Die Obamas
das System nur zu beidseitigem Ärger: Die Präsidenten finden es äußerst lästig, ständig die Medien auf den Fersen zu haben und nie in letzter Minute ihre Pläne ändern zu können. Und die Journalisten sind frustriert, weil sie oft stundenlang im Auto vor dem Ort hocken, an dem der Präsident sich gerade aufhält, und am Ende können sie häufig nicht mehr als einen kurzen Blick auf ihn erhaschen. Am Abend des Valentinstags fuhren die Obamas jedenfalls zum Abendessen, ohne die Journalisten vorab zu informieren, die daraufhin erst eine Stunde später am Restaurant eintrafen. Dies war ein Bruch der Gepflogenheiten und ließ erkennen, wie wenig die First Family mit den Zwängen ihres neuen Lebens vertraut war.
Gegen Ende ihres Aufenthalts mussten die Obamas sich eingestehen, dass die paar Tage zu Hause »eine Tortur« waren, wie ein Mitarbeiter sich ausdrückte. Ein simpler Wochenendausflug nach Chicago erforderte wochenlange Planung, es musste für Personal im Haus gesorgt werden, der ganze Block musste praktisch abgesperrt werden, ganz zu schweigen von den Kosten, die dieser Aufwand verursachte. Als der Präsident aus dem Hubschrauber blickte, der die Familie zum Flughafen brachte, war er entsetzt über den Verkehrsstau, der sich ihretwegen auf dem Lake Shore Drive gebildet hatte. Schließlich war dies nicht die Invasion der Normandie, sondern lediglich ein Ausflug der First Family in ihre gewohnte Umgebung. »Wenn ihr euch wirklich erholen wollt«, riet Susan Sher den Obamas, »dann fahrt nach Camp David.«
Als sie schließlich in der Air Force One saßen, machte Marian Robinson eine Bemerkung darüber, dass sie bald wieder zu Hause sein würden – in Washington. Alle stutzten:
zu Hause?
Das Weiße Haus war ihnen immer noch fremd, aber Chicago war auch kein Zufluchtsort mehr. Als die Familie im Weißen Haus eintraf, erkundigten sich die Hausangestellten, ob sie ein schönes Wochenende verlebt hätten. Ihnen war die gedrückte Stimmung des Präsidenten und seiner Frau aufgefallen.
»Wir wohnen jetzt im Weißen Haus«, erwiderte Michelle Obama.
Kapitel 3: Ladies and Gentlemen – der Präsident der Vereinigten Staaten
Februar – März 2009
D er 43 . Superbowl – die Pittsburgh Steelers gegen die Arizona Cardinals – rückte näher, und im Weißen Haus stellte man sich die Frage, wo sich der 44 . Präsident das Spiel ansehen sollte.
Er wollte Freunde dabeihaben, das wusste Valerie Jarrett, die inzwischen zu seinen engsten Beratern gehörte, und so bat sie einige Mitarbeiter, einen kleinen Empfang mit Nesbitt, Whitaker und ein paar anderen zu organisieren. Doch was für eine Art Event sollte es werden? Die Super-Bowl-Party würde schließlich eine der ersten Einladungen des Präsidenten und der First Lady im Weißen Haus sein. Deshalb, so meinten die Organisatoren, sollte sie vielleicht in einem größeren Rahmen stattfinden, gleichsam als Willkommensgruß. Sie beschlossen daher, zusätzlich einige Kabinetts- und Kongressmitglieder der Bundesstaaten einzuladen, aus denen die Kontrahenten stammten, also aus Pennsylvania und Arizona, darunter auch Republikaner sowie einige Veteranen, die im Irak oder in Afghanistan gekämpft hatten.
So kam es, dass die First Lady auf der Gästeliste lauter unbekannte Namen entdeckte. »Wer ist das, und warum laden wir ihn ein?«, wollte sie wissen. Sie verlangte Erklärungen und bekam sie auch. Doch damit hatte Michelle Obama ihren Standpunkt klargemacht: Das Weiße Haus war ihr Zuhause, und sie wollte ein Mitspracherecht darüber haben, wer eingeladen wurde und wer nicht. »Andere einfach machen zu lassen, das ist nichts für sie«, sagte jemand aus dem Planungsteam. »Sie will selbst über die kleinsten Details Bescheid wissen.« Den Mitarbeitern, die die Gästeliste zusammengestellt hatten, war ihr Versäumnis im Nachhinein mehr als peinlich.
Die Party fand schließlich im rot-goldenen Kinosaal des Weißen Hauses statt; für die Kinder hatte man im Vorraum Filme und Computerspiele vorbereitet. Pizza, Hot Dogs und Chicken-Sandwiches wurden serviert, und irgendjemand hatte sogar Terrible Towels besorgt, die gelb-schwarzen Tücher der Steelers-Fans. Die Veteranen – einige waren durch schlimme Brandnarben entstellt oder hatten Gliedmaßen verloren – waren direkt aus dem Walter Reed Army Medical Center gekommen und standen mit einem Betreuer vom Militär in einem Grüppchen beisammen.
Der Präsident begrüßte alle und schüttelte Hände, doch als das Spiel
Weitere Kostenlose Bücher