Die Obamas
durchchoreographiert, mit vorbereiteten Statements des Präsidenten, beim zweiten Treffen waren sogar Reporter zugegen.
Vor der Veranstaltung im Red Room ruhte er sich noch kurz aus. »Hey, gut siehst du aus«, begrüßte er seine Frau mit einem Blick auf ihr graues Top und die lange Perlenkette. Und mit einem Grinsen legte er die Arme um ihre Taille. Sie schenkte ihm ein zufriedenes kleines Lächeln. Die Mitarbeiter überlegten, ob sie dem Präsidentenpaar noch einen Augenblick der Zweisamkeit gönnen konnten, aber auf der anderen Seite der Tür erwartete man sie bereits.
***
Um halb sieben fanden sich die Obamas gewöhnlich für den Abend zusammen. Obama brauchte nicht lange vom Oval Office bis nach oben, und oft liefen ihm Malia und Sasha entgegen. Sie hatten sich noch nicht daran gewöhnt, dass er jetzt immer da war, und klammerten sich manchmal an ihn, als könnte er ihnen wieder entwischen.
Dabei hatte er einen Grundsatz, der bei einem Präsidenten etwas seltsam erschien: höchstens zwei Abende pro Woche getrennt von seiner Familie zu essen. Auf mehr ließ er sich nicht ein, und Ausnahmen bestätigten die Regel. Manchmal stahl er sich kurz für einen Empfang in einen der unteren Räume des Hauses davon, aber das gemeinsame Familienessen ließ er sich nicht entgehen. Gerade einmal zwei Abende in der Woche hielt er sich für Kurzreisen, Dinnerpartys, Galaempfänge oder auch Arbeitsessen frei.
Obama achtete streng auf die Einhaltung dieser Regel. »Sie, Sie und Sie bleiben noch«, sagte er manchmal am Ende eines Meetings mit Beratern und deutete auf die Gemeinten, und wenn die anderen gegangen waren, sprach er einen bestimmten Punkt seiner Agenda an. »Das passt mir gar nicht«, sagte er dann. »Wir haben eine Vereinbarung, dass ich nur zweimal in der Woche abends außer Haus bin.«
Michelle zuliebe richtete er seinen Terminplan bewusst danach aus. »Er war zwei Jahre lang kaum daheim gewesen, und jetzt wollte er dafür sorgen, dass er mit seiner Familie zu Abend essen und mehr Zeit mit ihr verbringen konnte«, sagte Jarrett. Im Weißen Haus wollte Barack Obama seiner Frau endlich das geben, was sie bisher nie gehabt hatten: ein Familienleben, bei dem man abends zusammensaß, so wie sie es aus ihrer Kindheit kannte.
Aber das hatte auch seinen Preis: Es verstärkte die durch das Amt bedingte Isolation. Obwohl Obama noch recht neu in Washington war, nutzte er seine Abende nicht dazu, dort Leute kennenzulernen; fast alle Einladungen zu Dinnerpartys oder Galas, die im Weißen Haus eingingen, wurden abgelehnt, und vieles schlugen ihm seine Mitarbeiter gar nicht erst vor; sie kannten seine Bedingungen. Und da er so darauf bedacht war, Zeit mit der Familie aufzuholen, »blieben am Tag nicht viele Stunden übrig, um Kontakte zu knüpfen und zum Hörer zu greifen«, sagte Jarrett. Obama delegierte diese Aufgabe daher weiter an seinen Stab.
Und so saßen die Obamas fast jeden Abend an dem runden Tisch in ihrem Speisezimmer bei einer Mahlzeit, die nicht der Koch des Weißen Hauses zubereitet hatte, sondern Sam Kass, der schon in Chicago für sie gekocht hatte. Nur selten waren Außenstehende dabei. Die Bushs hatten häufig Gäste in den Privaträumen bewirtet, Laura Bush hatte Fernsehteams Aufnahmen von der Einrichtung machen lassen, und Präsident Clinton hatte Amtsträger zu zwanglosen Gesprächen dorthin eingeladen; manchmal hatte er sie gebeten, noch einen Moment auf dem Truman-Balkon zu warten, während er Chelsea bei ihren Mathematik-Hausaufgaben half. Nach einem Interview, das sich bis in den späten Abend hinzog, hatte er einmal den Historiker Taylor Branch gebeten, über Nacht zu bleiben, und am nächsten Morgen beim Frühstück fiel Branchs Blick auf die bleichen, behaarten Beine des Präsidenten, die sich vom blank gebohnerten Fußboden abhoben. Die Obamas aber zeigten sich anderen nicht in dieser Weise, schon gar nicht Außenstehenden. Niemals wurden politische Anlässe in ihren Privaträumen gefeiert, und nur wenige Mitarbeiter hatten die Wohnung überhaupt je betreten. Damit sie unter sich sein konnten, aß oft nicht einmal Michelles Mutter mit ihnen. »Ich gehe nach Hause«, sagte Mrs. Robinson dann und stieg in den dritten Stock hinauf.
Manchmal kleideten sich die Obamas nach dem Abendessen um und gingen zu einem Empfang noch einmal in die unteren Räume. (In jenen ersten Monaten waren mittwochabends sogenannte Kongress-Charmeoffensiven angesagt, Empfänge für ausgewählte Vertreter beider
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