage wurde der Clip auf YouTube millionenfach angeklickt.
»Ehrlich gesagt ist vieles von dem, was wir tun, Mist«, räumte David Axelrod ein. »So ist das nun einmal in der Regierung, so ist das nun mal in der Politik. Aber was
sie
macht, das ist ausgesprochen wirklichkeitsnah.« Michelles Arbeit »wird vielleicht mehr bewirken als viele politische Initiativen des Westflügels«, setzte er seine Lobeshymne fort und machte damit auch die unterschiedlichen Vorgehensweisen des Präsidentenpaars deutlich.
Inzwischen war klar erkennbar, wie die Obamas die Dinge im Weißen Haus handhabten und wovon sie sich dabei leiten ließen. Auch der Streit darum, wie sie sich in der Öffentlichkeit zu bewegen hätten, war längst beigelegt. Die First Lady war zwar weiterhin vornehmlich mit gesellschaftlichen Ereignissen befasst, doch das war mittlerweile Routine. »Manches kommt nun einmal jedes Jahr auf uns zu, der Governers Ball zum Beispiel«, sagte Melissa Winter. Im ersten Jahr hatten sie sich mit jedem Detail dieses Musikfests intensiv auseinandergesetzt. »Jetzt wissen wir, dass das Fest stattfindet, wir wissen, wann wir mit den Vorbereitungen beginnen müssen, wir wissen, wie wir vorgehen müssen, wir wissen, wie die Dinge umgesetzt werden, sie weiß, dass sie Spaß daran hat, und wir alle amüsieren uns köstlich. Keiner hat mehr Lampenfieber wie beim ersten Mal.« Michelles rebellische Ader sei damals noch sehr ausgeprägt gewesen, erinnern sich Mitarbeiter, die ihr nahestanden, doch inzwischen habe sie die Spielregeln verinnerlicht.
Selbst in Bezug auf ihre Kleidung dachte Michelle nun strategischer: Sie wählte nicht mehr so extravagante Outfits, sondern kleidete sich gediegener. Bei festlichen Anlässen trug sie zwar nach wie vor Designerroben, doch tagsüber sah man sie meist in Sachen aus Ladenketten. Ein Interview zum einjährigen Bestehen von »Let’s Move« in der
Today Show
bestritt sie in einem Kleid von H&M für 34 , 95 Dollar. (Der Artikel war in den Läden der Kette im Handumdrehen ausverkauft. [75] David Yermack, ein Wirtschaftsprofessor an der New York University, kam zu dem Ergebnis, dass ein öffentlicher Auftritt Michelle Obamas den Aktienkursen der Unternehmen, die die Kleider der First Lady hergestellt hatten, einen Mehrwert von durchschnittlich 14 Millionen Dollar bescherte. [76]
Die Initiative zur Verbesserung der Situation von Soldatenfamilien, die Michelle Obama in jenem Frühjahr ankündigte – sie hatte schon auf der Clinton-Konferenz im Herbst zuvor davon gesprochen –, war politisch noch
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