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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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Präsidenten und der First Lady weitgehend umgekehrt. Die vielleicht überraschendste und paradoxeste Wendung in ihrer Partnerschaft war eingetreten: Die Frau, die eigentlich gar nicht gewollt hatte, dass ihr Mann für das Präsidentenamt kandidierte und die in der ersten Zeit im Weißen Haus kreuzunglücklich gewesen war, schien sich jetzt dort und in der Washingtoner Politwelt besser eingewöhnt zu haben und mehr in sich zu ruhen als ihr Mann. »Nach meinem Eindruck ist sie heute zufriedener, als sie es seit Baracks Kandidatur je gewesen ist, und das ist wunderbar«, sagte David Axelrod.
    Früher hatte sie sich gegen die traditionelle Rolle der First Lady aufgelehnt; jetzt gab ihr ebendiese Rolle Sicherheit. Kaum etwas von ihrer Tätigkeit hatte mit der aktuellen Berichterstattung zu tun, eine Regel, an die sie und ihre Mitarbeiter sich strikt hielten. (Hätten kleine grüne Männchen das Kapitol besetzt, sie hätte am nächsten Tag vermutlich trotzdem wie geplant ihre Initiative zum Bau neuer Spielplätze angekündigt). Sie gab kein Interview und ließ sich für kein Titelbild mehr fotografieren, wenn sie damit nicht auch ihre Arbeit in den Vordergrund rücken konnte. Selbst wenn sie für ein Magazin wie
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Fragen beantwortete. Seit geraumer Zeit schon beobachtete sie nur noch, wie die Dinge für den Präsidenten liefen, und bemühte sich nach Kräften, ihren Beitrag zu leisten und auf ihre Weise ein Gegengewicht zu den oft schlechten Nachrichten zu bilden, die von der anderen Seite des Gebäudes herüberdrangen. Rang Obama etwa mit der Frage, wie auf die beunruhigende Schuldenkrise in Europa zu reagieren sei, wurde sie zur Wächterin über die ursprünglichen Obama-Tugenden: Sie hielt den Eindruck wach, dass sie beide aufregend anders waren als ihre Vorgänger, dass sie Identifikationsmöglichkeiten boten und Aufstiegschancen verkörperten, dass sie anders redeten und dachten als die meisten Politiker.
    Obamas neue Mitarbeiter im Westflügel haben sicher das Ihre zu diesem Wandel beigetragen. Als Bill Daley ins Weiße Haus kam, galt einer seiner ersten Besuche Michelle Obama, nur um sie wissen zu lassen, wie wichtig es ihm sei, auf ihre Anliegen und Bedürfnisse einzugehen. In dieser Zeit ging Susan Sher nach Chicago zurück – sie hatte eine Wochenendehe geführt und wollte dies nicht länger tun. Die Anwältin Tina Tchen, ebenfalls eine Gefährtin der Obamas aus Chicagoer Zeiten, löste sie als Stabschefin des Ostflügels ab und wurde endlich zu dem täglichen Meeting im Westflügel hinzugezogen. Und nichts, von dem die First Lady oder ihre Töchter betroffen sein konnten, wurde von den Planern des Präsidenten mehr ohne vorherige Rücksprache mit dem Ostflügel beschlossen. (Im Rückblick sehen auch die ehemaligen Berater heute die Defizite ihrer Arbeit zu Beginn von Obamas Amtszeit. »Ich hätte sie gern stärker unterstützt, und ich hätte sie auch gern umfassend einbezogen gesehen«, sagte David Axelrod. »So enttäuscht von mir selbst wie in diesem Punkt bin ich bei kaum einem anderen Aspekt meiner Arbeit im Weißen Haus.« Welche Angelegenheiten ihn noch unzufriedener zurückgelassen hatten, verschwieg er diplomatisch.)
    Es entspricht sicher Barack Obamas Natur, sich eher zu viel aufzuladen, während es eben Michelles Art ist, genau zu dosieren, wie viel sie sich aufbürdet und was sie der Öffentlichkeit von sich preisgibt. Michelles Parallelwelt brauchte keine Washingtoner Institutionen – Legislative, politische Presse –, um zu funktionieren. Und für sie kamen ihre Töchter stets an erster Stelle. Doch in mancher Hinsicht glich sie weniger einer First Lady als vielmehr der vielbeschäftigten Leiterin einer gemeinnützigen Organisation. Ihr Terminkalender quoll über: Meetings mit leitenden Mitarbeitern, Briefings zum Verlauf diverser Initiativen, Strategiesitzungen, in denen sie ihrem Hang zu minutiöser Planung frönte. Sie arbeitete in ihrem Büro, aber auch in den Privaträumen, sie schrieb E-Mails und führte Telefonate, sie überarbeitete ihre Reden, sie stellte Informationsmappen zusammen.
    Manche Reporter bezeichneten »Let’s Move« noch immer herablassend als Michelle Obamas »Lieblingsprojekt«, was ihr jedoch einen gewissen Schutz bot: Auf keinen Fall wollte sie, dass die Kampagne Kontroversen auslöste. Ihrem Engagement war es teilweise zu verdanken, dass der Walmart-Konzern Anfang des Jahres seine Absicht bekanntgab, den Fett-, Zucker- und Salzgehalt in den

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