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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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durfte. Jahr für Jahr werden Tausende Touristen durch das Weiße Haus geschleust – eine entsetzliche Vorstellung für ausländische Staatsgäste, deren Häuser nicht zur Besichtigung offenstehen, so Laura Bush. [15] Die Obamas hatten sich damit einverstanden erklärt, das Besichtigungsprogramm im Weißen Haus auszuweiten, aber konnte das bedeuten, dass ihre Kinder sich nur in den beiden Stockwerken der Residenz aufhalten konnten? Um sie vor den Blicken der Öffentlichkeit zu schützen, würden sie ihren Bewegungsradius einschränken müssen, denn wenn sie überall herumliefen, würden die Leute sie dauernd mit ihren Handys fotografieren. Michelle wünschte sich vor allem, dass ihre Kinder sorglos sein konnten, so Susan Sher.
    Aber das waren nur zwei der Probleme, die das Leben im Weißen Haus mit sich brachte. Das Haus war prachtvoll, aber veraltet und etwas eigentümlich. Nur ein Zimmer verfügte über einen Festnetzanschluss, so dass Michelle Obama, wenn sie sich nicht gerade zufällig dort aufhielt, das Klingeln des Telefons nicht hörte. (Nachdem das mehrmals passiert war, verabredete die First Lady Telefongespräche zu festen Zeiten, zum Beispiel mit ihrem Bruder Craig Robinson.) Der Florist, der Küchenchef und der Kurator des Weißen Hauses mussten regelmäßig mit der First Lady Rücksprache halten, aber in Zeiten, in denen jeder Amerikaner längst bei der Arbeit über E-Mail verfügte, gab es so etwas im Weißen Haus noch nicht. Der Zugang zum Internet war insgesamt nicht auf dem neusten technischen Stand und die Verbindung sehr langsam.
    Zudem ist das Leben im Weißen Haus teuer. Die First Family bezahlt keine Miete, die Bewirtung offizieller Gäste wird aus der Staatskasse bezahlt, und politische Veranstaltungen werden von der Demokratischen Partei finanziert. Aber für die eigene Verpflegung und für die Bewirtung privater Gäste kommen der Präsident und die First Lady selbst auf, und weil sie auch das Essen der vielen Hausangestellten bezahlen müssen, sind die Lebenshaltungskosten entsprechend hoch. Die Obamas hatten schon früh vereinbart, dass Barack zu Hause nicht das hohe Tier war – dort war er ein ganz normales Familienmitglied mit den entsprechenden Pflichten. Wie Michelle während des Wahlkampfs immer wieder betonte, musste er seine schmutzigen Socken selbst wegräumen. »Wenn Barack zu Hause ist, nimmt er am Familienleben teil«, sagte sie. »Er kommt nicht nach Hause und markiert den großen Zampano.« [16]
    Aber im Weißen Haus lief auf einmal alles ganz anders, denn dort wird niemand so bedient wie der Präsident. Die Kammerdiener kümmern sich um seine Garderobe, waschen seine Kleidung, packen ihm die Koffer und organisieren seinen Kleiderschrank mit akribischer Präzision: Jedes Hemd wird gefaltet wie ein Origami, die Hosen werden exakt im selben Abstand voneinander aufgehängt. Aber die Sachen der First Lady oder der Kinder rühren die Kammerdiener nicht an. Das Hauspersonal wäscht zwar die gesamte Wäsche der Familie, aber das läuft nicht immer reibungslos: Jill Biden, die Ehefrau des Vizepräsidenten Joe Biden, erhielt im Naval Observatory, der Dienstwohnung ihres Mannes, so wenig Hilfe, dass sie häufig Wäsche mitnahm, wenn sie in ihr Haus nach Delaware fuhr.
    Die Bediensteten im Weißen Haus sind fast so etwas wie ein eingeschworener Orden. Sie sind äußerst loyal und leben praktisch abgeschieden von der Welt. Präsidenten und First Ladies kommen und gehen, aber das Personal wechselt kaum jemals. Viele Angestellte arbeiten bereits seit dreißig, vierzig Jahren im Weißen Haus, und häufig wird die Arbeitsstelle von den Eltern an die Kinder weitergegeben. Sie verrichten ihre Arbeit mit absoluter Gewissenhaftigkeit. Als es zum Beispiel darum ging, eine Schaukel für die Kinder der Obamas anzuschaffen, fuhr der Chefbutler Konteradmiral a.D. Stephen Rochon eigens nach Dakota, um das Spielgerät beim Hersteller zu begutachten.
    Und sie sind diskret. In Talkshows aufzutreten oder Enthüllungsgeschichten zu schreiben, wie es einige Bedienstete von Prinzessin Diana getan haben, wäre für sie undenkbar. William Allman, der für historische Möbel und Kunstgegenstände zuständige Kurator des Weißen Hauses, erzählt gern die Geschichte eines älteren Hausangestellten, der nach seiner Pensionierung zur Weihnachtsfeier ins Weiße Haus kam. Er war ein bisschen unsicher auf den Beinen, und seine ehemaligen Kollegen boten ihm einen Stuhl an, woraufhin er erklärte: »In vierzig Jahren

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