Redenschreiber. Ich verstehe mehr vom politischen Handeln in jedem beliebigen Bereich als meine politischen Direktoren. Und eines sage ich Ihnen gleich: Ich halte mich für einen besseren politischen Direktor, als es mein politischer Direktor ist.« [23]
Als Obama kurz vor der Amtseinführung von einem Demokraten mit jahrelanger Erfahrung im Weißen Haus gefragt wurde, wer seine Administration leiten werde, wiederholte er im Wesentlichen, was er Plouffe und Gaspard gesagt hatte. Summers sei von seiner Persönlichkeit her nicht für die Leitung des Nationalen Wirtschaftsrates geeignet, und Emanuel sei von Natur aus ein Kämpfer. Wer, so fragte der Demokrat, werde dafür sorgen, dass das Ganze funktioniere, wer werde – wie ein Stabschef des Weißen Hauses es zwangsläufig tun müsse – in kritischen Situationen alle bei der Stange halten, um zu den bestmöglichen Entscheidungen zu gelangen?
»Ich«, antwortete Obama, und sein erfahrener Gesprächspartner fragte sich besorgt, ob der zukünftige Präsident überhaupt ahnte, was an Arbeit auf ihn zukam und welchen Angriffen er ausgesetzt sein würde.
***
Am 5 . März, demselben Tag, an dem er auf einer Auftaktveranstaltung zu seiner Gesundheitsreform eine Rede hielt, traf der Präsident mit Brad Pitt zusammen. Als Architektur-Fan wollte der Hollywoodstar mit dem Präsidenten über eine staatliche Förderung des Baus bezahlbarer ökologischer Wohnungen in dem von der Flut besonders betroffenen Stadtteil Ninth Ward in New Orleans sprechen. Der auf der Leinwand stets selbstbewusste Schauspieler brachte vor dem Präsidenten kaum ein Wort heraus. (Er sei »starr vor Ehrfurcht« gewesen, sagte Pitt später.) »Du hast das Gespräch praktisch allein bestritten«, neckte Obama Valerie Jarrett anschließend. »Ich habe gehofft, er entspannt sich ein bisschen«, antwortete sie.
So etwas erlebten der Präsident und Jarrett damals häufig: Die Umgebung des Oval Office konnte zu seltsamen Reaktionen führen. Die Besucher kamen durch einen schmalen, dunklen Flur, eine schlichte Holztür schwang auf, und dann standen sie vor einem der berühmtesten und mächtigsten Menschen der Welt, in einem Raum, der dazu geschaffen schien, seine Autorität noch zu unterstreichen. Ihre eigene Stimme komme ihnen oft fremd vor, so Bill Burton, früher stellvertretender Pressesprecher, das liege an den gekrümmten Wänden. Manche verstummten wie Brad Pitt, andere plapperten einfach drauflos, und einige wenige brachen in Tränen aus. Besonders stark wirkte der Anblick eines Schwarzen am Präsidentenpult gerade auf ältere Afroamerikaner.
Selbst die Präsidentenberater waren nicht ganz immun gegen das Brad-Pitt-Syndrom. Früher waren sie Obamas Mentoren gewesen: Axelrod beispielsweise war im Senatswahlkampf 2004 zu einem wahren Guru für ihn geworden, ja eine Autorität, und Obama hatte es als Glücksfall empfunden, mit ihm zusammenarbeiten zu können. Nach einer Rundfunkdiskussion, in der Obama recht farblos gewirkt hatte – er hatte sich kaum vorbereitet, hatte nur ein paar Minuten in einem Ordner geblättert –, knöpfte Axelrod ihn sich am Telefon vor. »Du hättest die anderen Kandidaten fertigmachen müssen«, sagte er, wie sich ein Mitarbeiter erinnert.
Im Präsidentschaftswahlkampf aber bot Obama Axelrod und anderen Beratern die Chance ihres Lebens, er machte sie berühmt und sicherte ihnen einen Platz in der Geschichte. Sie waren geblendet von dem, was er erreicht hatte, und das Weiße Haus, wo man vor dem Chef gleichsam ständig den Hut zog, zementierte diese Haltung. In einem Interview mit David Remnick sagte Jarrett einmal, Obama sei einfach der geborene Präsident. [24] Wenn Axelrod, Gibbs und andere das Oval Office verließen, so gingen sie ihre Gespräche mit dem Präsidenten oft noch einmal durch und wiederholten die denkwürdigsten Sentenzen.
***
Nur fünf Jahre zuvor hatte der Präsident seine E-Mail-Adresse (
[email protected]) im
Hyde Park Herald
bekanntgegeben, und während des Präsidentschaftswahlkampfs war er über sein BlackBerry mit Hunderten, vielleicht sogar mit Tausenden von Leuten in Kontakt geblieben – seinen ehemaligen Juraprofessoren, Basketballkumpels, Geldgebern, Verwandten. Doch jetzt war ihm das Netzwerk, das er über viele Jahre geknüpft hatte, nicht mehr per E-Mail zugänglich, und er durfte nur noch mit seinen wichtigsten Mitarbeitern und einigen wenigen Freunden korrespondieren. Jedes seiner Meetings war nun ein Staatsakt mit festgelegter